
Die Union will in den Koalitionsverhandlungen offenbar eine Rückkehr zur Atomkraft durchsetzen. Dies geht aus dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe „Klima und Energie“ hervor, das am Dienstagabend öffentlich wurde. Jedoch ist der entsprechende Abschnitt in Klammern gesetzt. Zwischen den Verhandlern besteht in dem Punkt also Uneinigkeit. Konkret heißt es in dem Papier, dass man prüfen wolle, ob „angesichts des jeweiligen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist“.
Druck erfahren Friedrich Merz sowie CSU-Chef Markus Söder dabei auch aus der Belegschaft des abgeschalteten und sich im Abbau befindlichen Atomkraftwerks Isar 2. Isar 2 war einer der leistungsstärksten Kernreaktoren Deutschlands und erreichte mehrfach internationale Produktionsrekorde. Wegen des raschen Rückbaus des Atomkraftwerks wandten sich auch Teile der Belegschaft kürzlich mit einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder, wie der Cicero berichtet.
In ihrem Appell, der dem Cicero vorliegt, fordern Mitarbeiter: „Bitte setzen Sie auf Landesebene im Eilverfahren die 1. SAG [Stilllegungs- und Abbaugenehmigung] für Isar 2 temporär aus, Handlungsmöglichkeiten hierfür gibt es hinreichend genug.“ Zudem sei man bereit zur Wiederaufnahme des Betriebs: „Auch wenn unser Konzern nach außen hin einen Weiterbetrieb derzeit nicht unterstützt, so sind die Mitarbeiter vor Ort hochmotiviert, diese Anlage unter Einhaltung aller Regelwerke so schnell wie möglich wieder ans Netz zu bringen.“
Das Schreiben endet mit der Forderung: „Stoppen Sie sofort die Rückbautätigkeiten in Isar 2 durch Ihr bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz! Setzen Sie in den folgenden Koalitionsverhandlungen den Wiedereinstieg in die Kernenergie durch.“ Und weiter: „Erst hierdurch ist ein wirklicher Politikwechsel spürbar und der notwendige Impuls für die Wirtschaft für alle weithin sichtbar.“
Ob die Atomkraft in Deutschland tatsächlich ein Comeback feiern wird, wird ganz wesentlich von Markus Söder und Friedrich Merz abhängen. Noch im August 2022 besuchten beide das Atomkraftwerk in der Nähe von Landshut und plädierten für die Abkehr vom unter der Ampel endgültig vollzogenen Atomausstieg. Ob Söder und Merz an ihren Versprechen tatsächlich festhalten, ist angesichts der bisherigen Verhandlungsergebnisse aber zumindest fraglich.