
Fleisch ist mehr als ein tierisches Nahrungsmittel. Fleisch ist Gegenstand des laufenden Kulturkampfs. Wie auf anderen Feldern auch, haben die Bürgerlichen ihre Wehrhaftigkeit dem Zeitgeist geopfert.
Man ist in diesen verwirrten Zeiten ja schon für Kleinigkeiten dankbar, die darauf schließen lassen, dass abendländische Resilienz noch nicht ganz gecancelt worden ist. Öko-Özi Özdemir, einst für Landwirtschaft und Ernährung zuständiger Bundesminister, hatte im eigenen Ministerium nur noch vegetarische Kost zugelassen. Volkspädagogische Ernährungsmaßnahmen eines angeblichen Realos. Nun hat sein Nachfolger, der angeblich „schwarze Metzger“ Alois Rainer (CSU), sich wieder zum Fleisch und Fisch auf den Tellern seines Hauses bekannt. Toll!
Und dann auch noch diese Nachricht: Rainer lässt die von Özdemir ernannte Tierschutzbeauftragte nicht im Amt. Vollkommen zurecht hielt die Union dieses Amt für „überflüssig und falsch“, und hatte – vor der Wahl – ja auch versprochen, die Unzahl hochbezahlter Beauftragter und ihrer Behörden zu reduzieren. Nichts da! Rainer hat prompt der Mut verlassen – oder er wurde ihm höheren Orts ausgetrieben. „Deshalb wird es auch künftig eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Tierschutz geben“, gendert er sich auf die Schleimspur des Zeitgeists zurück und schwafelt gottserbärmlich davon, wie sehr ihm die „Mitgeschöpfe“ am Herzen lägen. Es ist dieselbe Sprache, mit der die Grünen Rainers Einknickübung forderten. Es gehe darum, „Tieren eine Stimme in der Politik zu geben“, hieß es. Wer gibt der Mehrheit der Menschen hierzulande eine Stimme?
Eine Enttäuschung mehr macht noch keine Sommerpause. Deshalb fallen wir nicht in Verzweiflung angesichts der Nachricht, in Gelsenkirchen werde im neuen Schuljahr an mittlerweile neun Schulen ausschließlich nach islamischen Speisevorschriften serviert. Was soll daran neu sein? Man kennt das in Berliner Bezirken wie Neukölln längst an vielen Schulen. Begründung im Westen wie im Osten: Es werde ja nur auf die demografische Entwicklung reagiert. Rund 60 Prozent der Schüler sind Migranten, in manchen Stadtteilen liegt der Anteil deutlich höher. Alles ist halal bei dem neuen Caterer mit dem heimeligen Namen „Muttis Küche“. Wenn schon Fleisch, dann aus rituell vorgeschriebener Schlachtung. Wo bleibt da die Stimme der Tiere? Bundestierschutzbeauftragte übernehmen sie!
Tierwohl entpuppt sich also doch nur als Vorwand der Weltverbesserer. Ideologie würzt seit langem die grüne Küche. Schon länger wird an zahllosen Kitas, Schulen, Mensen des Landes generell auf Schweinefleisch verzichtet. Die aktuelle vollständige Umstellung auf halal-zertifiziertes Essen stelle – so heißt es nun ausgerechnet in Essen – nur eine „konsequente Weiterentwicklung“ dieses Ansatzes dar. Schweinefleisch mag zur deutschen Esskultur gehören wie Wackelpudding (wegen Gelatine von der Sau auch schon gecancelt). Aber ist das wirklich so wichtig? Und falls ja, weshalb? Weil da einiges zusammenkommt.
Erstens: Eine pervertierte Willkommenskultur. Man nimmt auf islamische Einwanderer nicht nur Rücksicht, sondern übernimmt Zug um Zug ihre Sitten und Gebräuche – und das ja nicht nur in Kantinen. (Anderes Beispiel: Ramadan-Fest-Beleuchtung). Wer auf Leitkultur besteht, gerät schnell als islamophob an den woken Pranger. Niemand dagegen verlangt von islamischen Migranten auch nur den Versuch der Anpassung an heimische Lebensgewohnheiten. Weil man den eigenen Verzicht für postkolonial gebotene Achtsamkeit hält. Weil die Hiesigen in jeder Hinsicht auf dem Rückzug sind. Unterwerfung! So kommt es auch, dass in Neukölln inzwischen propalästinensische Demonstrationen von Hamasunterstützern genehmigt werden. So halal ist Politik.
Zweitens: Die grüne Moralisierung von Esskultur bedroht die Freiheit. In den puritanischen Hirnen kommt gar nicht mehr vor, dass Essen auch etwas mit Genuss zu tun haben könnte. Propagandistisch gesteuert von NGOs und Regierungsbeauftragten, leidenschaftlich unterstützt von den Zwangsgebührensendern (und anderen „Qualitätsmedien“) wird dem gemeinen Volk Mores gelehrt. Wer die kulturelle Hegemonie anstrebt, der braucht bekanntlich die Lufthoheit über den Stammtischen. Auch über das, was dort verzehrt wird (bald auch kein Alkohol mehr). Zur großen Transformation gehört die Umerziehung auch in den Küchen. Das haben schon die Puritaner Oliver Cromwells im 17. Jahrhundert so gehalten – und die englische Küche hat sich bis heute davon nicht erholt.
So entdecken wir inzwischen in jedem Schweinsbraten und jeder Leberkässemmel fast schon ein Symbol des Widerstands. Die Parole „Esst Fleisch!“ gilt fast schon als Querdenkerei und riefe, wenn es nach den linksgrünen Volksbeglückern ginge, womöglich bald den Verfassungsschutz auf den Plan. Spezialeinsatzkräfte stürmten im Morgengrauen die Tiefkühltruhen widerständiger Fleischfresser. So weit ist es noch nicht? Nicht ganz! Die „Deutsche Gesellschaft für Ernährung“ empfiehlt dringend, die tägliche Menge Fleisch auf – in Worten – zehn Gramm zu reduzieren. Dagegen sind Klimaforscher und Virologen nahezu harmlos.
Der Zeitgeist kommt und geht, glauben Sie? Vorsicht! Er macht gerade einen neuen Anlauf. Im Zuge des Selbstoptimierungswahns des gut betuchten Teils der Gesellschaft findet die Feindschaft zur Fleischeslust neue Nahrung. Longevity ist die Parole einer neuen Pseudoreligion. Ja, so ist es wohl: Wer nicht mehr an ein Leben nach dem Tode glaubt, muss auf Langlebigkeit hienieden hoffen. Aber es sollte wenigstens jedem selbst überlassen bleiben. Zum irdischen Vergnügen in Gott gehört auch das Schnitzel.