
Haben Sie sich zuletzt mal gefragt, was aus Sawsan Chebli geworden ist? Grundsatzreferentin für interkulturelle Angelegenheiten bei der Berliner Senatsverwaltung für Inneres, dann stellvertretende Pressesprecherin im Auswärtigen Amt, dann Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerliches Engagement und Internationales in der Berliner Senatskanzlei, dann 2021 Versuche, sich als SPD-Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf aufstellen zu lassen, ihr großer Mega-Bestseller „Laut“ – und dann plötzlich Funkstille.
Jetzt hat sie sich aus der Politik und weitestgehend auch aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wie äußerst untypisch für sie. Man kann ihr viel vorwerfen, aber nicht, dass sie nicht überaus von sich selbst überzeugt und ehrgeizig ist. Taktisch klug und erfolgreich hat sie sich ohne wirkliche Qualifikation von Job zu Job nach oben gearbeitet – immer solche politischen Ämter, für die man nicht gewählt, sondern von irgendjemandem auserwählt werden muss. Bekanntlich enge Vertraute von Steinmeier – also immerhin gute Kontakte zum heutigen Bundespräsidenten, und das gibt sie alles auf, um was zu machen?
Sie betätigt sich heute als 24/7-Propaganda-Maschine auf Instagram. Es gibt kein Paliwood-Filmchen, das an ihr vorbeigeht, alles wird geteilt und verurteilt. In ihrer eigenen Rhetorik radikalisiert sie sich immer weiter und verbreitet völlig enthemmt antisemitische Verschwörungstheorien unter dem Deckmantel des Antizionismus. Anfangs, nach dem 7. Oktober, verurteilte sie noch beide Seiten, betonte, wie viele Israelis sie doch kenne und forderte die Freilassung der Geiseln. Davon hört man heute nichts mehr. Ab und zu verurteilt sie den deutschen Antisemitismus, gedachte etwa der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, als sie starb. Doch die Geiseln sind keine Posts mehr wert und Israel ist eindeutig der Feind.
Sie behauptet, die israelische Armee würde gezielt Kinder durch humanitäre Hilfe in Fallen locken und erschießen, erklärt, das Ziel von Netanyahu wäre „ein ethnisch gesäubertes Gaza“, ist fest überzeugt, dass die israelische Regierung den Bau eines Konzentrationslagers plant. Sawsan Chebli ist wahrscheinlich die erste Politikerin, die ganz öffentlich bekennen konnte, dass sie als Jugendliche Antisemitin war, Juden gehasst hat und lange an sich arbeiten musste, um das zu überwinden – und trotzdem nicht sofort gecancelt wurde.
Wie viele deutsche Kinder und Jugendliche gibt es wohl, die einen wirklichen Hass auf Juden haben? Ganz zu schweigen davon, dass die niemals später politische Ämter bekleiden würden, würde man solche Kinder wohl nur bei radikalen Neonazis finden. Sawsan Chebli stammt aber nicht aus einer seltenen radikalen Neonazi-Familie. Bei ihr war das einfach normal. Schaut man sich heute an, was den Israelis alles unterstellt wird, bekommt man den Eindruck, dass sie diesen Antisemitismus doch nicht ganz spurlos überwunden hat. Sondern wohl eher gelernt hat, das Wort Jude durch Israeli auszutauschen.
Trotz all dem darf sie noch Artikel für den Stern schreiben und wird von der Bunten zu einer der „50 Frauen, die Deutschland inspirieren“ ernannt. Denn klar: Wenn sie Videos teilt, in denen sich „Palästina“ über das gesamte israelische Gebiet erstreckt, dann ist damit gemeint, dass die Ju…- äh Israelis – alle ein Ticket zur Ausreise gesponsert bekommen. Wenn sie behauptet, dass die israelischen Soldaten beim Beschuss von Zivilisten das „Spiel“ spielen „wer erschießt die meisten Palästinenser in der Schlange beim Essen abholen?“ und gezielt Kinder abschlachtet, dann meint sie nur, dass die Israelis in ihrem Wesen böse sind. Sie hofft übrigens auch, dass alle Journalisten in Deutschland, die die „israelischen Narrative“ übernehmen „eines Tages dafür zur Rechenschaft gezogen werden“. „Ihre Kinder werden in den Schulbüchern von ihrer Komplizenschaft lesen.“
Meinetwegen kann sie mich und meine Kollegen in ihrer Fantasie ja so viel vor das Tribunal stellen, wie sie will, ich muss sagen, dass mich fast am meisten ihre theatralische, vermeintlich mitreißende Rhetorik nervt, die sie für ganz besonders literarisch hält, aber einfach nur billig und übertrieben ist. Sie kann nicht normal sagen, dass sie etwas traurig findet. Jeder Post ist ein Haiku. Entweder sie zerbricht wieder in tausend Stücke oder sie kann nicht mehr atmen und alle zwei Wochen beschreibt sie in sehr vielen Worten, wie sehr ihr die Worte fehlen.
