
Der Chefredakteur des öffentlich-rechtlichen RBB, David Biesinger, und die Programmdirektorin Katrin Günther treten zurück. Das teilte der Sender in einer Stellungnahme am Freitag öffentlich mit. Die Mitarbeiter erfuhren auf einer außerordentlichen Mitarbeiterversammlung von der Entscheidung. Hintergrund des Rücktritts ist die Gelbhaar-Affäre rund um die erfundenen Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar.
„In meinen Augen ist in den vergangenen Wochen zu schnell und zu viel über mögliche Fehler Einzelner gesprochen worden. Tatsächlich hat der rbb in diesem Fall insgesamt programmlich versagt“, wird die bisherige Programmdirektorin Günther in der Stellungnahme zitiert. Biesinger begründete seinen Rücktritt damit, so einen Neuanfang an der Spitze des Senders zu ermöglichen, um „die publizistische Reputation des rbb wiederherzustellen.“
Der RBB hatte im Dezember über angebliche Vorwürfe gegen Gelbhaar berichtet. Mehrere Frauen sollen sich anonym an den Sender gewandt haben. Doch die schwerwiegendste der Anschuldigungen hat sich später als erfunden erwiesen. Die Person, die sich als das angebliche Opfer bei dem Sender meldete, existiert offenbar gar nicht. Hinter dem erfundenen Pseudonym steckte vielmehr die grüne Lokalpolitikerin Shirin Kreße, die Gelbhaar so hatte anschwärzen wollen. Gelbhaar verlor dadurch sowohl seinen sicher geglaubten Listenplatz als auch die Direktkandidatur in Berlin-Pankow.
Infolge der Entwicklungen musste der RBB seinen Bericht zurückziehen. Auch der Chefredakteur geriet unter Druck. Dieser erhob dagegen schwere Vorwürfe gegen die verantwortliche Redakteurin (Apollo News berichtete). Unter anderem warf er ihr gravierende Fehler bei der Überprüfung der Quelle vor. Da die Journalistin sich seit kurzem jedoch in Mutterschutz befindet, können laut Biesinger keine Konsequenzen gezogen werden. Nun muss er selbst den Hut nehmen.
Zusätzlich hat der Sender erhebliche strukturelle Reformen angekündigt. So soll die Investigativ-Abteilung des Senders in der Zukunft in solche Recherchen wie im Fall Gelbhaar miteinbezogen werden. Zudem wird die Chefredaktion solche Vorhaben aktiver kontrollieren. Obendrein werden verpflichtende Schulungen zur Verdachtsberichterstattung eingeführt. Stefan Gelbhaar hatte den RBB infolge der Berichterstattung auf insgesamt 1,7 Millionen Euro Schadensersatz verklagt. Der Sender wies die Höhe der Summe als unangemessen zurück.