
In Frankreich herrschen wieder Ausgangssperren: nicht wegen eines Virus – sondern wegen der von der Polizei nicht mehr einzudämmenden Gewalt. Allein in den letzten Wochen kam es zu mehreren Schießereien – in Paris mit teilweise bis zu 500 Beteiligten. Dazu kommen Brandanschläge auf Gefängnisse, in Goult wurde im Zuge eines Bandenkrieges die Braut auf einer Hochzeitsfeier ermordet. Im letzten Jahr gab es mehr als 100 Tote und 300 Verletzte im Zusammenhang mit Drogenhandel.
Nachdem bereits zehn französische Städte Ende Juni die ersten nächtlichen Ausgangssperren für Jugendliche verhängt haben, ziehen jetzt immer mehr Stadtverwaltungen nach. Ab Montagabend gilt nun auch in der ersten Großstadt, in der südfranzösischen Stadt Nîmes, eine nächtliche Ausgangssperre, beginnend ab 21 Uhr für alle Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren.
Unter Berufung auf eine Reihe von „Schießereien, Abrechnungen und Spannungen zwischen Banden“ kündigte die Verwaltung der Stadt Nîmes die Maßnahme am Freitag an. Die Ausgangssperre gilt von 21 Uhr bis 6 Uhr morgens, zunächst für zwei Wochen – sie kann um 15 Tage verlängert werden, berichtete Le Figaro. Auch in den Städten Béziers, Triel-sur-Seine und Saint-Ouen sowie in mehreren Vierteln der Vorstadt von Paris werden ähnliche Maßnahmen getroffen.
Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte der Sicherheitsbeauftragte der Stadt Nîmes, Richard Schieven: „Dies soll Minderjährige schützen, die nichts mit dem Drogenhandel zu tun haben, aber auch Kinder, die teils mit zwölf und 13 Jahren von Drogenhändlern eingesetzt werden“.
Die Jugendgewalt eskalierte in Frankreich besonders in den letzten Monaten – oft in Verbindung mit Drogenkriminalität in armen, stark migrantisch geprägten Vierteln. Erst am Donnerstag hatte es so etwa in Nîmes eine Schießerei gegeben, nachdem es wenige Wochen zuvor, am 27. Juni, schon zu einer Schießerei zwischen Jugendlichen gekommen war. Die sechs Opfer, alle im Alter von 15–20 Jahren, überlebten verletzt – die drei Täter sind flüchtig.
Am Dienstag wurde dann laut Le Figaro die Leiche eines 19-jährigen Mannes aus Seine-Saint-Denis teilweise verkohlt gefunden. Der Mord steht laut Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen in den Stadtteilen von Nîmes. 2023 war bereits ein 18-Jähriger erschossen worden, ein 10-Jähriger wurde zuvor ebenfalls bei einer Verwechslung durch Schüsse getötet.
Die Ausgangssperre soll die Lage beruhigen, wobei es schon jetzt Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahme gibt. Diese Ausgangssperre sei zwar „nützlich“, aber „keine dauerhafte Lösung für den Drogenhandel“, so die Polizeigewerkschaft Unité gegenüber Le Figaro.
„Junge Straftäter erschießen ungestraft Menschen am helllichten Tag“, sagte der stellvertretende Abteilungssekretär der Gewerkschaft, Wissem Guesmi, gegenüber AFP. „Eine Ausgangssperre wird sie sicherlich nicht aufhalten.“ Die Anwohner bleiben in Angst. Nach den Schüssen am Donnerstag waren am Wochenende in Nîmes viele Geschäfte geschlossen geblieben.