Von Impfpflicht-Fan bis Media-Markt-Manager: Das sind die Unions-Minister in Merz’ Überraschungs-Kabinett

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Bildquelle: NiUS

CDU und CSU haben ihre Minister bekannt gegeben – darunter einige unbekannte Gesichter. NIUS liefert einen Überblick über die Personen, die künftig das Land lenken:

Thorsten Frei

Das Bundeskanzleramt geht an Thorsten Frei. Der Jurist aus dem Schwarzwald, der seit 2013 im Bundestag sitzt, prägte als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion die Koalitionsgespräche maßgeblich mit und wird als enger Vertrauter von Merz dessen Agenda vorantreiben. Die größte Herausforderung wird für ihn darin bestehen, so viele CDU-Inhalte wie möglich gegen den Widerstand des Koalitionspartners umzusetzen. Am Montagmorgen versprach er im ZDF bereits eine „andere Migrationspolitik in Deutschland“.

Johann Wadephul

Neuer Außenminister wird Johann Wadephul. Er zog für den schleswig-holsteinischen Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde in den Bundestag ein. Wadephul gilt als Verteidigungsexperte. Nach dem Abitur war er vier Jahre lang als Zeitsoldat tätig. Seine Verbindung zur Bundeswehr ist also eng, das könnte die Zusammenarbeit mit einem potenziellen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erleichtern.

Schon früh setzte sich Wadephul für eine Stärkung des deutschen Militärs ein. So erklärte er bereits 2018 mit Blick auf eine mögliche Mission der UN-Blauhelme in Syrien: Deutschland könne sich nicht immer darauf verlassen, „dass die USA zusammen mit unseren engen europäischen Verbündeten Großbritannien und Frankreich handeln und wir das lediglich verbal begrüßen“.

Im Februar allerdings hatte das Image von Wadephul gelitten, weil er auf einen Fake-Anruf hereinfiel: Zwei russische Komiker, die dem Kreml nahestehen, hatten sich bei Wadephul am Telefon als Mitarbeiter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgegeben. Wadephul sagte den vermeintlichen Ukrainern mit Blick auf die Waffenlieferungen, sie könnten „nicht damit rechnen, Taurus vor Mai zu erhalten“, und erklärte, Russland werde „immer ein Feind und eine Gefahr für unsere europäische Sicherheit sein“.

Insgesamt setzt Merz mit Wadephul auf jemandem, der ihm Rückendeckung für seinen pro-ukrainischen Kurs geben wird und Merz viel Spielraum lässt, um die Außenpolitik an sich zu ziehen. Merz inszeniert sich gerne als Transatlantiker und interessiert sich für die großen geopolitischen Linien – auch wenn davon in den vergangenen Wochen wenig zu sehen war, äußerte Merz doch heftige Kritik an den Vereinigten Staaten und blieb der diplomatischen Bühne des Papst-Begräbnisses fern.

Alexander Dobrindt

Alexander Dobrindt wird neuer Innenminister und bekleidet damit eine zentrale Rolle in einem Kabinett, dessen Kanzler eine Rückkehr der inneren Sicherheit versprochen hat. Als ehemaliger CSU-Generalsekretär und Ex-Bundesverkehrsminister ist Dobrindt einer derjenigen Mitglieder des neuen Unions-Kabinetts mit der meisten Erfahrung – auch mit schwierigen Lagen: So musste er als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestags zur gescheiterten deutschen Pkw-Maut aussagen.

Für die Umsetzung der Migrationswende wird Dobrindt federführend verantwortlich sein. Noch im Januar hatte er in der Rheinischen Post „einen Knallhartkurs mit Zurückweisungen an den Grenzen, Schutzgewährung in Drittstaaten und konsequenten Abschiebungen“ gefordert. Ob er diesen auch nur ansatzweise wird umsetzen können, wird vor allem daran hängen, wie sehr sich die Union gegen die Sozialdemokraten wird durchsetzen können.

Friedrich Merz hatte für den ersten Tag seiner Kanzlerschaft angekündigt, das Innenministerium per Richtlinienkompetenz zu dauerhaften Grenzkontrollen und Abweisung von Asylsuchenden anzuweisen. Gegenüber Dobrindt wäre der Einsatz der Richtlinienkompetenz kaum nötig, allerdings ist Merz mittlerweile von seinem Versprechen abgerückt und will die Migrationsfrage „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ lösen.

Karsten Wildberger

Eine Überraschung ist die Besetzung des Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung: Hier soll der Manager Karsten Wildberger übernehmen. Er leitet die Geschäftsführung der Media-Saturn-Holding und ist Vorstandschef des Ceconomy Konzerns, der aus dem Metro-Konzern hervorging. Zuvor war er unter anderem für T-Mobile, Vodafone und den Energiekonzern EON tätig. Zudem saß er im Wirtschaftsrat der CDU.

Wildberger unterstützte zahlreiche Unternehmen bei der Digitalisierung, sprach sich 2022 im Handelsblatt dafür aus, das Stadtplanungsrecht zu entbürokratisieren, um die Städte zu befähigen, auf den zunehmenden Onlinehandel zu reagieren. Auf Wildberger dürften vor allem aus der Wirtschaft hohe Erwartungen liegen, da die überbordende Demokratie eines der zentralen Hemmnisse für Unternehmen darstellt.

