
Ich bin zwar nicht der französische Philosoph Stéphane Hessel, aber ich sage: Empört euch! Nein, ich sage noch mehr: Radikalisiert euch! Radikalisiert euch angesichts der deutschen Mülltrennungspraxis, denn an dieser Praxis wird alles deutlich, was in diesem verdorbenen Nanny-Staat falsch läuft.
Seit gestern Abend geht ein Clip viral, der zeigt, wie deutsche Kommunen künstliche Intelligenz nutzen, um vermeintliche Fortschritte bei der Mülltrennung zu erzielen. Der Videobeitrag ist spektakulär. Darin zu sehen: Müllmänner, deren Müllautos eine Kameraerkennung haben, die scannt, ob die Mülltonnen von Bürgern saarländischer Kommunen eine korrekte Trennung von etwa Plastik- und Biomüll vorweisen. Zuerst hänge man bei Verstößen Bürgern gelbe Zettel an ihre Tonnen, um ihnen mitzuteilen, dass da „Störstoffe“ drin seien. Wenn diese Erziehungsmaßnahme keinen Erfolg zeitigt, schaltet der Staat hoch. „Die nächste Eskalationsstufe ist dann, dass man einen roten Zettel dranhängt und sagt: Die Tonne muss leider stehen bleiben“, sagt Stefan Kunz von der SPD, der gleichzeitig der Geschäftsführer der EVS ist, also des „kommunalen Dienstleisters für Abwasserreinigung und Abfallverwertung“, was schon ein sehr deutscher Titel ist.
Im wiederum nächsten Schritt drohen dann auch Strafzahlungen, der Hintergrund ist eine neue Müll-Verordnung, die seit dem 1. Mai in Kraft getreten ist und härter gegen Verfehlungen in der Mülltrennung vorgehen will, Bioabfälle dürfen ab dem 1. Mai nur noch maximal 1 Prozent Fremdstoffe enthalten, ab 3 Prozent wird die Tonne nicht mehr abgeholt. Kein Scherz. Denn dieser Staat, der die ärztliche Versorgung nur rudimentär sicherstellen kann und auf alles von Kaugummi bis Dieselkraftstoff horrende Steuern erhebt, hat hierfür eine gesetzliche Grundlage geschaffen.
Der Clip macht sprachlos. Je länger ich darüber nachdenke, warum dem so ist, desto mehr komme ich zu dem Schluss: Diese Praxis offenbart ein völlig kaputtes Menschenbild. In dieser Praxis zeigt sich, wie der deutsche Staat einen mündigen grünen Bürger erschaffen will, der durch Müllsanktionen zu Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit erzogen wird. Wer Steckrübenreste und Hähnchenbrustverpackungen, Kaffeereste und Coca-Cola-Dosen nicht korrekt zwischen Kompostbehälter und Müllbeutel aufteilt, dessen Müll wird künftig nicht abgeholt – und im nächsten Schritt erhält er einen Strafzettel für sein Fehlverhalten.
Schon bald auf der Suche nach Mülltrennungssünden: der gute Müllmann im Dienst.
Solch ein „Anreizsystem“ entspringt der Perspektive gängelnder Gemeindeverwaltungen, die sich als Erziehungsberechtigte ihrer Bürger verstehen und diese zu besseren Individuen formen wollen. Ich möchte jedoch kein grüner Musterschüler werden, der sein Leben nach Kompostbeschaffenheit und Recyclinglogiken ausrichtet. Ich möchte auch keinen Staat, der mir auf die Finger schaut, wie korrekt ich zwischen bunten Tonnen unterscheide. Und ich will erst recht keinen Sanktionswettbewerb, an dessen Ende ein trostloses Leben im Öko-Gulag steht, nur weil sich Plastik in die braune Tonne oder Ölreste in den Biomüll geschlichen haben. Vielleicht war ich auch mal zu faul, die Plastikbecher meines griechischen Joghurts auszuspülen – na und? Bitte verpisst euch aus meiner privaten Sphäre!
Zumal die saarländische Praxis, auf Deutschland ausgeweitet, gewichtige Fragen aufwirft: Was passiert mit den Duisburger Romablocks, die Möbelmüll als Hofdekoration nutzen und gelegentlich ein Viech auf ihrem Balkon schlachten? Ist Lammrippe Biomüll? Was machen unsere Neubürger mit „Freie-Syrische-Armee“-Hintergrund – werden sie sich an diese „Brave New World“-Ordnung halten, in der kolorierte Tonnen zum Ausweis der eigenen Gutbürgerlichkeit werden? Ich sag’s mal so: I doubt it.
Bei Nicht-Einhaltung der Biomüllverordnung können Tonnen zurückgelassen werden.
Ebenso zweifle ich daran, dass solche Bevormundung Bestand hat in Nachbarschaften, die sich spinnefeind sind. Der Student aus dem dritten Stock hat zuletzt nachts zu laut deutschen Reggae gehört? Na, dann ist es Zeit, leere Kamerabatterien und Akkus in seine schwarze Tonne zu schmuggeln, damit der Staat gegen den scheiß Mono-&-Nikitaman-Hippie tätig wird, vielleicht klicken schon bald Handschellen, wo noch kurz zuvor ein Ohrbooten-Best-Of lief!
