Merz zappelt in der selbstgestellten Asylfalle

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Am Anfang war es die Tageszeitung DIE WELT, die eine Meldung von der Ausrufung der nationalen Notlage verbreitete – zur Einschränkung der Migration. Dann bejubelte der neue CSU-Landesgruppenchef, Alexander Hoffmann den Vorgang, kurz darauf kam das Dementi. Hoffmann und WELT löschten flugs ihre Meldungen.

Der Vorgang zeigt: So richtig Tritt gefaßt haben Friedrich Merz und seine neue Regierung nicht. Bei der WELT scheint der Wunsch Vater der Meldung zu sein, seit Herausgeber Ulf Poschardt sich vom Refugees-Welcome-Jodler zur Warnboje vor Überfremdung verwandelt hat. Der Vorgang ist aber symptomatisch: Seit 2015 sind Deutschlands Grenzen nicht nur offen für jeden, der das Wort „Asyl“ sagen kann. Deutschland hat den Schutz der EU-Außengrenzen hintertrieben. Wie ein Magnet wirken weltweit die geradezu maßlosen wirtschaftlichen Versprechungen wie Daueraufenthalt, flotte Einbürgerung, Familiennachzug, mit Vollversorgung einschließlich Kranken- , Renten- und Pflegeversicherung ohne eigene Beitragsleistung. Das ist der große Anziehungskraft, die Pull-Faktoren für Menschen aus aller Welt, die diese Leistungen für sich mitnehmen wollen, ob bedroht oder nicht. Solange dies nicht abgestellt wird sind Grenzkontrollen bestenfalls die zweitbeste Lösung.

Seit dem Jahre 2015 gibt es einen massenhaften und unkontrollierten Zustrom von Flüchtlingen in die EU und dort, angezogen durch üppige Sozialleistungen, ganz besonders nach Deutschland. Die beiden ehemaligen Verfassungsrichter Papier und Di Fabio wiesen umgehend auf die rechtliche Problematik dieser einsamen Entscheidung von Frau Merkel hin, die sie, ohne Absprache und zum Teil gegen den entschiedenen Willen der europäischen Partner, getroffen hatte. Der angesehene Verfassungsrechtler Udo die Fabio sagte in seinem Gutachten im Jahr 2016, dass der Bund „aus verfassungsrechtlichen Gründen“ verpflichtet gewesen wäre, „wirksame Kontrollen der Bundesgrenzen wieder aufzunehmen, wenn das gemeinsame europäische Grenzsicherungs- und Einwanderungssystem vorübergehend oder dauerhaft gestört ist“. „Eine solche unbegrenzte Rechtspflicht, alle Menschen weltweit durch faktische oder rechtliche Einreiseerlaubnis zu schützen, bestünde weder europarechtlich noch völkerrechtlich“, so di Fabio. Unterstützung bekam Di Fabio auch durch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages.

Auch der frühere Verfassungsrichter Jürgen Papier kritisierte die Grenzöffnung scharf und sagte, die „jetzige Praxis ist nicht zulässig“ und hält Zurückweisungen an Grenzen für geboten. “Es gebe keine europarechtliche Regel, die über dem Paragrafen 18 des deutschen Asylgesetzes stehe. […] Menschen aus sicheren Drittstaaten sei daher die Einreise zu verweigern”.

Weiter sagte er, dass das Recht, einen Asylantrag stellen zu dürfen, „nicht länger zweckentfremdet werden kann als Türöffner und Rechtfertigung einer an sich illegalen Einwanderung“. Die Durchführung der aufwendigen Asylverfahren auch für die vielen Menschen, die offenkundig kein Recht auf Asyl und internationalen Schutz hätten, „war und ist dysfunktional und objektiv Rechtsmissbrauch“, sagte er.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht, so berichtet „Die Welt“ heute undementiert, Zurückweisungen als „zwingend“ an.