Katherina Reiche

Katherina Reiche wird Ministerin für Wirtschaft und Energie. Sie saß zwischen 1998 und 2015 für die CDU Brandenburg im Bundestag. In dieser Zeit war sie unter anderem Parlamentarische Staatssekretärin im Umwelt-, später im Verkehrsministerium. Danach wurde sie zunächst Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), heute ist sie Chefin des Energiedienstleisters Westenergie. Seit 2020 hat sie zudem den Vorsitz im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung inne. Erst vor wenigen Tagen machte das schwedische Energieunternehmen Ingrid Capacity bekannt, Reiche in den Aufsichtsrat aufgenommen zu haben.

2015 hatte ihr abrupter Wechsel aus der Politik in einen Lobby-Verein noch für heftige Kritik gesorgt. Nun könnte sich Reiches Expertise aus der freien Energie-Wirtschaft auszahlen: Das Wirtschaftsministerium hat den Zusatz der „Energie“ erhalten, der „Klimaschutz“ wird aus dem Namen gestrichen und liegt fortan wieder vornehmlich im Umweltministerium.

Patrick Schnieder

Das Amt des Verkehrsministers geht an Patrick Schnieder. Der Rechtsanwalt aus Rheinland-Pfalz war zehn Jahre Bürgermeister der gemeinde Arzfeld, seit 2009 sitzt er für die CDU im Bundestag und saß dort lange Jahre im Verkehrsausschuss. Zuletzt war er Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sein Bruder Gordon Schnieder ist Vorsitzender CDU Rheinland-Pfalz und voraussichtlicher Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2026.

Schnieder wird in seiner Rolle maßgeblich zuständig sein für die Verteilung des sogenannten Sondervermögens für Infrastruktur. Nach der Einigung auf die Milliarden-Schulden hatte er sich zufrieden gezeigt: Die Regierung habe dadurch die Perspektive, einen „wirklichen Politikwechsel“ zu vollziehen.

Karin Prien

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien soll das um Bildung erweiterte Bundesfamilienministerium bekommen. Die Rechtsanwältin ist seit 2017 Landesministerin, zuvor saß sie unter anderem in der Hamburgischen Bürgerschaft. Zudem ist sie Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU.

Prien gilt in der CDU als Parteilinke. Den „Antifaschismus“ bezeichnete sie als „DNA der CDU“. Ein andermal argumentierte sie: „Kulturkampf nutzt am Ende nur den Radikalen.“ Der FAZ sagte Prien kürzlich über die künftige Rolle des Familienministeriums: „Insgesamt ist das neue Ministerium das Gesellschaftsministerium, in dem alle Themen rund um gesellschaftlichen Zusammenhalt, Generationengerechtigkeit und Demokratiebildung angesiedelt sind.“

Nina Warken

Eine weitere überraschende Personalie ist Baden-Württembergs Generalsekretärin Nina Warken, die Gesundheitsministerin wird. Warken war einst im Bundesvorstand der Jungen Union, später Abgeordnete im Bundestag, zuletzt Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie gilt als Vertraute von CDU-Landeschef Manuel Hagel, der in Baden-Württemberg nächster Ministerpräsident werden will.

Allerdings war sie in dieser Zeit stets als Innenpolitikerin tätig, verhandelte auf diesem Feld die Corona-Politik mit. Während der Pandemie setzte sie sich für eine Impfpflicht ein, forderte von Regierung immer wieder ein hartes Durchgreifen bei den Corona-Maßnahmen. Die von vielen Beobachtern erhoffte transparente Aufarbeitung der Pandemie erscheint damit eher unwahrscheinlich.

Dorothee Bär

Das Ministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geht an CSU-Frau Dorothee Bär. Die Unterfränkin sitzt seit 2002 im Bundestag, unter Angela Merkel war sie Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. Während den Koalitionsgesprächen mit der SPD gehörte Bär zum engsten CSU-Verhandlungsteam. Mit 50,5 Prozent n ihrem Wahlkreis war sie zuvor bei der Bundestagswahl 2025 bundesweit Erststimmenkönigin geworden.

Alois Rainer

Nachdem sich Bayerns Bauernpräsidenten Günther Felßner nach Protesten von Tierschutz-Aktivisten im März selbst als Landwirtschaftsminister aus dem Spiel genommen hatte, übernimmt nun Alois Rainer dieses Amt. Er sitzt seit 2013 im Bundestag, wo er sich hauptsächlich um Haushalts- und Verkehrspolitik kümmerte.

Als gelernter Metzgermeister und Betreiber eines Gasthofs in Familienbetrieb bringt er laut Parteichef Markus Söder alles Notwendige für das Amt mit: „Statt dem grün-veganen Özdemir kommt jetzt der schwarze Metzger. Das passt perfekt. Jetzt gibts wieder Leberkäs statt Tofu-Tümelei“, erklärte Söder bei der Präsentation der CSU-Minister.

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