
Mit dem italienischen Gruß „Buona sera“ begrüßte Jorge Bergoglio freundlich lächelnd die Menschen auf dem Petersplatz unmittelbar nach seiner Wahl zum Papst am 13. März 2013. Genauso schlicht war sein letzter öffentlicher Gruß am 20. April 2025, als er sich von Krankheit gezeichnet durch das Mikrofon mit leiser und gebrochener Stimme nach dem Ostersegen „Urbi et Orbi“ mit einem „Buona Pasqua“ verabschiedete.
Die meisten Medien hatten ihren Nachruf schon fertig, als am Ostermontag, den 21. April 2025, sein Tod gemeldet wurde. Genauso umstritten wie sein Pontifikat, so widersprüchlich waren die Urteile über diesen Mann, der auf den Titel des „Stellvertreters Christi“ verzichtete, sich bescheiden als „Bischof von Rom“ bezeichnete und gleichzeitig als Chef im Vatikan von manchem gefürchtet war.
Schon die Annahme des Papstnamens Franziskus mit dem unmissverständlichen Verweis auf den italienischen Nationalheiligen Franz von Assisi führte vor Augen, dass dies ein unprätentiöser Pontifikat wird und Franziskus jenseits von festgefahrenen Gebräuchen sein Amt ausüben würde. Und so kam es auch. Er ist der erste Papst seit der Renaissance, der sich nicht darauf beschränkte, dem Amt zu genügen, sondern das Amt und die römische Kirche zu verändern und allenfalls mit seiner Persönlichkeit auszufüllen.
Dieser Politikstil – den die päpstliche Verwaltung unter Papst Johannes XXIII. noch einzufangen vermochte – kennzeichnet weltweit die Politikergenerationen seit gut 20 Jahren. Nicht selten verlieren solche Politiker die Dienstfunktion, die sie in einem Staatsamt auszufüllen haben, aus dem Blick. Sehr schnell machen sie sich selbst zum Maßstab allen Handelns und öffnen dem, von Franziskus’ Vorgänger Papst Benedikt geschmähten „Relativismus“, Tür und Tor.
Franziskus Wille zur Veränderung war nicht um der Veränderung willen, sondern war zukunftsgewandt und mutig. So wie er jedoch manchen konservativen Gläubigen verstörte, so hatte er auch Modernisten oder Fortschrittsgläubige gleichermaßen enttäuscht. Hatte er den Gottesdienst im Tridentinischen Ritus aus dem Kirchenschiff von St. Peter in die Krypta verbannt und damit „unsichtbar“ gemacht, so hatte er gleichwohl die Synodalität in der Kirche befördert und gleichzeitig den sogenannten „synodalen Weg“ der deutschen Bischöfe und Laien in Deutschland als falsch und häretisch gegeißelt.
Weil er vor allem für viele Medienvertreter nicht verlässlich einzuschätzen war und weil er ihren persönlichen Wünschen nicht entsprach, verlor Franziskus mit der Zeit deren Interesse und Wohlwollen. Dabei ist bei allem Reformeifer und Gestaltungswillen des Papstes den meisten nicht klar gewesen, dass auch Papst Franziskus immer katholisch gewesen und geblieben ist. Sie haben spätestens als Papst Franziskus sich entschieden gegen die Abtreibung aussprach, diesem Papst die Gefolgschaft verweigert. Aber diese Bewertung erfolgt nur aus europa- oder deutschlandzentrierter Sicht und entstammt dem hier vorherrschenden Besserwissertum. Weltweit ist der Blick auf den Latino-Papst aus Buenos Aires positiver, als wir Deutschen es zu beschreiben vermögen.
Die Überlegungen, wer Nachfolger werden könnte, überschlugen sich bereits, als Franziskus mit seiner Lungenentzündung und einer Niereninsuffizienz bis zum 23. März 2025 im Krankenhaus war. Ein Afrikaner wäre dran; Namen werden genannt, alle farbigen Kardinäle unter 80 Jahren sind dabei. Wir Deutschen kennen sowieso keinen von ihnen. Und unsere Journalisten, die gleichen, die uns in den letzten Jahren in ihren Gazetten die Corona- oder Klimapolitik der Bundesrepublik erklärt haben, tun so, als wenn sie über Geheimwissen verfügen und gerieren sich als Vatikanexperten. Warum wird übrigens kein Asiate genannt? Der Grund ist einfach! Was soll’s. Alles, was wir in den nächsten Tagen dazu lesen werden, ist Kaffeesatzleserei. Wer als Papabile ins Konklave geht, kommt als Kardinal wieder raus. So lautet eine alte römische Weisheit.
Und eine weitere Weisheit gibt es: Schaut man sich die Spekulationen über einen Nachfolger an, so sind es jene Journalisten, die sich vor einigen Jahren enttäuscht von Franziskus abwandten, die jetzt laut im Blätterwald die Botschaft vom innerkirchlichen Reformstau berichten, den Franziskus hinterlassen habe. Wieder werden Erwartungen formuliert, die kein Papst zu erfüllen bereit sein wird. Wir sehen, die Berichterstattung ist geprägt von Wunschdenken. Je mehr sich die ohnehin zumeist kirchenfeindliche Presse in Deutschland wünscht, desto weniger werden diese Wünsche in Erfüllung gehen. Auch das Papsttum will und wird am deutschen Wesen nicht genesen.
Einen Asiaten, Afrikaner oder warum nicht auch einen Australier zu wählen, weil er aus besagtem Kontinent kommt, wird nicht ausreichen für das Papstamt, der letzte Staat mit einer Wahlmonarchie als Staatsoberhaupt. Für Symbolpolitik ist auch bei der Wahl des Papstes keine Zeit, das hat uns schon die Wahl von Franziskus gelehrt. Dafür geht es allen viel zu schlecht, auch der römischen Kirche!
Pragmatismus ist gefragt. So werden wir einfach abwarten, wer gewählt wird, und die römisch-katholische Kirche in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten führen wird.
Ein letzter Hinweis für jene, die den Weihnachtsfilm 2024/25 mit dem Titel „Konklave“ im Kino gesehen haben. Nichts von dem, was dort zu sehen war, entspricht der Realität. Der Film ist reine Fiktion. Beteiligen Sie sich also – wenn es geht – nicht an den Spekulationen. Wer einen solchen Spielfilm schaut, wird noch nicht zum Vatikanexperten.
Und deswegen wird auch der nächste Papst wieder ein Katholik.
Dr. Michael F. Feldkamp hat Geschichte und Katholische Theologie in Bonn und an der Päpstlichen Universität Gregoriana studiert. Er ist Autor zahlreicher Bücher u.a. über päpstliche Diplomatie, Papst Pius XII. oder die katholische Kirche im Nationalsozialismus.