
Machtkampf in der SPD beendet: Scholz machts, Pistorius verzichtet.
Nach der Absage von Verteidigungsminister Boris Pistorius (64) will der SPD-Parteivorstand am Montag Bundeskanzler Olaf Scholz (66) als Kanzlerkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl nominieren. Damit geht die SPD mit einem der unbeliebtesten Politiker Deutschlands in die Schlacht ums Kanzleramt.
Über den Rückzieher von Boris Pistorius und die Aussichten der SPD auf einen Wahlerfolg sprachen am Freitagmorgen die NIUS-Reporter Pauline Voss und Alexander Kissler mit Moderator Alex Purrucker im NIUS Radio-Studio.
Auf die Frage, ob sich die SPD damit wirklich einen Gefallen tut, stellt Kissler gleich zu Beginn fest: „Mit Olaf Scholz tritt der Notar des Niedergangs an – und der Funktionär des Mittelmaßes.“ Und weiter: „Die Funktionärs-Logik hat sich durchgesetzt. Nach dem Motto, wir können doch jetzt nicht so kurz vor dem Zieleinlauf die Pferde wechseln, die bereits gesattelt sind. Wir können eine Kampagne nicht so schnell auf einen neuen Kandidaten ausrichten.“
Dabei hätte die Mehrheit der SPD-Anhänger lieber Pistorius als Scholz gesehen, sagt eine aktuelle Umfrage. Doch das war der SPD-Spitze offenbar egal. Die wenig erfolgreiche Amtszeit von Olaf Scholz hätte zu einem Umdenken führen müssen, meint auch Kissler: „Olaf Scholz ist das Gesicht einer unfassbaren ökonomischen Krise. Er ist das Gesicht eines kollabierenden Vertrauens in die SPD insgesamt. Und der Wahlkampf der CDU und anderer Parteien wird nun gepflastert sein mit Zitaten von SPDlern, die Scholz nichts zutrauen.“
Auch für NIUS-Reporterin Pauline Voss ist die Entscheidung der SPD, Olaf Scholz statt Boris Pistorius ins Rennen zu schicken, unverständlich. Sie spricht von einer „spektakulären Fehlentscheidung“ und spekuliert über den Schritt der SPD, warum nun Scholz aufgestellt wird: „Ich glaube, das ist nicht, weil Scholz irgendwelche besonderen Fähigkeiten hat, die ihn jetzt mehr als Pistorius qualifizieren. Ich glaube, das ist wirklich reine Partei-Logik.“
Dazu führt Voss weiter aus: „Wenn man sich zum Beispiel das Wählerpotential anschaut, dann gibt es viel mehr Leute, die sich theoretisch vorstellen können, die SPD zu wählen, als sich Leute theoretisch vorstellen können, die Grünen zu wählen. Beide Parteien liegen aktuell bei 14 Prozent in Umfragen. Das Problem der SPD ist, es gibt Leute, die sie wählen würden, aber sie können sie nicht mobilisieren, sie können sie nicht abholen.“
Zum Schluss resümiert die Reporterin: „Da wäre es gerade perfekt zu sagen, wir brauchen vielleicht einen neuen Kandidaten, den beliebtesten, der uns auch noch zur Verfügung steht. Und dann zu sagen, nein, dann nehmen wir lieber den Unbeliebtesten – das ist schon einfach spektakulär.“
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