Die Methode Verfassungsschutz: Wie der Geheimdienst zur totalen Sprachpolizei wurde

vor etwa 1 Monat

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Bildquelle: NiUS

Der Verfassungsschutz spielt sich als Meinungswächter auf, der Begriffe tabuisiert und Kritik an herrschenden Narrativen verunmöglichen will. Der Bürger soll belehrt werden, denn im „therapeutischen Staat“ gilt das Gesetz der Bevormundung.

Seit Dienstag ist klar, dass das Innenministerium die Bevölkerung bewusst getäuscht hat. Nancy Faesers Behörde begründete die Geheimhaltung des AfD-Gutachtens mit dem Schutz vertraulich eingestufter Informationen. Das Gutachten sei „keine bloße Sachverhaltsdarstellung“, sondern beinhalte „Analysen und Bewertungen, die Rückschlüsse auf die Arbeitsweise des BfV zulassen, was einer Veröffentlichung entgegensteht“, begründete das Innenministerium seine Verschwiegenheit. Es gehe darum, „Quellen zu schützen“, bekräftige Nancy Faeser (SPD) noch am 2. Mai im ARD-Brennpunkt.

Nun fällt durch die Veröffentlichung des Gutachtens durch NIUS und andere Medien die Argumentation in sich zusammen. Es gibt keinerlei nachrichtendienstliche Informationen in dem Papier, die mögliche Quellen gefährden würden. Es handelt sich um eine reine Zitatensammlung – auf quälend langen 1108 Seiten. Selbst im Gutachten wird erwähnt, dass die Verfassungsschützer als Belege lediglich „programmatische Schriften und Grundsatzpapiere, Publikationen, Verlautbarungen auf Internetpräsenzen und in sozialen Netzwerken sowie Aussagen im öffentlichen Raum wie zum Beispiel Reden auf Wahlkampfveranstaltungen und Demonstrationen herangezogen“ haben.

Sinan Selen, Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, führt derzeit die Geschäfte.

Das Gutachten betrifft die AfD, doch die Wirkung ist deutlich breiter angelegt. Mit einer lächerlichen Zitatensammlung spielt sich der Verfassungsschutz als Sprachpolizei auf, als Wächter über die Begriffe, der bestimmen darf, was in Deutschland gesagt werden kann, und wo die genehme Kritik an der „postmigrantischen Gesellschaft“ endet. Definitionen werden ausgeweitet und ins Unkenntliche verdreht.

Zufällig ist diese Entwicklung nicht: Die Institutionen des modernen „therapeutischen Staates“ dienen nicht mehr dem Bürger, sie bevormunden ihn. Jener Begriff des „therapeutischen Staates“ beschreibt somit ein politisches System, das nicht mehr primär Recht durchsetzt, sondern darauf abzielt, die Bürger moralisch zu erziehen, ihr Denken zu normieren und Abweichungen von als gesund definierten Haltungen zu pathologisieren. Der Mensch wird nicht als mündiger Souverän betrachtet, sondern als zu überwachendes und zu disziplinierendes Objekt, das einer steten Kontrolle bedarf. Niemand verkörperte diese Belehrungswut besser als der frühere Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang (CDU). „Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief für Verfassungsfeinde“, drohte Haldenwang dereinst in der FAZ und machte damit klar, dass nicht mehr das Gesetz die Grenzen der Meinungsfreiheit bestimmt, sondern seine Behörde.

Im „Kampf gegen Rechts“, dem omnipräsenten Dogma der Bundesrepublik Deutschland, greift der Inlandsgeheimdienst deshalb nicht zu Verboten – das kann er gesetzlich gar nicht – sondern zur Waffe der „weichen“ Zensur. Begriffe und Ansichten werden nicht etwa untersagt, sondern gebrandmarkt und tabuisiert, indem sie als verfassungswidrig gekennzeichnet werden. Wer als rechtsextremistisch eingestuft wird, muss das mediale Tremolo erdulden, das unmittelbar darauf aus den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erschallt. Im äußersten Fall erleiden Privatpersonen durch die fortwährende Stigmatisierung ihrer Partei berufliche Konsequenzen, die existenzbedrohend sein können. Damit erfüllt der Sprachpranger des Verfassungsschutzes eine ähnliche Funktion wie die Anzeigenflut der Politiker, die sich in jüngster Zeit von immer mehr unliebsamen Äußerungen beleidigt fühlen oder die Meldestellen, die derzeit überall in Deutschland aus dem Boden sprießen. Es wird ein Klima der Selbstzensur geschaffen, in dem bestimmte Dinge unsagbar werden.

