Milliarden für die Demokratieverzerrung: EU-Kommission finanziert hunderte Lobby-„NGOs“

vor 2 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Eine Antwort hatte die EU-Kommission nicht geben wollen. Der ungarische EU-Abgeordnete Csaba Dömötör hatte der Kommission 86 Anfragen zur NGO-Finanzierung gestellt, aber praktisch keine oder nur eine nichtssagende Antwort erhalten. Dömötör fasste das Ergebnis im März zusammen: „Die Antwort war eine Ablehnung.“ Nun hat sich die Fraktion Patrioten für Europa (PfE) quasi eigenhändig die geforderte Antwort gegeben. Sie konnte dabei allerdings laut eigenen Angaben auf Dokumente der Kommission zurückgreifen. Hat die also am Ende doch noch Rede und Antwort gestanden? Man darf es bezweifeln.

In der Tat lässt sich vieles im Internet-Universum der verschiedenen Webseiten der Kommission finden. Man muss eben nur findig genug sein und den Code dechiffrieren. Dazu braucht es manchmal wirkliche Experten, hat man den Eindruck. Gemäß der Liste, die die Patrioten (PfE) letzte Woche, zunächst im Rahmen einer Budapester Pressekonferenz herausgaben, hat die Kommission allein in den vier Jahren von 2019 bis 2023 über 17 Milliarden Euro an sogenannte „NGOs“ gezahlt. Damit wurde eine erkleckliche Anzahl von Organisationen, die sich selbst den Anschein der Unabhängigkeit geben, zu bezahlten Organen der Kommission. Insgesamt gab es mehr als 37.000 Verträge zwischen Kommission und „NGOs“.

Die Liste reicht von einer obskuren in Afghanistan beheimateten Gruppe mit dem verzeichneten Namen „*****“ (vielleicht nur ein Platzhalter – rund 7.880 Euro) über die Schweizer Akademie der Naturwissenschaften (gut 45.000 Euro) und die Akademie der österreichischen Theater (116.000 Euro) bis hin zum Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (999.762 Euro). Viel Geld fließt an (scheinbar) akademische Institutionen, darunter auch Universitäten, die in der Folge ebenfalls das Loblied der Kommissionsziele singen.

Der Fidesz-Abgeordnete im EU-Parlament Csaba Dömötör sagte auf einer Pressekonferenz in Budapest, die Liste beruhe insgesamt auf Dokumenten der Kommission. Die Gesamtsumme von 17 Milliarden Euro ließ ihn die derart genährte NGO-Architektur mit dem USAID-Programm der USA vergleichen. Hier wie da stehe eine „liberale Geldverteilungsmaschine“ hinter der NGO-Finanzierung und den dabei formulierten „hochtrabenden Zielen“. Dagegen gebe es nur wenige Organisationen auf der Liste, die wirklich bürgerschaftlichen Aktivitäten nachgehen. Die große Mehrheit seien andere, und sie erhielten „die großen Summen“, nicht die lobenswerten Ausnahmen.

„Das, was hier entstanden ist, hat nichts, aber auch gar nichts mit der Zivilgesellschaft im traditionellen Sinne zu tun, auch wenn liberale Meinungsführer und Entscheidungsträger das Gegenteil behaupten“, sagte Dömötör laut Ungarn heute. Zivilgesellschaftliche Gruppen könnten ja ihren Nutzen haben, auch wenn sie nur „bestimmte Gruppen der Gesellschaft“ vertreten und deren Stimme in Brüssel wären. Aber sogar das sei bei diesen Organisationen so gut wie nie der Fall. Das hier aufgebaute Netzwerk wolle nur „den Willen der Brüsseler Elite in alle Ecken Europas tragen“.

