Mutmaßliche Mörder und Vergewaltiger: 61 Verdächtige wegen Justizüberlastung aus U-Haft entlassen

vor 3 Monaten

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Im Jahr 2024 wurden insgesamt 61 Tatverdächtige wegen Überlastung der Justiz aus der Untersuchungshaft entlassen. Wie die Deutsche Richterzeitung berichtet, handelt es sich bei den Personen auch um mutmaßliche Mörder, Totschläger, Vergewaltiger, Räuber und Drogenhändler. Sie sind nur deshalb freigekommen, weil ihre Strafverfahren zu lange gedauert haben.

In Untersuchungshaft kommen Tatverdächtige in Deutschland grundsätzlich nur, wenn von einer Wiederholungs-, Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr auszugehen ist. Nach sechs Monaten ohne Verurteilung müssen die Haftgründe erneut überprüft werden. Verlängert wird die Untersuchungshaft nur dann, wenn die besondere Schwierigkeit des Falls oder der besondere Umfang der Ermittlungen das rechtfertigen können.

Ist das nicht der Grund für den verschleppten Prozess, kommt der mutmaßliche Straftäter zumindest bis zu seinem Urteil frei. Es laufen also potenziell gefährliche Menschen auf den Straßen herum, nur weil die Staatsanwälte und Richter der Masse an Verfahren nicht Herr werden – und das in ganz Deutschland (mehr dazu hier).

2024 kam es in Sachsen mit 15 Haftentlassungen zu den meisten Fällen. Dahinter folgen Hessen mit 11 Haftaufhebungen, Schleswig-Holstein mit sieben, Bayern und Brandenburg mit jeweils fünf Fällen. Laut der Deutschen Richterzeitung gab es nur in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz keinen Fall.

Das Problem ist derweil nicht neu: Schon 2023 schlug der Deutsche Richterbund Alarm, weil die Zahl solcher Fälle in Deutschland immer weiter steigt. So kamen 2022 mindestens 73 Menschen wegen zu langer Verfahren frei, 2021 waren es noch 66 und 2020 40 Fälle. In den letzten fünf Jahren sind also mehr als 300 Tatverdächtige wegen der Verletzung des Beschleunigungsgebots in ihren Verfahren aus der U-Haft entlassen worden. Und das ist nur eine Mindestzahl, weil lediglich die aufhebenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte dokumentiert sind.

Der Geschäftsführer des Deutschen Richterverbandes, Sven Rebehn, schätzt, dass bundesweit rund 2.000 Staatsanwälte fehlen, auch Strafgerichte klagen über fehlendes Personal. Die Folgen seien unter anderem ein immer größerer Verfahrensstau und immer langwierigere Prozesse. Vom Eingang einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft bis zum Urteil vergingen „mittlerweile im Schnitt sogar mehr als 21 Monate“, klagte man 2024 auf seiner eigenen Website. Wesentliche Belastung kommt dabei auch immer öfter wegen Fällen von „Hass und Hetze“ im Internet.

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