Wer einen deutschen Grenzpfosten erreicht und das Wort Asyl aussprechen kann, kann mit mehr als 95 Prozent Wahrscheinlichkeit auf immer in Deutschland bleiben und wird bestens versorgt und mit Familiennachzug beglückt.

Diese mündliche Weisung aus dem Jahr 2015, mit der damals die Drittstaatregelung ausgehebelt worden war, hat der neue Innenminister Alexander Dobrindt nun offensichtlich zurückgenommen. An sich eine mutige Entscheidung – aber  mit erheblichen Nebenwirkungen.

Denn genau das führt jetzt zu neuen Problemen mit den europäischen Partnerländern, die sich einmal mehr von den erratischen und faktenfreien Entscheidungen der deutschen Politik übervorteilt fühlen und es tatsächlich auch sind: Sie wurden zu Ländern, durch die die Züge der Migranten denn schnellsten Weg nach Deutschland suchten. Der neue Kanzler Merz hatte zwar schon vor der Kanzlerwahl behauptet, dass die von seinem Innenminister angeordneten Zurückweisungen mit den angrenzenden Ländern abgesprochen worden wäre. Die wussten von einer solchen Absprache aber nichts und reagierten erheblich verschnupft. Und das, obwohl offensichtlich noch gar niemand an den Grenzen zurückgewiesen worden war.

Der Migrationsmagnet Deutschland hat seine europäischen Partner und andere Länder, die das Pech haben auf der Migrationsroute nach Deutschland zu liegen, in den letzten Jahren mit seinen Alleingängen und seinem hypermoralischen Auftreten massiv verärgert. Ungarn, Griechenland und Italien wurden auf zum Teil unerträgliche, an noch unerfreulichere Zeiten erinnernden Weise, zurechtgewiesen und belehrt. Ungarn wurde deshalb, wegen behaupteter Verstöße gegen EU-Recht, deshalb sogar EU-Gelder gestrichen. Und selbst Polens linker Regierungschef Donald Tusk bürstete Friedrich Merz bei dessen Antrittsbesuch am Tag nach der Kanzlerwahl ungewöhnlich rüde und direkt ab: Polen werde keine Geflüchteten aus Deutschland aufnehmen, sagt Tusk. Dafür forderte er Unterstützung bei der Sicherung der EU-Außengrenzen ein.

Gerade diese Hilfe hat Deutschland unter Merkel wie Scholz nicht nur verweigert, sondern sogar hintertrieben –  an Ungarns Grenzen, an Griechenlands Ägäis-Küste, in Italien. In unschöner Erinnerung ist dabei auch das selbstgefällige und verantwortungslose Auftreten von Frau Rackete, dass von Vertretern der damaligen Regierungsparteien und den deutschen Kirchen heftig beklatscht wurde. Regierung und Kirche finanzieren bis heute mit erheblichen Mitteln das, was sie als “Seenotrettung” bezeichnen. Andere sind allerdings der Meinung, es wäre nichts anderes als Schleusungskriminalität. Eine Ansicht, die sich offensichtlich in der Europäischen Union langsam durchsetzt.

Die neue deutsche Regierung wäre gut beraten, sofort auf jegliche moralische Belehrung ihrer europäischen Partner zu verzichten und alles Nötige zu tun, die Außengrenzen der EU ab sofort effektiv zu schützen. Noch besser wäre, sich für das eigene Verhalten der letzten 10 Jahre zu entschuldigen und nach Lösungen zu suchen, wie die enormen, durch die deutsche Politik verursachten, materiellen und ideellen Schäden wieder gutzumachen wären – und die Alimentierung der sogenannten Flüchtlinge auszusetzen, also den Magneten Deutschland abzustellen. Aber das kann Merz gegen den Widerstand der SPD nicht durchsetzen. Und so versucht er durch punktuelle Grenzkontrollen und Rückstellungen an die Nachbarländer auf diese abzuwälzen, was Deutschland eigentlich angerichtet hat.

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