Der neue Bericht des Europäischen Rechnungshofes aus diesem Sommer hält laut Dömötör fest, dass die meisten der geförderten Gruppen ohne die Geldmittel aus Brüssel gar nicht überlebensfähig wären. Die meisten der Organisationen hätten „keine lokale Verankerung oder gesellschaftliche Legitimität, da 90 Prozent ihrer Finanzierung von außen, von der Europäischen Kommission oder von Soros-nahen Kreisen stammt“. Ein großer Teil von ihnen sei außerdem in Brüssel registriert – es handelt sich offenbar um Geschöpfe der EU-Bürokratie, Ableger mit genau denselben Vorlieben und Bestrebungen wie die Mutterpflanze, die dasselbe erreichen wollen, nur auf anderem Wege. Der Fidesz-Abgeordnete im EU-Parlament András László fügte hinzu: „Wir müssen wissen, woher das Geld kommt, wofür es ausgegeben wird und wer tatsächlich hinter diesen Organisationen steht.“

Auch an konkreter Kritik an den Brüsseler „NGOs“ ließ es der Fidesz-Abgeordnete nicht fehlen. Einige der geförderten Organisation versuchen demnach, die Fähigkeit der Mitgliedsstaaten zum Grenzschutz zu schwächen, klagen etwa gegen die ungarische Regierung in dieser Sache. Daneben gebe es Aktionen gegen Regierungen des rechten Parteienspektrums, Kampagnen gegen Agrarsubventionen. Das ist logisch bündig, denn Geld, das den Landwirten entzogen wird, kann künftig in die NGO-Subventionen der EU fließen. Schon im März sagte Dömötör: „Sie schwächen die Staaten bei der Migrationsregulierung, organisieren politische Angriffe gegen rechtmäßige Regierungen und betreiben Zensur unter dem Deckmantel der Faktenüberprüfung.“

„Wenn Guy Verhofstadt, ein früheres Aushängeschild der Liberalen, umgerechnet sechs Milliarden Forint [15 Mio. EUR] an Geldern für seine eigene sogenannte NGO erhält, ist das keine gemeinnützige Arbeit, sondern der Aufbau eines politischen Netzwerks.“

Außerdem hätten einige der sogenannten „NGOs“ bei EU-Abgeordneten für die Ziele der Kommission lobbyiert. Was für ein Zufall aber auch! Es scheint sich darüber hinaus um einen wirtschaftsfeindlichen Komplex zu handeln, denn geförderte „NGOs“ klagen gegen Kraftwerke, besetzen dieselben oder protestieren gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen. Auch das Engagement im Wahlkampf für bestimmte Parteien – und damit gegen andere – gibt es. Dömötörs Schluss: „Dieses Netzwerk, dieses System der Geldverteilung verzerrt die Demokratie erheblich, daher sollte es nicht erweitert, sondern abgebaut werden.“ Erhebliche Summen seien jüngst an „liberale Medien“ geflossen. Demokratische Grundsätze, die für andere strikt gelten sollen, werden so missachtet. Im EU-Parlament stellte die Fidesz-Abgeordnete Kinga Gál die Liste vor und griff ihrerseits den vollkommen intransparenten Umgang mit dem Geld der Steuerzahler an.

Der USAID-Vergleich scheint in der Tat nicht schlecht gewählt: Auch in diesem Fall verbirgt sich das NGO-Imperium zum Großteil hinter der Auslands-, Flüchtlings- und Entwicklungshilfe. Einige wenige konkrete Beispiele können das veranschaulichen. Das Schwedische Afghanistankomitee erhielt 1,8 Millionen Euro, die norwegische Flüchtlingshilfe (Stiftelsen Flyktninghjelpen) ein Vielfaches, nämlich 88,3 Millionen Euro – so auch für ein Projekt, das die „Rechenschaftspflicht“ bei der Hilfsmittelvergabe im Libanon verbessern soll.

Die Maßnahme widerspricht im Grunde sich selbst: Sieben Millionen Euro geheim vergebener EU-Steuergelder gingen für ein Hilfs- und Kontrollprojekt drauf, das sich um Rechenschaftspflicht anderswo in der Welt kümmern soll. Daneben unterhält die norwegische Flüchtlingshilfe einen „Schnellen Reaktionsmechanismus“ (3,25 Mio. Euro) und weitere Krisenapparate. In Afghanistan wollte sie Jobs für „vertriebene Jugendliche“ schaffen, in Syrien von „Vertreibung“ betroffenen Personen „Hilfe und Schutz“ geben. Man wird aber das Gefühl nicht los, dass so auch Fluchtkanäle nach Europa geschaffen werden. In jedem Fall fließen so Millionen EU-Steuern in die Herkunftsländer der großen Asylmigration nach Europa.

