
In Österreich brachen die gemeinsamen Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ am vergangenen Mittwoch zusammen. Die bei den Nationalratswahlen im September unterlegene ÖVP hatte unter anderem deutlich mehr Ministerposten gefordert, als ihr eigentlich nach den Wahlergebnissen zustehen würden. Dieses Zugeständnis wollte die FPÖ unter Kanzlerkandidat Herbert Kickl jedoch nicht machen.
Nun zeigt eine erste Umfrage nach dem Zusammenbruch der Koalitionsverhandlungen, wer davon profitiert hat. Das Linzer Umfrageinstitut Spectra hat in einer repräsentativen Umfrage festgestellt, dass derzeit 35 Prozent aller Wahlberechtigten die FPÖ wählen würden. Damit würde die Partei noch einmal ein deutlich besseres Ergebnis (plus sechs Prozentpunkte) erzielen als noch zur Nationalratswahl im September. Schon das war das beste österreichweite Wahlergebnis in der Geschichte der FPÖ.
Die ÖVP ist unterdessen sogar hinter die SPÖ gefallen. Die Konservativen stehen in der Wählergunst bei nur noch 19 Prozent und kommen damit auf rund sieben Prozentpunkte weniger als noch im September. Die Sozialdemokraten können unterdessen ein marginales Plus im Vergleich zur Nationalratswahl verzeichnen und stehen bei 22 Prozent. Auch die kleineren Grünen und die linksliberalen NEOS konnten seit der Wahl ihr Niveau in etwa halten und stehen bei neun bzw. zehn Prozent.
Nach dem Scheitern der Koalition könnte es in Österreich zu einer Koalition der beiden Wahlverlierer, der ÖVP und der SPÖ, kommen. Christian Stocker, der nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Karl Nehammer interimsweise den ÖVP-Vorsitz übernommen hat, könnte dann Bundeskanzler werden, ohne von den Wählern je für dieses Amt gewählt worden zu sein.
Eigentlich waren Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS erst vor einigen Monaten gescheitert. Angesichts der hohen Umfragewerte der FPÖ versuchen ÖVP und SPÖ nun doch eine Einigung zustande zu bringen, um Neuwahlen und eine nochmals deutlich stärkere FPÖ zu verhindern. Die potenziellen Regierungspartner sind bereits vor Amtsantritt unbeliebt; zusammen würden Volkspartei und Sozialdemokraten auf nur 41 Prozent der Wählerstimmen kommen.