Viele fordern aufgrund des Gutachtens ein Verbot der AfD.

Wenn das nicht reicht, greifen die Autoren des AfD-Gutachtens auf Kontaktschuld zurück. Rechtsextremist ist, wer mit vom Verfassungsschutz als Rechtsextremisten gebrandmarkten Personen Umgang pflegt. An anderer Stelle wird bewusst der Kontext der getätigten Äußerungen weggelassen. Hinter einem Dickicht an Belanglosigkeiten muss man die tatsächlich verfassungsfeindlichen Äußerungen von AfD-Politikern mühevoll freischaufeln.

Das Problem ist nicht nur die Sammlung der Äußerungen an sich, sondern die Wertung des Verfassungsschutzes, die sich daran anschließt. Denn durch die Einschübe im Stile linker Soziologen verdingt sich der Verfassungsschutz automatisch als plumpe Vorfeldorganisation der grassierenden Tabula rasa. An den zentralen Narrativen des Landes darf nicht gerüttelt werden: Deutschland wird von den politischen Eliten als Einwanderungsland verstanden. Das stellte Friedrich Merz (CDU) zuletzt am Mittwoch im Bundestag klar. Durch Zuwanderung sollen alle demografischen Probleme beseitigt werden. Die daraus folgenden Propagandasätze wie „Vielfalt ist unsere Stärke“ lassen sich beliebig fortsetzen. Dementsprechend müssen diese Gewissheiten auch begrifflich untermauert werden. Und hier greift der Verfassungsschutz bereits am sensibelsten Punkt an: dem Bezug auf das Eigene. Mittlerweile gilt es als anrüchig, darauf zu beharren, dass es ein deutsches Volk gibt, auch im ethnisch-kulturellen Sinne.

Entgegen der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts in Münster behauptet der Verfassungsschutz fälschlicherweise: Wer einen ethnisch-kulturellen Volksbegriff verwendet, wer also insbesondere von einem deutschen Volk spricht, das nicht durch die Staatsangehörigkeit, sondern durch Merkmale wie Sprache, Kultur, Geschichte, Tradition oder Abstammung definiert ist, der sei Rechtsextremist und verstoße gegen die Menschenwürde. „Ein auf die empirische Wirklichkeit verweisender Begriff kann gar nicht verfassungswidrig sein“, widerspricht der Staatsrechtler Dietrich Murswiek klar. „Verfassungswidrig können nur Verhaltensweisen sein, die sich in Widerspruch zu Verfassungsnormen setzen. Ein empirischer Begriff ist keine Verhaltensweise.“

Dem deutschen Volke?

Die Behauptung des Geheimdienstes ist in ihrer Wirkung fatal, denn damit negiert der Verfassungsschutz letztlich das Existenzrecht des deutschen Volkes. Im AfD-Gutachten tauchen dazu gruselige Sätze auf: „Höcke imaginiert ein ‚Heimatrecht‘ als Teil seiner Menschenwürde, welches ihm das ‚Recht, nicht fremd im eigenen Land zu werden‘, einräume“, schreiben die Verfassungsschützer. Alle nicht erklärungsbedürftigen Gewissheiten werden damit abgeräumt. Ein Recht auf Heimat wird den schon länger hier Lebenden nicht zugestanden. „Wer Deutschland bewohnt, ist Deutscher“, verkündete schon 2019 die Soziologin Naika Foroutan, eine Schlüsselfigur im NGO-Komplex, in der Berliner Zeitung. Dieses Denken sickerte in die politische Klasse ein und verfängt auch in der Bürokratie des „therapeutischen Staates“. Kein Wunder, dass der Verfassungsschutz nun von einem „behaupteten demographischen Wandel“ fabuliert, der gleichzeitig durch zahlreiche Statistiken aus Bundesbehörden sofort belegt werden kann.

Dieses Gutachten ist nicht nur ein kleiner Skandal, sondern die Momentaufnahme eines übergriffigen Staates auf dem Weg in die Postdemokratie. Der Verfassungsschutz handelt mit seiner Sammelwut, die keinerlei gesetzliche Grundlage hat, bewusst verfassungswidrig, während vertuscht werden soll, dass der Inlandsgeheimdienst überhaupt keine Geheimdienstarbeit macht – sondern einfach öffentliche Zitate anhäuft. Klar ist: Durch seine derzeitige Rolle als Sprachpolizei hat sich Behörde überlebt. Der Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form gehört abgeschafft.

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