Die niederländische Care-Stiftung erhält knapp sechs Millionen Euro für die „notfallpädagogische Unterstützung für gefährdete Kinder“ (ohne Ortsangabe) oder für die „Beförderung von Frieden und der sozio-ökonomischen Entwicklung“ im Sudan. Save the Children Deutschland erhielt 2,4 Millionen für „inklusive Bildungschancen“ in Kenia oder mehr „zivilgesellschaftliches Engagement“ in Eastern Samar auf den Philippinen. Care Deutschland e.V. ist natürlich auch dabei, zum Preis von 13,4 Millionen Euro, etwa für den Aufbau einer „Zivilgesellschaft im Jemen“ oder „grüne Aktion durch Medien und Zivilgesellschaft in Laos“. Dass so auch migrationsfreundliche Netzwerke in Deutschland und anderen EU-Ländern gestärkt werden, liegt nahe.

Übrigens erhielt auch die Sportförderung GmbH des Vereins Bayer 04 Leverkusen 77.000 Euro, damit sie Slogans wie „Diversity wins“ verbreitet. Die ebenfalls deutsche Berghof-Stiftung bekam fünf Millionen, um „gendersensibles Peace-Building“ in Äthiopien zu ermöglichen. An das Bildungsnetzwerk Magdeburg gingen 13.200 Euro für ein unklares „You for Youth“-Projekt. Rund 79.000 Euro gingen an den deutschen Verein „Borderline Europe, Menschenrechte ohne Grenzen“ und dessen „Nomadisches Haus euro-mediterraner Kulturen“ (der Sinn davon?). Gefördert wurde auch – vermutlich wegen des Klimas – der Bund deutscher Radfahrer (51.000 Euro).

Der Deutsche Caritasverband bezog 3,6 Millionen Euro für die Organisation von Migrationsströmen in Südamerika und der Sahara. Projekttitel: „Aufstockung der Hilfe in schwer zugänglichen Gebieten (Sahara) Phase II: Sichere, zugängliche, menschenwürdige und integrative humanitäre Nahrungs- und Waschhilfe für die am meisten gefährdeten intern vertriebenen Personen und Aufnahmegemeinschaften in den Regionen Kaga und Magumeri“. Derweil erhielt das Deutsche Rote Kreuz 3,5 Millionen Euro unter anderem für humanitäre Hilfe in Kolumbien. Hat so ein Projekt noch irgendeinen Bezug zu den Interessen der Bürger in der EU?

Weitere Mittel in Millionenhöhe wurden für die Abschätzung von Klimawandelrisiken und ähnliche Kopfgeburten verwendet (etwa durch eine obskure Ecologic Institut gGmbH, 790.000 Euro Förderung). Am besten ist es offenbar, alle impliziten EU-Ziele in einen Projekttitel zu packen, so wie der Ernährungsrat für Köln und Umgebung, der gut 143.000 Euro für das Projekt „Demokratisches Regieren, Umwelt- und Klimaherausforderungen und gesellschaftlicher Wandel“ bekam – hier ist alles vorhanden, vom „Unsere Demokratie“-Idyll über „Klima“ bis zur kulturmarxistischen Transformationsideologie.

Die Europäische Rechtsakademie Trier erhielt allein 1,15 Millionen Euro für Seminare, in denen Richter und andere Juristen in „EU Gender Equality“ und Nichtdiskriminierungsgesetzgebung unterrichtet werden sollen. Insgesamt bezog die Rechtsakademie 5,3 Millionen Euro von der Kommission. Das klingt schon ganz allein nach einem wohlbestallten Institut, dessen Jahresumsatz 2022 bei 8,3 Millionen Euro lag. Die EU ist also auch hier der Hauptauftraggeber und damit in gewisser Hinsicht weisungsberechtigt. So greift der Staatenbund beziehungsweise dessen abgehobene Zentrale letztlich in das alltägliche Leben der Bürger ein, Schritt für Schritt. Das ergibt schon ein flüchtiger Blick auf die Liste der Patrioten für Europa.

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