„Nebenwirkungsfrei“, „Sprengstoff in Form von Pflanzen“ und ein Fernseher, der Energie erzeugt: Die größten Fails der Faktenfinder

vor 3 Monaten

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Bildquelle: NiUS

„Ist es wirklich so, dass die Meinungsfreiheit nur dann gewährleistet ist, wenn jeder alles schreiben und senden darf, was er will, egal ob richtig oder falsch?“ Mit diesen verstörenden Worten reagierte CDU-Chef Friedrich Merz auf die Ankündigung von Meta-Chef Zuckerberg, in Zukunft keine Faktenchecker mehr auf seinen Plattformen einzusetzen.

Merz’ Gedanken sind das Resultat des jahrelang zementierten Behauptung, es gebe Menschen, die Zugang zu einer höheren Wahrheit haben. Dabei zeigen die letzten Jahre, Jahrzehnte und Jahrhunderte: Faktenchecker checken keine Fakten auf Korrektheit, sie checken Meinungen auf ideologische Richtigkeit und Reinlichkeit. Wir haben einige Fails von Faktenfindern gesammelt:

1. „Nebenwirkungsfreie Corona-Impfung“

In wenige Themen verbissen sich Journalisten in der Corona-Zeit mit derart großem Furor wie in der Corona-Impfung. Es war nicht nur Karl Lauterbach, der als Gesundheitsexperte mit seinem Harvard-Studium und der Behauptung, er würde jede Nacht dutzende wissenschaftliche Studien wegsuchten, Vertrauen gerierte, um zu behaupten, die Corona-Impfung sei „praktisch nebenwirkungsfrei“. Auch unzählige Faktenchecker, von denen nur eine geringe Zahl jemals wissenschaftlich gearbeitet haben dürften, maßten sich mit einem Mal an, der Bevölkerung medizinische Ratschläge zu geben. In dutzenden Artikeln negierte man die simple Tatsache, dass kein Medikament mit Wirkung ohne Nebenwirkung sein kann. In einem Faktencheck von Correctiv aus dem Februar 2021 hieß es stattdessen: „Daraus geht keine Gefahr bleibender Schäden durch den Impfstoff hervor.“

Dass selbst ein Arzneimittel mit extrem geringer Nebenwirkungsrate bei einer bevölkerungsübergreifenden Anwendung bei manchen Menschen gravierende Schäden hinterlassen wird, ist eine einfache Formel, die man nicht benannte, um Menschen davon abzuhalten, eine selbstbestimmte Entscheidung über ihren eigenen Körper zu treffen.

Betrachtet man den Tod als größten möglichen Schaden, wird man hierzu beim Paul-Ehrlich-Institut fündig, das 2023 in einer Mitteilung bekanntgab: „Die absoluten Zahlen der Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang nach einer Impfung, die als konsistent mit der Verursachung durch eine COVID-19-Impfung bewertet wurden, sind aber sehr gering“. Heißt im Klartext: Es sind Menschen an der Corona-Impfung gestorben. Die Correctiv-Behauptung war für einige Menschen eine tödliche Desinformation.

2. Sprengstoff in Pflanzen

Ein anschauliches Beispiel dafür, dass Faktenfinder eben auch nur ganz normale Menschen mit teilweise relativ limitierten Fähigkeiten sind, zeigt der Artikel „Weitere Unstimmigkeiten im Hersh-Bericht“. Der ARD-„Faktenfinder“ übersetzte darin aus dem Englischen „plant shaped C4 charges“ („C4-Hohlladungen platzieren“) als „Sprengstoff C4 in Form von Pflanzen“. Plant als Verb bedeutet „platzieren“, die Faktenfinder verstanden das Wort hingegen als „Pflanze“. Der befragte Sprengtechnik-Experte konnte dann auch ausschließen, dass „Pflanzenattrappen zum Einsatz kamen“.

3. Fernseher, der Energie erzeugt

Die ARD, das selbsternannte Flaggschiff der Qualitätsmedien, war es auch, die eine vollkommen realitätsfremde Behauptung eines Mannes aus Simbabwe in Artikelform goss. „Der Erfinder Chikumbutso präsentiert einen Fernseher, der Energie generiert statt sie zu verbrauchen. Die Erfindung könnte Schule machen, aber für Innovationen aus dem südlichen Afrika gibt es wenig Aufmerksamkeit“, heißt es in dem inzwischen offline genommenen Artikel aus September 2022. Die Behauptung war zu schön, um wahr zu sein – die Tagesschau war auf einen Betrüger hereingefallen.