Ohnehin erscheint es reichlich gehirnfrittiert, künstliche Intelligenz dafür einzusetzen, die Mülltonnen von Bürgern zu scannen. Jedes normale Land würde in KI-Systeme investieren, die Mülltrennungsanlagen entwickeln, die in einer zentralen Anlage Abfälle nach Oberflächenbeschaffenheit, Konsistenz oder Härte sortieren – sodass das Leben der Bürger einfacher und nicht komplizierter wird. Dann könnte jeder Müll wegwerfen, wie es ihm passt, und Maschinen übernähmen (deutlich effizienter) das Rätselraten, in welchen Sack nun Kronkorken, Kaugummi und Knopperspackung gehören. In Deutschland wird AI aber genutzt, um eine Blockwartmentalität zu etablieren, mitsamt eines staatlichen verordneten Neospitzeltums.
Die Sünde des progressiven Bürgers: falsch getrennter Müll
Seit sich der Clip gestern auf X wie ein Lauffeuer verbreitet hat, erreichen mich Nachrichten, die mich entgeistert zurücklassen: Von „Müllpolizisten“ in Mehrfamilienhäusern, die die Tonnen ihrer Nachbarn kontrollieren und falsch entsorgten Müll anprangern, ist die Rede. Mir wurden Screenshot aus Nachbarschafts-WhatsApp-Gruppen zugeschickt, die sympathisch unsortierte Kellerräume abfotografieren, weil sie darin Ordnungsverstöße wittern. Eine Frau berichtet von einer Wohnblock-Beauftragten, die die herrliche Aufgabe hat, Karton und Papierverpackung in kleine Teile zu zerlegen, sodass mehr in die blaue Tonne passt. Ich lese von Briefkästen, aus denen Zeitungsfetzen gefallen sind. Statt diese halt kommentarlos wegzuwerfen, wird im Wohngruppenchat angeklagt: „Der Umwelt zuliebe wäre es schön, seinen Müll wirklich in den Müll zu entsorgen.“Ja, der Umwelt zuliebe wäre es auch schön, irgendetwas anzuzünden, wenn man solche Nachrichten liest! Apropos Anzünden: Wenn der normale Bürger seinen alten VW Golf auf der Straße abfackelt, muss er bis zu 1.500 Euro Strafe zahlen. Wenn er 20 Liter Altöl in sein Waldstück kippt, kann das 250 Euro kosten. Wer jedoch seinen Biomüll mehrfach nicht ordnungsgemäß trennt, kann mit Strafen von bis zu 2.500 Euro belegt werden, das steht in der Verordnung. Solche staatlichen Regeln wecken in mir den bisher schlafenden Baseball-Libertären, der die KI-Kameras von Müllautos zertrümmern möchte. Vermutlich wäre eine gepflegte Demolierungsaktion auch deutlich weniger schlimm als ein falsch getrennter Müllberg aus Brotresten und Bananenschalen.
Nach dem Siegeszug des Dosen- und PET-Flaschen-Pfands läuft sich das „Königreich Almanien“ (Christian Schneider), dessen Gründungsmythos scheinbar in einem korrekten Abfalltrennungsakt auf einem Wertstoffhof wurzelt, warm für die nächste Stufe, in der der Uli, die Sabine, der Finn und die Finja zu Primussen der Pizzakarton-Bewertung (Altpapier, aber nur ohne Essensreste) oder Weinkorken-Trennung (extra Sammelstelle, auf keinen Fall in den Plastikmüll) mutieren. Der moderne Herrenmensch braucht weder Tropenuniform noch Gamaschen – es reicht ein Bürostuhl und eine gefaxte Verordnung in der Behörde eines x-beliebigen Kaffs.Und deshalb, liebe Leser, ist die deutsche Mülltrennung die Scharia des kleinen grünen Mannes. Zwar nicht nach streng islamischen, sondern nach grün-progressiven Regeln wird hier die Annäherung an eine reine Lehre und die perfekte Abfalltrennung als Ideal angestrebt. Jede Abweichung vom Mülltrennungskonsens wird bestraft – zwar noch nicht mit abgehackten Handgelenken oder einer kleinen öffentlichen Steinigung, aber mit zurückgelassenen Mülltonnen, Strafzetteln und vielleicht perspektivisch auch mit einem Punktesystem, das bewertet, wie gut der moderne Bürger beim Projekt der Weltrettung mitmacht, das natürlich auch auf der Ebene der Altpapierkleinhexelung und Tetrapak-Entsorgung geführt werden muss.
Aber nicht mit mir! Noch heute werde ich meine Karottenschalen wie durch Zufall in den Plastikmüll schmuggeln – mein Akt des zivilen Ungehorsams gegen die Mülltrennungsmafia, der verhindert, dass ich Teil eurer Sekte werde!
Lesen Sie auch:Syrer-Anschlag, Progressive-Pride-Flaggen, Messergewalt: Diese Politik treibt uns in die Resignation