Natürlich gab‘s Geld von der Filmförderung: Arte sendet grottenschlechte Satire über Nazi-Papagei

vor 5 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Arte zeigt eine Gesellschaftssatire, die keine ist, sondern nur eine komplett humorbefreite Groteske um einen Papagei mit Nazi-Tourette. Noch dazu in Überlänge. Hier erfahren Sie alles über den Film, ohne ihn sehen zu müssen. Schnallen Sie sich an!

Arte, mal wieder. Zwischen Reportagen über unfair behandelte kolumbianische Kaffeebauern und „Jean-Jacques Bidet tanzt die Lottozahlen“ laufen auf dem deutsch-französischen Kultursender immer wieder Filme, für die Menschen nur unter Gewaltandrohung ins Kino gehen würden. Öffentlich-rechtliches Bezahlfernsehen eben.

Wenn eine deutsche Komödie oder Gesellschaftssatire angekündigt wird, ahnt man im Voraus, dass es rein gar nichts zu lachen gibt. Das muss man auch erst mal hinkriegen als Regisseur, peinvolle 105 Minuten abzudrehen (Überlänge!), die einem nicht eine Sekunde auch nur den Anflug eines Lächelns auf die Lippen zaubern können. Selbst in „Schindlers Liste“ gab es zwei, drei witzige Szenen. In „Kommt ein Vogel geflogen“ nicht.

Die Idee soll auf einem wahren Fall basieren. Wie Regisseur Christian Werner und Autorin Stefanie Fies berichten, gab es in einem bayerischen Tierheim einmal einen Papagei, der Hitler imitierte. Das artengeschützte Tier durfte wegen Volksverhetzung nicht weitervermittelt werden, es kam zu einem Rechtsstreit, über dessen Ausgang nichts bekannt ist.

Nun zum Film. Birgit Singer (Britta Hammelstein) ist Leiterin eines Tierheims, das gerade in Nöten ist, weil es einem Kurhotel weichen soll. Die Öffentlichkeitsarbeit wird erschwert, als ein artengeschützter Gelbbrust-Ara eintrifft, dessen Besitzer gestorben ist. Der Papagei mit Namen Marlene hat offenbar einem Nationalsozialisten gehört oder zu viele Guido-Knopp-Dokus plus Werbespots gesehen, denn sein Sprachschatz beschränkt sich auf einschlägige Parolen („Rotfront verrecke!“, „Marsch, Marsch! Dreckspack!“, „Sieg Heil!“, „Wollt ihr den totalen Krrrr…“), natürlich mit rollendem R vorgetragen. Dazwischen dann Werbeslogans wie „Mars macht mobil.“

Marlene krächzt Nazi-Parolen und Werbeslogans. Könnte witzig sein, ist es aber nicht.

Zuweilen ist das Gekrächze auch kaum zu verstehen, aber das gilt ja für den ganzen Film, der mehr oder weniger im Dunkeln spielt und Bilder aus der Wackelkamera liefert. Avanti Dilettanti! Zurück zum Plot. Birgit ist verheiratet mit dem Juden Nathan (Hans Löw), einem Lauch, der schon ewig an seiner Doktorarbeit sitzt, während sie das Geld verdient. Sarah (Pola Friedrichs), die kleine Tochter der beiden, ist sprachbehindert, sie stottert und wird von den anderen Kindern im Kindergarten gehänselt.

Birgit nimmt den Ara mit nach Hause, damit er das Tierheim nicht in Verruf bringt, dort freundet sich die Tochter mit dem Tier an. Sie findet Marlene „liebenswert, egal wie sie redet“ („SA marschiert … Herrenrasse! Volksverräter! Drei-Wetter-Taft, Heil Hitler!“). Das sind ganz schlimme Wörter, erklärt ihr die Mutter. Und gerade besonders unpassend, weil sich Nathans Eltern, die in Frankreich leben, spontan zu einem ersten (!) Besuch bei der Familie in der Kleinstadt Knielingen ankündigen.

