
Im Zeitalter künstlicher Intelligenz und anonymer virtueller Kommunikation bleibt zu oft auf der Strecke: Es kommt immer auf die Menschen an, die sichtbar oder unsichtbar dahinter stehen.
Bei Tichys Einblick war es von Anfang an Ulrike Kohl, die im Redaktionsbüro eine Vielzahl von Aufgaben erledigte, die auf uns einstürmten.
Das war nicht immer einfach; vieles war ungeplant, unvorhersehbar, erstmalig. Viele Leser suchen den direkten Kontakt; mit Lob und Anerkennung, auch mit Kritik und Fragen.
Ulrike Kohl hat alle Fragen stets freundlich und höflich beantwortet. Auch, wenn die Anrufer ungeduldig waren: Erschüttert hat sie nur eine Folge von Morddrohungen; ja, auch das musste sie entgegennehmen. Die Aufgabe bei TE zählt nicht zu den vergnügungssteuerpflichtigen Tätigkeiten, aber Ulrike Kohl stellte sich diesen Herausforderungen: tapfer, auch wenn der Hass ihr manchmal die Tränen in die Augen getrieben hat. Sie machte trotzdem weiter, auch und gerade unter Widerspruch. Vor allem aber:
Sie war die Stimme, die unsere Leser hören konnten. Sie war unser direkter Kontakt zu vielen Lesern und Freunden. Sie war die gute Stimme und hatte ein offenes Ohr für jeden Anrufer. Sie war der Mensch hinter den elektronischen und damit oft kühlen Wegen der modernen Kommunikation. Sie war die personifizierte Zuwendung in einer Zeit, in der Kontakt oft nur noch ein Klick mit der Maus oder ein Wisch-und-weg auf dem Bildschirm ist.
Kaum jemand konnte sie aus dem Gleis der Freundlichkeit werfen. Diese Freundlichkeit war nicht aufgesetzt wie in einem gut trainierten Call-Center – sie kam aus dem Herzen und der Lebensfreude, die Ulrike Kohl ausstrahlte, auch noch in der Zeit, in der die Krankheit sie forderte. Gejammert hat sie nie. Sie war fröhlich und lebensbejahend, auch in dieser schwierigen Zeit.
Diese Lebensbejahung kam der Redaktion zugute: Sie organisierte viele Arbeitstreffen an guten Standorten; und meist endete der Tag in einer der vielen versteckten Frankfurter Apfelweinkneipen, auf langen Bänken unter schattigen Bäumen, mit einem großen Bembel, in dem der Apfelwein schäumte, wo die Gespräche gemütlich wurden. Für viele unserer Mitarbeiter war das oft verblüffend, dass die scheinbar so kalte, glatte und aggressiv wirkende Stadt Frankfurt solche Orte der Freundlichkeit und des Miteinanders aufweist. Ulrike Kohl kannte sie, wie sie die Stadt und ihre Bewohner kannte. Sie inszenierte und organisierte aus dem Hintergrund leise und unauffällig Geselligkeit und Menschlichkeit.
Dafür danken wir Dir, Ulrike. Und so wollen wir Dich in Erinnerung behalten: mit einer Blüte im Haar.
Die Bestattung von Ulrike Kohl findet am Freitag, den 14. Februar 2025, am Südfriedhof in Frankfurt am Main statt.