
Am Jahrestag des von Breivik begangenen Massenmords in Norwegen und dem Amoklauf in München fünf Jahre später macht sich die Bildungsstätte Anne Frank Gedanken über die „Inszenierung von Rechtsextremisten“ – mit seltsamen Vergleichen und noch inkonsistenteren Ratschlägen.
Aufklärungsarbeit über den Holocaust – das war die eigentliche Aufgabe der Stiftung „Jugendbegegnungsstätte Anne Frank“, benannt nach dem jüdischen Mädchen, das durch sein Tagebuch bekannt wurde und im KZ Bergen-Belsen zugrunde ging.
2013 in Bildungsstätte Anne Frank umbenannt, widmete sich der Verein nunmehr der Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus und fiel seither eher aktivistisch mit links-woker Agenda auf. Der „Kampf gegen Rechts“ rangiert dabei ganz oben und schließt auch Wahlempfehlungen zulasten der AfD mit ein.
Nun hat die Bildungsstätte Anne Frank bei Facebook und LinkedIn ein seltsames Handout über „Monster und Saints“ publiziert, das den medialen Umgang mit Rechtsterrorismus thematisiert. Obwohl die Mordtaten von Oslo, Utøya (2011) und München (2016) außer dem Datum (22. Juli) kaum etwas miteinander zu tun haben, ziehen die Autoren eine gerade Linie zwischen ihnen und darüber hinaus.
Der Attentäter von München sei „nur einer von vielen Nachahmern“, in rechtsextremen Internetforen werde Breivik bis heute als „Saint“ (Heiliger) verehrt. Terroristen wie Breivik (Norwegen) und Sonboly (München) würden „als Monster, Extremfall und psychologisches Rätsel dargestellt“. Dabei steckten dahinter „menschenfeindliche Ideologien, die weit über einen einzelnen Täter hinausreichen“.
Weiter heißt es: „Mediale Aufmerksamkeit ist Teil der Strategie von Terror. Wenn Medien solche die Inszenierung von Rechtsterroristen unkritisch [sic!] wiedergeben, spielen sie ihnen in die Hände und tragen schlimmstenfalls zu Nachahmungstaten bei. Das bedeutet allerdings nicht, dass über rechten Terror geschwiegen werden sollte.“
Unter der Überschrift „Terror als Strategie“ schreiben die Autoren: Die Täter wollten große Aufmerksamkeit erzeugen, die eigene Ideologie verbreiten und „besonders bei marginalisierten Menschen“ Angst schüren.
Nun haben Anders Behring Breivik und Ali „David Sonboly“ wenig gemein. Breivik hinterließ ein wirres Manifest, einen 1500-seitigen Text mit dem Titel „2083: A European Declaration of Independence (2083: Eine europäische Unabhängigkeitserklärung), war eher kein Ideologe, sondern Blut-und-Boden-rassistisch motiviert. Er hasste Marxisten, Nazis und Muslime gleichermaßen (seine Opfer auf der Insel Utøya waren Teilnehmer eines Jugendzeltlagers der norwegischen Sozialdemokraten) und sah selbst britischen Konservative als „Kulturmarxisten“ an.
Der Massenmörder Anders Breivik – verurteilt zu 21 Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Der Amokläufer von München tötete neun Menschen, davon sieben Muslime und zwei Sinti und Roma. Er war Sohn iranischer Eltern, hatte mit 18 seinen Vornamen Ali in David ändern lassen und Psychiatrieaufenthalte hinter sich – wegen Phobien und Angstzuständen. Dort fiel er mit aufgemalten Hakenkreuzen und Hitlergruß auf. Laut eines Freundes sei er „sehr antisemitisch“ gewesen und habe „oft über Israel geschimpft und Juden beleidigt“ – ob aus seiner rechtsextremen Gesinnung heraus oder herkunftsbedingt, lässt sich nicht mehr klären – Sonboly erschoss sich selbst, als er gestellt wurde.
Schon in diesen beiden Fällen ist ein klares rechtsextremistisches Weltbild als Tatmotiv schwer zu belegen, als ins Bild passende Blaupause für Rechtsterroristen taugen sie eher nicht. Dass Breivik in abseitigen rechtsextremen Internetforen gefeiert werden mag, lässt sich wohl nicht verhindern, daher sollte die Frage im Vordergrund stehen, ob die Prämissen über den medialen Umgang mit dem Phänomen überhaupt stimmen.
