
Nach dem Eindringen mehrerer russischer Drohnen in den polnischen Luftraum hat das Land nun den Artikel-4-Fall des Nordatlantikvertrags der NATO ausgelöst. Dieser sieht verpflichtende Konsultationen des Bündnisses vor und gilt als schwächere Variante des Artikels 5, der im Fall eines Angriffs auf NATO-Gebiet die Beistandspflicht auslösen würde.
Die russischen Drohnen waren in der Nacht zum Mittwoch aus dem ukrainischen und weißrussischen Luftraum nach Polen eingedrungen und wurden zum Teil von NATO-Kampfjets abgefangen. In der Nacht befand sich Polens Luftabwehr in höchster Alarmbereitschaft; zeitweise wurden alle zivilen Flughäfen im Land geschlossen. Mindestens eine Drohne schlug dabei in ein polnisches Wohnhaus in der Grenzregion zur Ukraine ein.
Polens Ministerpräsident Tusk erklärte, man habe es „mit einer groß angelegten Provokation“ zu tun. Sein Land sei bereit, diese abzuwehren. „Die Lage ist ernst, und wir müssen uns ohne Zweifel auf verschiedene Szenarien vorbereiten.“
Derweil erhöhen die polnischen Streitkräfte ihre Einsatzbereitschaft, gerade in den vier östlichen Woiwodschaften. In Podlachien, Masowien, Lublin und Karpatenvorland müssten Soldaten und Reservisten sich besonders bereit halten. Sie müssten innerhalb von sechs Stunden einsatzbereit sein.
Der Abschuss von russischen Drohnen stellt eine neue Eskalationsstufe zwischen Polen und Russland dar. Bereits am Dienstagnachmittag ließ das osteuropäische Land die Grenze zu Belarus schließen, nachdem Russland gemeinsam mit seinen Verbündeten dort das Militärmanöver „Sapad“ (zu Deutsch: „Westen“) nahe der polnischen Grenze abhalten möchte. Dieses soll polnischen Angaben zufolge sich mit einer möglichen Eroberung der sogenannten Suwalki-Lücke (was die Abtrennung des Baltikums vom Rest Europas zur Folge hätte) beschäftigen.