Nach massiven Sicherheitsmängeln: Jetzt kommt die elektronische Patientenakte bundesweit

vor 13 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Aufgrund massiver Sicherheitsmängel war der bundesweite Start der elektronischen Patientenakte zuletzt verschoben worden. Jetzt möchte Gesundheitsminister Karl Lauterbach sein Prestigeprojekt noch genau eine Woche vor der Wahl von Friedrich Merz zum voraussichtlich neuen Kanzler in ganz Deutschland ausrollen lassen – danach wird er dazu nicht mehr die Chance bekommen, weil das Gesundheitsministerium unter Merz an einen CDU-Politiker gehen wird.

In einem Brief an die Digitalagentur Gematik, die für Gesundheitsthemen zuständig ist, erklärte Lauterbach am Dienstag, dass die elektronische Patientenakte ab dem 29. April bundesweit verfügbar sein soll, ab dem 1. Oktober gilt sie dann verpflichtend in den Arztpraxen. Angelegt wurde die eigentlich für Februar geplante Akte automatisch – nur wer ausdrücklich bei seiner Krankenkasse widersprach, erhielt im sogenannten Opt-Out-Verfahren keine ePA.

In dem Brief an die Gematik, der Table.Media vorliegt, spricht Lauterbach von „etwa 70 Millionen“ Akten. Nach dem Start der Pilotphase in drei Modellregionen und dem Stichtag, an dem die ePA für alle, die nicht widersprochen hatten, eingeführt wurde, berichtete auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung über 70 Millionen erstellte Akten.

Ab dem 29. April sollen die dann nicht nur in der Datenbank existieren, sondern von den Patienten auch digital genutzt werden können. Die Krankenkassen hatten zuvor nur geringe Widerspruchsquoten gemeldet, sie lagen laut der Informatik-Nachrichtenseite Golem im Januar bei den großen Versicherungen Techniker, Barmer und AOK bei sechs Prozent, 4,3 Prozent und 2,7 Prozent.

Der bundesweite Start der ePA, die bereits in den vergangenen Jahren nicht nur als unausgereift, sondern auch datenschutztechnisch kritisch kritisiert worden war (Apollo News berichtete hier und hier), war dann zunächst abgeblasen worden, nachdem Experten des Chaos Computer Club im Dezember ernsthafte Sicherheitsmängel an dem System aufgedeckt hatten, über die nicht nur Ärzte Zugriff auf die persönlichen Daten hätten erhalten können (lesen Sie hier mehr).

Daraufhin versprach Lauterbach, die ePA erst veröffentlichen zu wollen, „wenn alle Hackerangriffe, auch des CCC, technisch unmöglich gemacht worden sind.“ Dafür fasste der Minister schon zu Beginn des Jahres den April ins Auge. Im März erklärte Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dann aber, er halte die Einführung im April für unrealistisch. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland teilte Gassen mit, er gehe nicht davon aus, „dass die ePA im April bundesweit einsatzbereit sein wird.“

In dem Brief an die Gematik schreibt Lauterbach jetzt jedoch: „In Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik konnten Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden, die Voraussetzung für die bundesweite Nutzung sind.“ Denn die „intensive Testung“ habe „gezeigt, dass die Technik einsatzbereit ist und sich auch die Erfahrungen bezüglich der Nutzung positiv entwickeln“.

In der ePA können Patienten sämtliche medizinischen Dokumente sammeln und verwalten. So erhalten beispielsweise Ärzte schneller Zugriff auf notwendige Unterlagen, auch bei der Apotheke kann die Akte genutzt werden. Weiterhin kann gegen die Nutzung der ePA Einspruch erhoben werden, auch die vollständige Löschung ist jederzeit möglich. Union und SPD halten im Koalitionsvertrag währenddessen an der ePA fest – schon im Wahlkampf hatte Merz dafür Werbung gemacht.

Menschen, die ihre Gesundheitsdaten vollständig auf der Krankenkassenkarte speichern ließen, sollten demnach zehn Prozent weniger Krankenkassenbeiträge zahlen, sagte der CDU-Vorsitzende im Februar in Dresden (Apollo News berichtete). Auch im Koalitionspapier taucht die ePA im Zusammenhang mit einer „sanktionsbewehrten Nutzung“ auf. Ob damit tatsächliche Konsequenzen für Verweigerer oder positive Vorteile für Nutzer der ePA einhergehen, wird sich zeigen.

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