Breivik werde als „Monster, Extremfall und psychologisches Rätsel dargestellt“ – ja, als was denn sonst?, möchte man fragen. 77 Menschen zu ermorden, ist natürlich ein Extremfall und der Täter nicht normal. Was er sich von seiner Wahnsinnstat versprach, bleibt im Dunkeln. Und wird die Inszenierung von Rechtsterroristen unkritisch (sic!) wiedergeben? Kein Medium hat Breiviks 1500-Seiten Konvolut veröffentlicht, nur in der Analyse auszugsweise zitiert. Und selbstverständlich sollte man nicht über rechtsextremistischen Terror schweigen – so wie auch über linksextremistischen und islamistischen Terror nicht. Aber wie sollte man dann berichten? Die Bildungsstätte Anne Frank gibt vier Empfehlungen ab:
„Einordnung statt Täterzentrierung“ – selbst in Fällen schwer psychotischer Täter soll also der Fokus auf mögliche politische Motive gelegt werden. Alsdann: „Keine Bühne für Täter“: Manifeste einordnen statt reproduzieren (!), keine Bilder vom Täter oder von Taten zeigen, auf Namensnennung möglichst verzichten“. Breiviks Name, räumen die Autoren ein, nenne man zwar, aber nur, weil er „bereits im kollektiven Gedächtnis verankert ist“. Ali „David“ Sonboly offenbar nicht.
Die Ratschläge der Bildungsstätte Anne Frank für die Medien.
Weiterhin sei die Sprache bewusst zu wählen, Begriffe wie „einsamer Wolf“ oder „böse“ zu vermeiden. Und: „Erklären, warum die Tat rechtsextrem, rassistisch oder antisemitisch war. Auch klassische Einzeltäter sollen also als Teil einer handfesten Ideologie dargestellt werden. Schließlich: „Betroffene sichtbar machen: Wer sind die Opfer, wer sind die Angehörigen? Wie wirkt sich die Tat auf Diskriminierungsbetroffene aus?“
Im Fall von Rechtsterroristen wird also einiges gefordert, was man in der Berichterstattung über islamistischen Terror tunlichst vermeidet: von der Benennung der Ideologie hinter der Tat bis hin zur Aufmerksamkeit für die Opfer – die aber offenbar „Diskriminierungsbetroffene“ sein müssen, was die Besucher eines Weihnachtsmarktes oder eines „Festivals der Vielfalt“ offenbar nicht sind, weil sie in der Berichterstattung stets ohne Namen und Gesicht bleiben. „Say their names“ bleibt für migrantische Opfer reserviert.
Hinzu kommt: Islamistische Attentäter sind für linke Ideologen immer „einsame Wölfe“, die klassischen „Einzeltäter“, obwohl sie mit „Allahu akbar!“-Rufen auf ihre Opfer einstechen und sich damit als Anhänger einer wirklich klar erkennbaren Ideologie zu erkennen geben. Einer Ideologie, die seit hundert Jahren eine klare Agenda hat:
Der Westen wird gehasst und bekämpft, das Ziel sind wir alle – alle, die nicht der fanatischen, religiös fundierten Ideologie des Islamismus anhängen.
München 2016: Bedrohungslage über zweieinhalb Stunden, dann wurde der Täter gestellt – und erschoss sich.
Die Handreichung der Bildungsstätte Anne Frank geht von falschen Prämissen aus, vergleicht Äpfel mit Birnen, ist in sich widersprüchlich und misst mit zweierlei Maß. Hinzu kommt, dass unklar bleibt, wie denn nun mit dem Rechtsterrorismus nach den Vorstellungen der Macher medial umzugehen sei. Pauschalverdacht zu schüren, kann es nicht sein, den weist man ja im Falle islamistischer Attentäter stets entrüstet als „antimuslimischen Rassismus“ zurück.
Dabei ist es nun einmal wirklich so: Mordtaten wie die von Breivik und Sonboly, egal ob aus einer psychischen Störung oder aus rechtsextremen Motiven heraus, werden von der Gesellschaft als Ganzes als abscheulich („Monsters“) abgelehnt – von ein paar unappetitlichen Exemplaren, die die Täter für „Saints“ halten, abgesehen. Der globale Dschihad aber, das ist auf unseren Straßen und Plätzen unübersehbar, hat zahllose Anhänger, der Hass auf den Westen und auf die Juden ist tief in einem signifikanten Teil der islamischen Kultur verankert. Von der Bildungsstätte Anne Frank ist allerdings nicht zu erwarten, dass sie das einmal zur Sprache bringt, sie hat sich ausschließlich den „Kampf gegen Rechts“ auf die Fahnen geschrieben.
Wie falsch man liegen kann, wenn auf Biegen und Brechen ein rechtsextremes Motiv herausgestellt werden soll, zeigte der Fall des Attentäters von Hanau, der 2020 neun Menschen mit Migrationshintergrund erschoss, dann noch seine Mutter und sich selbst. Tobias Rathjen hinterließ im Netz ein 24 Seiten umfassendes, wirres Manifest aus dem November 2019, in dem er behauptete, von einem Geheimdienst verfolgt zu werden und die Erde vor ihrer Entstehung mittels einer „Zeitschleife“ vernichten zu wollen. Außerdem konnte er sich eine „Halbierung“ der deutschen Bevölkerung vorstellen.
Die Bildungsstätte Anne Frank (gegen die Bezeichnung gibt es leider keine rechtliche Handhabe) wird mit Millionen Euro Steuergeld gefördert. Fragt sich, wofür. Ganz so wirr wie Rathjens Manifest ist „Monster und Saints“ zwar nicht, aber dennoch zu nichts zu gebrauchen. Auch nicht für Nachahmungstäter.
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