Bei Miosga: Stirnrunzeln mit Thorsten Frei

vor etwa 6 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Profi-Stirnrunzler Thorsten Frei (CDU) gehen langsam die Sorgenfalten aus. Deshalb hat er sich ein paar Neue zugelegt, mit denen er die Wählertäuschung seiner CDU und seines Kanzlers Friedrich Merz ins Weichzeichnerlicht rücken will. Doch trotz beherzten Runzelns gelingt die politische Schönfärberei nur so mittelprima.

Ein zwölf Jahre alter Einspieler beweist: Schon als Oberbürgermeister von Donaueschingen vermittelte Thorsten Frei seine Politik kuschelig-wäscheweich und fürsorglich-verständnisvoll, wie es so seine Art ist. Problem: Damals war er noch ausdrücklich gegen jede Form überbordender Staatsverschuldung.

Heute muss er leider dafür sein, also das genaue Gegenteil schönreden. Der direkte Vergleich mit dem erbarmungslosen Filmchen von 2013 zeigt, dass es dafür mindestens zwei weiterer Sorgenfalten bedurfte. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Mit der ihm eigenen Chuzpe verkauft Frei einen Kreis für ein Dreieck, ein Hühnerei für einen Diamanten. Einerseits sagt er: „Ich gehöre ja zu denen, die vom Wert der Schuldenbremse überzeugt sind.“ Doch keine halbe Minute später behauptet er, die Schuldenbremse vor der Wahl zu versprechen und nach der Wahl zu brechen, sei überhaupt kein Widerspruch: „Nein, das war kein Wortbruch. Wir mussten sehr flexibel auf eine sehr zuspitzende Situation reagieren.“

Frei, der immer enthusiastisch und so oft wie möglich allen anderen Gesprächsteilnehmern vollkommen oder ausdrücklich Recht gibt, Probleme „versteht“ und Kritik „nicht vom Tisch wischen“ will, rechtfertigt die billionenschweren Schuldenorgie der neuen Regierung unter anderem mit der Rede des amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Sicherheit und Infrastruktur erforderten nun einmal neue Investitionen, so Frei.

Diesen Zahn zieht ihm der Soziologe Armin Nassehi ohne Betäubung: „Man kann nicht sagen, dass die Rede von J.D. Vance die deutschen Gleise und Brücken und sonstige Infrastruktur kaputter gemacht hat als es vorher gewesen ist. Und das merken die Leute natürlich.“ Als es um „die Leute“ geht, rutscht dem Professor eine bemerkenswerte Formulierung heraus: Man müsse „vielleicht den blauen Elefanten im Raum auch mal nennen“, sagt er und spricht von „denen, die wir jetzt gar nicht benennen wollen.“ Nanu? Gab es da irgendwelche redaktionellen Vorgaben? So, wie er es aus heiterem Himmel heraus betont, klingt es fast danach. Ist es tatsächlich schon so weit, dass der Angstgegner AfD nicht einmal mehr namentlich erwähnt werden soll?

Andere Namen hingegen fallen oft: Wie umgehen mit der Mauerschützen-Nachfolgepartei „Die Linke“? Auch hier gelingt es Frei, ein relativierendes Rumeiern als stringente Strategie zu verkaufen. Der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU von 2018 sei gut und richtig, denn „mir fallen jetzt wirklich keine Schnittmengen mit der Linken ein“. Andererseits müsse man aber in „Verfahrensfragen“ bereit sein, miteinander zu reden. Als Beispiel nennt er ausgerechnet die Wahl des Bundeskanzlers. Für Kerstin Münstermann (Rheinische Post) ein Unding. Mit der Linken nicht zu reden, aber mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht, das sei „politisch nicht ehrlich“. Auch Miosga findet es angebracht, mit den Linken zu reden, da die legendäre und oft beschworene „politische Mitte“ ja keine Mehrheit mehr habe.

Auch beim Thema Migration wird Frei in die Zange genommen. Doch an ihm prallt alles ab. Gegenüber Münstermann und vor allem gegenüber der Moderation muss er sich dafür rechtfertigen, dass die CDU die illegale Einwanderung stoppen möchte. Miosga lässt einen Film einspielen, wonach seit Tag eins nach der Bundeskanzlerwahl an den deutschen Grenzen ausnahmslos und besonders streng kontrolliert würde. Das ist offensichtlich eine sehr fragwürdige Darstellung, wie zahlreiche Videos beweisen, die in den sozialen Netzwerken kursieren. Dort haben Reporter und Vertreter der Partei DWJGNBW („die wir jetzt gar nicht benennen wollen“), im Selbstversuch herausgefunden, dass ausgerechnet an der deutsch-polnischen Grenze bei Görlitz nach wie vor überhaupt nicht kontrolliert wird. Stattdessen herrscht grenzenloser Grenzverkehr, ohne dass irgendwo ein Polizei- oder Grenzschutzbeamter zu sehen wäre.

„Es geht nicht um andere Parteien“, betont Frei mit einem Anflug regentänzerischer Attitüde, „es geht darum, dass das Migrationsgeschehen in den vergangenen Jahren aus dem Ruder gelaufen ist. Und das müssen wir in den Griff bekommen.“ Einspruch von Münstermann: Man solle doch eher an den europäischen Außengrenzen tätig werden, etwa zwischen Polen und Weißrussland. Dafür solle sich Friedrich Merz in Brüssel einsetzen, statt sich als deutscher Kanzler um die deutschen Grenzen zu kümmern. Frei betont derweil, dass es ja nicht darum gehe, ausnahmslos alle illegalen Einwanderer zu stoppen, sondern „alle, die sie erwischen“. Und „wie lange sollen diese Maßnahmen gelten?“, will Miosga wissen. Frei: „Das soll so kurz wie möglich gehen.“ Ein überraschend ehrlicher Satz. Und wieder platzt ein Wahlkampfversprechen.

Dass die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas Beamte in die Rentenkasse einzahlen lassen will, dürfe „man nicht überbewerten“, beschwichtigt Frei, denn „das ist nicht Common Sense in der Koalition.“ „Warum geht sie dann damit raus?“ fragt Miosga, und aus Münstermann platzt es heraus: „Weil’s knapp wird mit der Rente“.

Thorsten Frei wird das nicht verunsichern: Seine Stirn wird sich sorgenvoll in Falten legen, wenn das Rentensystem kollabiert, und er wird auch hier zur rechten Zeit sicher die rechte Antwort haben.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel