
Beim Norddeutschen Rundfunk gärt es weiter: Linke Sendermitarbeiter, darunter mehrere mit Migrationshintergrund, stoßen sich an dem neuen Format “Klar” und vor allem an dessen Moderatorin Julia Ruhs, weil diese in ihrer ersten Sendung vom 9. April 2025 das Tabuthema Migrantengewalt aufgegriffen und dabei angeblich “rechtspopulistische Narrative” bedient hatte. Dass in dem emotionalen Beitrag Michael Kyrath zu Wort kam, dessen Tochter von einem palästinensischen Flüchtling ermordet wurde, und zudem die Grünen-Nachwuchspolitikerin Jette Nietzard mit kritischen Fragen zur Migrationspolitik konfrontiert wurde, stieß den Beschwerdeführern übel auf. Aus ihrer Sicht sei die Art und Weise, wie „Klar“ das Thema behandelt habe, mit einer “Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit” nicht vereinbar; Ruhs und die Redaktion seien “unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gemäß NDR-Staatsvertrag” nicht nachgekommen.
Diese Woche war ein interner Protestbrief an Geschäftsführung, Programmdirektion und Chefredaktion öffentlich geworden, in dem 20 NDR-Mitarbeiter Konsequenzen fordern; darunter sind auch bekannte Namen wie Daniel Anibal Bröckerhoff und Lea Eichhorn von “Zapp”, Anna Marohn von “NDRinfo” oder Auslandsreporter Patric Seibel. Als Initiator gilt der Radiomoderator Milad Kuhpai. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet. Der Brandbrief wurde innerhalb der NDR-Belegschaft zur digitalen Unterzeichnung weiterverbreitet und inzwischen von einer unbekannten Zahl an NDR-Mitarbeitern unterschrieben. Ziel ist es offensichtlich, die Absetzung des Formats zu erzwingen und die unbequeme Kollegin Julia Ruhs wegzumobben.
Was hat der Sender zu dem internen Aufstand zu sagen? Leider gar nichts. “Tichys Einblick” wollte vom NDR wissen, wie sich die Senderleitung zu den Vorwürfen äußert, ob redaktionelle, programmbezogene oder personelle Konsequenzen erwogen werden und wie es mit „Klar“ und Julia Ruhs weitergeht. In seiner Antwort erklärt der NDR lapidar, der “interne Austausch” werde “vertraulich behandelt”, weshalb man zu dem Fall keine öffentlichen Auskünfte erteilte. Der NDR fördere “eine offene Diskussionskultur und schützt seine Mitarbeitenden”.
Wenigstens das Gendern funktioniert – während es um die Transparenz leider weniger gut bestellt ist. Dass der Sender mauert, ist so arrogant wie ärgerlich – besteht hier doch durchaus ein erhebliches öffentliches Interesse, namentlich der Gebührenzahler. Denn wie kaum eine andere ÖRR-Sendung der jüngeren Vergangenheit hatte “Klar” für heftige öffentliche und mediale Reaktionen gesorgt. Die Redaktion hatte offensichtlich einen Nerv getroffen, indem sie dem Elefanten im Raum nicht auswich, sondern die übliche Schweigespirale in Sachen importierter Migrantengewalt durchbrach – und genau dagegen laufen die der Vielfaltsdoktrin ergebenen NDR-Seilschaften Sturm.
Da wäre es schon wichtig zu wissen, wer sich bei diesem internen Richtungsstreit durchsetzt und wie es mit “Klar” weitergeht. Kann die Sendung als für ARD-Maßstäbe außerordentliches, da erfrischend ideologiefreies neues Sendeformat weiterbestehen? Oder wird das Format auf Linie gebracht und Julia Ruhs durch einen politisch zuverlässigeren Nachfolger ersetzt? Doch diesbezüglich hüllt man sich in Hamburg in Schweigen. Der NDR verweist lediglich auf das, was schon bekannt ist: “‘Klar‘ ist als Pilot auf drei Folgen angelegt, die weiteren Folgen sind für Mai (21.5.) und Juni (11.6.) geplant.” Die Evaluierung des Piloten erfolge, so der Sender, “wie üblich nach Abschluss der Pilotphase”.