Ein Lokaljournalist erfährt vom Nazi-Tourette des Aras und plant eine Geschichte darüber („Knielinger Familie nimmt Nazi-Papagei auf“). Aus Angst davor erwirbt Birgit einen zweiten Gelbbrust-Ara, den sie dem Journo auf den Schreibtisch stellt. Er solle dem Vogel zuhören. Der Journo souffliert dem Vogel: „Heil Hitler?“

Daheim nerven Nathans Eltern, die überspannte Mirjam (Ulrike Krumbiegel), die immer noch darauf hofft, dass Birgit, die „Tierheim-Schickse“, konvertiert, und Eli (Michael Wittenborn), der einzige Charakter, der einem nicht auf den Zeiger geht. Er sagt der Enkelin, was „Shalom“ bedeutet (Frieden). Wenigstens hier hätte man einen Kalauer einbauen können (Und was heißt El Shalom? Elfriede.), aber nichts da. Das Verhältnis der Großeltern zueinander ist übrigens ebenso verkorkst (Mirjam ist selbst „nur“ zum Judentum übergetreten und gibt sich jüdischer als der Rabbi) wie das von Nathan und Birgit und das aller beteiligten Personen untereinander. Fast so schlimm wie das Drehbuch.

Eine schrecklich öde Familie.

Das sieht unter anderem noch vor, dass eine Frau Schneider vom Jugendamt bei den Singers aufkreuzt, ein Rudel Polizisten das Haus stürmt, Birgit erst versucht, den Ara auszusetzen, später sogar vom Leben zum Tode zu befördern, es dann aber als tierliebe Vegetarierin nicht übers Herz bringt. Dass sie wegen der verbotenen Äußerungen des Papageis in Verdacht gerät, „rechts“ zu sein, setzt ihr ebenso zu wie die häusliche Situation, sie wirft im Tierheim das Handtuch.

Richtige Nazis gibt’s natürlich auch in Knielingen, eine Kerstin Landauer vom „Bund der besorgten Bürger“ (kicher-kicher), die auf deutsche Schäferhunde steht, und einen ganzen Haufen Faschisten, die mit Fackeln unterwegs sind. Nathan hat ihnen den Ara („Wollt ihr den totalen Krrr“, „Raider heißt jetzt Twix!“) ausgeliefert, aber das erfährt Birgit erst später – und rettet Marlene. Nazi Paul zündet die Familienkarre an, ein blinder Richter (har-har!) verfügt, dass der Ara („Grrroßdeutschland!“) nicht eingeschläfert wird (Artenschutz!), dass aber das „stimmbildende Organ des Tieres vollständig entfernt werden muss“.

Der Fackelzug bürgerlich auftretender Nazis musste auch noch sein.

Dazu kommt es dann nicht mehr, weil Sarah den Ara („Rotfront verrecke! Shalom!“) freilässt. Der kackt dann in der Schlussszene auf das Wahlplakat von Kerstin Landauer. Puh. Geschafft. Den ganzen Film! Mit Überlänge!

Ein Rätsel bleibt das Filmdienst-Urteil: „Der charmante Zwitter aus tragikomischem Familiendrama und Gesellschaftssatire überzeichnet das alltägliche Gebaren der Menschen nur dezent, wandelt sich darüber aber flugs zur vergnüglichen Groteske.“ Dabei ist Satire hier nicht einmal in Spurenelementen zu erkennen, es gab schon Beerdigungen, bei denen mehr gelacht wurde, und für ein Drama wurde zu viel gewollt, man hat unter Nichtbeachtung einer gewissen Dramaturgie einfach alles in die 105 Minuten gepackt: Tierschutz und Veganismus, Deutsche und Juden, Behinderung und Mobbing, Eheprobleme und vor allem: jede Menge Nazis für das dextrophobe Publikum. Nur der Humor, der bleibt die ganze Zeit über absent.

Ist aber offensichtlich niemandem aufgefallen. Dem Drehbuchautor wurde nicht gesagt: „Rufen Sie nicht an, wir rufen Sie an“, alle taten, was sie eben tun mussten und die MFG Filmförderung Baden-Württemberg und DFF Deutscher Filmförderfonds haben auch noch Geld dafür lockergemacht. Wer über eine masochistische Ader verfügt, kann den Film heute Abend um 20.15 Uhr bei Arte oder in der Mediathek sehen.

Der Papagei des Rezensenten krächzt übrigens seit Stunden „Mein Gott!“, „Was für ein Dreck!“ und „Öffis in Grund und Boden privatisieren!“. Keine Ahnung, woher er das hat.

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