Ihr neuestes Kunstwerk: Ihr Bericht von ihren Reisen durch Europa. „Wurde oft gefragt, woher ich komme. ‚Bin Palästinenserin‘ hab ich gesagt. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel Zuneigung, Wärme, Solidarität erlebt. Einige haben mich umarmt, manche haben geweint.“ Klar, Sawsan, ist bestimmt ganz genau so passiert. Aber trotz allem schaue ich gerne bei Chebli auf Instagram vorbei. Nicht nur ist ihr Instagram-Profil ein Mahnmal dafür, wie sehr man von Ideologie zerfressen werden kann. Sondern man bleibt auch sehr aktuell bei der neusten Pali-Propaganda. Und so bin ich auf „Miss Palestine“ gestoßen.
Die Schönheitskönigin Nadeen Ayoub, die bereits 2022 beim „Miss World“-Contest zu „Miss World Water“ gekürt wurde, tritt dieses Jahr in Thailand für „Palästina“ beim „Miss Universe“-Schönheitswettbewerb an. Über Ayoubs Herkunft gibt es nur sehr vage Beschreibungen. So etwa, dass sie zwischen Rafah, den USA und Kanada aufgewachsen ist. Es ist nicht einmal klar, ob sie tatsächlich in palästinensischen Gebieten geboren wurde. Und heute lebt sie natürlich nicht in ihrer Heimat, die sie doch so gerne in die Welt tragen will, sondern in Dubai.
Trotzdem erklärt sie zu ihrer Kandidatur: „Ich werde nicht durch mein Leiden definiert. Ich definiere mich durch meinen Mut, meine Träume und mein Bestreben, eine Zukunft für mein Volk aufzubauen.“ Wer sich vielleicht noch Hoffnungen gemacht hat, dass sie ihr Volk nur über die Zivilisten definiert, muss leider enttäuscht werden. Sie arbeitet immer wieder mit den palästinensischen Behörden zusammen und besucht das Regierungsviertel in Rafah. Ihr liegen ganz besonders die Umwelt und das Klima am Herzen, weshalb sie etwa mit dem palästinensischen Umweltministerium Kinderprojekte macht.
Gerne reist sie auch zu den verschiedenen palästinensischen Behörden auf der Welt. Dort posiert sie dann vor „Palästina“-Karten, die verdächtig nach „‚From the river to the sea‘ zu Ende gedacht“, aussehen. Solche Karten finden sich viele auf ihrem Profil. Trotzdem wird sie als palästinensische Repräsentation immer mal wieder zu Veranstaltungen der Vereinten Nationen eingeladen.
Schaut man sich die Webseite der Organisation an, die die „Miss Palestine“ kürt, fallen da verschiedene interessante Dinge auf. Einmal, dass sie wie „Miss Palestine“ höchst selbst, ihren Sitz in Dubai hat. Dann dass sie damit wirbt, verschiedene aktivistische Programme für Frauen anbieten zu wollen, wie etwa ein „Inclusivity Training Program“. Sie setzen sich auch für eine „nachhaltige“ Zukunft für palästinensische Frauen und Familien ein. All die tollen Projekte, die sie auf ihrer Seite auflisten, sind allerdings komplett mit KI-Fotos gebildet.
Sie wollen übrigens auch KI-Ausbildungen anbieten. Also vielleicht sind die Macher von „Miss Palestine“ auch die Macher von den hungernden palästinensischen Babys mit 12 Zehen und den leidenden Frauen mit drei Armen. Auf Instagram wird Nadeen Ayoub für ihren pro-palästinensischen Aktivismus bejubelt, auch wenn es vereinzelte Kommentare gibt, die Schönheitswettbewerbe als haram bezeichnen. Die Zielgruppe ist ja aber auch gar nicht die arabische Welt. Denen braucht Ayoub nicht damit zu kommen, dass die Angriffe von Israel klimaschädlich sind. Die Zielgruppe ist der Westen. Palästina wird zum Klimaschutz, zum Feminismus ernannt, damit man hier auf die Hamas-Ideologie reinfällt, die uns eigentlich fremd, faschistisch und zurückgeblieben vorkommen sollte. Und wir sehen ja schon: Bei Sawsan Chebli funktioniert es, bei den Veranstaltern von Miss Universe funktioniert es – und bei Friedrich Merz auch ein bisschen.