
Die Meyer-Werft in Papenburg wird nicht mehr die nächsten Kreuzfahrtschiffe für die Reederei AIDA Cruises bauen. Die Reederei hat zwei Neubauten einer neuen Baureihe bei der Fincantieri-Werft in Italien bestellt. Das wurde gerade auf der weltweit größten Kreuzfahrtmesse in Miami bekannt. Danach sollen die beiden Schiffe mit jeweils 1200 Kabinen für 4200 Passagiere im Frühjahr 2030 und im Winter 2031/2032 ausgeliefert werden.
Damit sollen zum ersten Mal Schiffe einer neuen Klasse entstehen; die werden bei der halbstaatlichen Fincantieri-Werft und nicht mehr bei Meyer-Werft gebaut. So erklärt Pierroberto Folgiero, CEO von Fincantieri, stolz in einer Mitteilung:
„Wir fühlen uns geehrt, dass unser langjähriger Partner Carnival Corporation Fincantieri zum ersten Mal in unserer Geschichte mit dem Bau von Schiffen für AIDA Cruises beauftragt hat. Dieser Meilenstein bestätigt unsere Fähigkeit, das gesamte Portfolio der Carnival Corporation zu bedienen und gleichzeitig die langfristige Sichtbarkeit unserer Werften zu gewährleisten. Diese neuen Schiffe werden die fortschrittlichsten Technologien für Nachhaltigkeit und Effizienz verkörpern und die führende Rolle von Fincantieri und der Carnival Corporation als Innovationsführer in der Kreuzfahrtindustrie weiter stärken.“
Die Antriebe sollen für unterschiedliche Treibstoffe ausgelegt werden, darunter auch für verflüssigtes Erdgas LNG. Auch die Meyer-Werft wirbt mit anderen Antrieben für ihre Schiffe wie etwa LNG.
Noch nicht bekannt ist, warum die langjährige Partnerschaft nicht weitergeführt wird; immerhin ist der AIDA-Mutterkonzern, die Carnival Corporation in Miami, das größte Kreuzfahrtunternehmen der Welt. In Papenburg hatten es SPD-Politik und Gewerkschaften im vergangenen Jahr geschafft, dass die Meyer-Werft in Papenburg ein Staatskonzern wurde.
Politik und Gewerkschaften benutzten eine der schwersten Krisen der Meyer-Werft. Das wichtigste Geschäft des fast 230 Jahre alten Unternehmens ist der Bau von Kreuzfahrtschiffen. Bis Ende 2019 lief das sehr gut, teilweise mussten Aufträge sogar aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden. Doch während der Corona-Pandemie lag die Kreuzschifffahrt darnieder, schon gleich gar nicht wurden neue bestellt.
Im Auftragsbuch der Meyer-Werft stehen zehn Kreuzfahrtschiffe, ein Forschungsschiff sowie der Stahlbau von vier Offshore-Konverterplattformen; das seien Aufträge in Höhe von mehr als elf Milliarden Euro, so die Werft. Allerdings: Der volle Kaufpreis wird erst zu 80 Prozent bei Übergabe eines Schiffes beglichen. Zur Vorfinanzierung bereits bestehender Aufträge müssen jetzt 2,7 Milliarden Euro aufgebracht werden. Kredite wurden abgelehnt.
Bund und Land Niedersachsen forderten für eine Bürgschaft auch eine Beteiligung am Unternehmen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) nutzte den politisch geschaffenen Druck brutal aus und verlangte, dass sich die Werft angeblich „neu aufstellen“müsse. Ihm und dem rot-grünen Spektrum mitsamt Gewerkschaften in Niedersachsen war schon lange ein Dorn im Auge, dass Seniorchef Bernard Meyer in Luxemburg 2015 eine Holding gegründet hat, die über die Geschicke der Werft bestimmt, und er sich so Aufsichtsrat und Mitbestimmung vom Hals halten konnte.
Meyer konnte so selbst flexibel und schnell nach Marktlage entscheiden. Das war das Erfolgsrezept einer Reihe erfolgreicher mittelständischer Unternehmen wie etwa die Landmaschinenhersteller Krone oder Grimme. Sie alle sind meist aus kleinen Dorfschmieden hervorgegangen und konnten sich nur mit dem vollen Einsatz der Eigentümer Weltgeltung verschaffen.
Jetzt freuen sich SPD, Grüne und Gewerkschaftsfunktionäre über gut dotierte Aufsichtsratsposten, die sie unter sich aufteilen können. Das Grundproblem wollen sie allerdings nicht lösen: exorbitant hohe Kosten für Energie und Stahl sowie die überbordende Bürokratie Deutschlands. So konnte es dem derzeitigen Wirtschaftsminister Lies früher als Umweltminister nicht schnell genug gehen, die Energiequelle der Meyer-Werft, das Kernkraftwerk Grohnde abzuschalten. Als früherer Umweltminister peitschte er das Aus durch, lehnte Laufzeitverlängerungen ab.
Aus der Meyer-Werft wurde also eine Art VEB Meyer-Werft.
Dafür stellte die Meyer-Werft auf der Messe ein neues Konzept für die nächsten Kreuzfahrtschiffe vor: Schiffe für über 80-Jährige. Kennzeichen seien unter anderem breitere Korridore und altersgemäße Orientierungsmöglichkeiten an Bord. Tim Krug von der Meyer Werft Concept Development Group: „Wir haben daraus eine völlig neue Zielgruppe abgeleitet, welche wir ‚80+‘ genannt haben und uns einmal angeschaut, welche Bedürfnisse und Anforderungen eine solche Zielgruppe hätte.“
„Einfach formuliert gibt es heute Schiffe für jung, mittel und alt und in Zukunft wird es den Bedarf für eine unterteilte ältere Zielgruppe geben“, so Krug. Ihm ist allerdings wichtig, „dass wir hier nicht von einem Pflegeheim sprechen“.