
Robert Habeck macht sich vom Acker. Er wirft sein Bundestagsmandat weg. Er verlässt Deutschland beruflich. Er kehrt den Grünen den Rücken zu. Noch kein Jahr ist es her, da wollte Habeck Kanzler werden. Daran ist er gescheitert. Auch als Wirtschaftsminister ist der Rezessionsminister gescheitert. Seine Energiewende ist gescheitert. Seine wolkige Art der Politikerklärung ist ebenfalls gescheitert.
Die Art, wie Habeck jetzt zum Rückzug bläst, lässt tief blicken: Hier verlässt ein Überforderter die politische Bühne, der sich bis zuletzt für den Allerbesten hielt. Habeck bleibt überzeugt: Er wäre über das Wasser gelaufen, doch das undankbare Volk ließ ihn nicht ans Ufer. Nun sucht er im Ausland eine neue Gemeinde. Deutschland atmet auf.
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Bei der Bundestagswahl im Februar erreichten die Grünen 11,6 Prozent. Das war ein Debakel für ihren Spitzenkandidaten. Habeck wollte „Bündniskanzler“ werden, und zwar für „alle Menschen in Deutschland.“ Die Deutschen aber wollten Habeck nicht. Der promovierte Literaturwissenschaftler wurde vom Volk abgestraft. Angetreten war Habeck, weil ihm die Wirklichkeit keine andere Wahl ließ. Sagte er. Hören und schauen wir hinein in den Werbespot der Habeck-Partei.
„Wenn wir uns der Realität stellen“: So redete Habeck. Er verkaufte Hochmut als Demut. Das Pathos, das er mit breitem Löffel ausgab, galt seiner eigenen Person. Er war ergriffen von sich selbst – und gab diese Selbstergriffenheit als Dienst an der Wirklichkeit aus. Auch in seiner Bewerbungsrede zur grünen Spitzenkandidatur.
„Der Anspruch auf Führung erwächst aus der Objektivität der Wirklichkeit“? Es war bizarr. Ob auf dem Krönungsparteitag der Grünen oder später im Werbespot: Habeck redete von der Wirklichkeit wie der Maulwurf vom Mond.
Seine Wirtschaftsministerzeit hatte eine horizontale und eine vertikale Achse. Die eine Achse hieß Inkompetenz, die andere Achse Arroganz. In ihrem Schnittpunkt stand Habeck. Er verstand die Welt nicht, die ihm entglitt. Er fabulierte sich ins Aus.
Ob Gasumlage, Heizungsgesetz, Energie-Einsparverordnung oder, ganz am Schluss, die Besteuerung von Kapitaleinkünften zugunsten der Sozialsysteme: Habeck war ein Robert-Guck-in-die-Luft, der sich beschwerte, wenn die anderen ihm nicht die Hindernisse aus dem Weg räumten. Er war Deutschlands ungekrönter Mimosenkaiser.
Der Bückling, den Habeck vor dem Handelsminister von Katar machte, fügte sich ins Größen-Ich: Er beugte sich nur Autoritäten, von deren Gunst er abhängig war. Das niedere Volk erschien geradezu wie Pöbel, dem er juristisch heimleuchtete, wenn es ihm, dem Volk, an Respekt mangelte. Er wollte kein „Schwachkopf Professional“ sein.
Wäre er Kanzler geworden, hätte er sich nur mit den Allergrößten angelegt. Er wusste: Mit den Kleinen macht man kurzen Prozess. Lohnenswert ist nur der Kampf gegen Populisten, gegen ausländische Autokraten und gegen die fossile Industrie, die Habeck alle drei irgendwie im Bunde sah.
Habeck warf den Bettel hin, wie er ihn ergriffen hatte: in der Geste des Retters, den man rufen muss – und der beleidigt den Job quittiert. Er sprach von Nachhaltigkeit und betrieb eine atemlose Ad-hoc-Politik. Er versprach Augenhöhe und lieferte das zum Schlitz verengte Augenpaar aus überlegenen Höhen.
Habeck war dankbar, jeden Tag Habeck sein zu dürfen. So trat er nun ab: selbstgerecht schimpfend über Markus Söder und dessen „fetischhaftes Wurstgefresse“; schnöselig herziehend über Bundestagspräsidentin Klöckner. Aber – natürlich – mit sich im Reinen, aufbrechend zu neuen Horizonten in Dänemark, USA und anderswo.
Letztlich, heißt das, hat der Minister alles richtig gemacht. Er hat das Richtige „gedanklich zusammengeführt“. In Roberts Kapelle zündet Habeck jeden Tag ein Kerzchen für sich an.
Man wird diesen Fall einst als Symptom sehen: für eine saturierte Bundesrepublik, die ein letztes Mal glaubte, man könnte alten Wohlstand verfrühstücken, ohne neuen zu schaffen. Erinnern wird man sich nicht an Habeck, einen gescheiterten Wirtschafts- und Klimaschutzminister, sondern an Robert, den Patron der Wehleidigkeit.