4. „Kinder verbreiten Corona ebenso stark wie Erwachsene“

Ein bizarres Beispiel dafür, wie wenig Wissenschaft teilweise hinter dem Wissenschafts-Getöse von Faktencheckern steckt, ist die Diskussion in der Corona-Zeit darüber, ob Kinder das Coronavirus ebenso stark verbreiten wie Erwachsene. Sowohl zahlreiche nationale Gesundheitsbehörden anderer Länder sowie deutsche Fachgesellschaften wie beispielsweise die Deutsche Fachgesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin erklärten bereits in einer frühen Phase, dass Kinder wegen ihres geringeren Lungenvolumens und geringerer Viruslast deutlich weniger ansteckend seien. Auch die WHO teilte im März 2020 mit: „Kinder sind ein wichtiger Faktor für die Übertragung von Influenzaviren in der Bevölkerung … beim Coronavirus deuten erste Daten aus China darauf hin, dass Kinder von Erwachsenen infiziert werden und nicht umgekehrt.“

Trotzdem verteidigten deutsche Faktenchecker und Journalisten mit Inbrunst und großer Reichweite einseitig die Fakenews, die ihr Lieblings-Wissenschaftler, der deutsche Virologe Christian Drosten in einer schlampig über Nacht zusammengewürfelten Arbeit bestätigt zu wissen glaubte: Dass Kinder das Coronavirus ebenso stark weiterverbreiteten wie Erwachsene. Das Narrativ verfestigte sich, die Schulen in Deutschland blieben laut einer Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) insgesamt unglaubliche 183 Tage geschlossen.

5. Corona-Impfpflicht

Während die zweite Phase der Corona-Pandemie von Faktenchecks rund um den Impfstoff selbst geprägt war, ging es im ersten Jahr vor allem darum, Menschen mundtot zu machen, die vor einer drohenden Impfpflicht warnten. „Niemand wird in Deutschland gegen seinen Willen geimpft“, schrieb und sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im März 2020 auf X. Und weiter: „Auch die Behauptung, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen, ihre Grundrechte verlieren, ist absurd & bösartig. Lassen Sie uns Falschnachrichten & Verschwörungstheorien gemeinsam entgegentreten.“

„Verschwörungstheoretiker wie Jebsen fürchten eine ‚Impfpflicht über die Hintertür‘, wie er in einem über 2 Millionen Mal geklickten YT-Video sagt. Wer keinen Immunitätsausweis habe, könne an bestimmten Veranstaltungen nicht mehr teilnehmen, so die Befürchtung“, heißt es auch im ZDF-Artikel „Was ist dran am Impfzwang-Geraune“ aus dem Mai 2020, der inzwischen gelöscht ist.

Was als Desinformation gebrandmarkt wurde, war nur ein Jahr später Realität. Die Einführung von 2G in weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens und die Bundestagsabstimmung über eine – am Ende gescheiterte – allgemeine Impfpflicht sowie die Einführung der sektoralen Impfpflicht für Gesundheitspersonal und Soldaten, zeigen: Der „Verschwörungstheoretiker“ Jebsen hatte Recht.

6. Wetterphänomene und der Klimawandel

Auch NIUS wurde bereits gefaktencheckt. Faktenfinder der ARD fühlten sich nach Lektüre eines NIUS-Artikels zur Klarstellung berufen. „Lokale Wetterphänomene sprechen nicht gegen Klimawandel“ heißt der Artikel aus dem Jahr 2023. Eine Behauptung, die NIUS überhaupt nicht aufgestellt hatte. Vielmehr gingen wir auf die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien ein, die Wetterphänomene gerne als Beleg für das Voranschreiten des Klimawandels nutzen, wenn sie in diese Richtung gedeutet werden können – beispielsweise bei Waldbränden im Sommer – und die bei gegenteiligen Entwicklungen, wie beispielsweise kühlen Temperaturen im Sommer, plötzlich nicht müde werden, zu betonen, diese seien kein Beleg gegen den Klimawandel.

Fakten wie die Tatsache, dass Waldbrände immer weniger werden, sowohl in Zahl wie an der Fläche (siehe dieser Bericht der Europäischen Kommission), nimmt man in Faktenfinder-Redaktionen nur zähneknirschend zur Kenntnis und verlagert den Fokus, um am Ende doch noch eine negative Entwicklung konstatieren zu können. „Die alleinige Betrachtung der Anzahl an Waldbränden lässt außer Acht, dass auch die verbrannte Fläche und Intensität eines Waldbrandes relevante Faktoren sind, um das Ausmaß eines Waldbrandes und den Einfluss des Klimawandels zu bewerten“, schreibt Correctiv im September 2023 in einem Faktencheck.

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7. Galileo Galilei und die Beschleunigung

Galileo Galilei ist ein gutes Beispiel dafür, dass man auch scheinbar fest gefügte Übereinkünfte immer infrage stellen kann und muss. Nachdem die Wissenschaft rund 1000 Jahre lang die These von Aristoteles (384–322 v. Chr.), wonach ein großer Stein schneller zu Boden fällt als ein kleiner Stein, für absolut schlüssig hielt, konnte Galilei beweisen, dass auf der Erde beide Steine gleich schnell fallen, weil die Masse der Erde so überproportional größer ist, dass die Masse der Steine für die Beschleunigung irrelevant ist.

8. Alfred Wegener und die Plattentektonik

Und das ist kein Einzelfall. „In der Wissenschaft gab es immer wieder Erkenntnisse, die Lehrmeinungen über den Haufen geworfen haben“, sagt der Kabarettist und Physiker Vince Ebert und nennt als Beispiel Alfred Wegener, der die Kontinentalverschiebungstheorie, die Plattentektonik, formuliert hatte. „Er wurde von der gesamten wissenschaftlichen Elite ausgelacht. Ignaz Semmelweis, der herausfand, dass das Kindbettfieber von Ärzten ausgelöst wurde, die sich nicht die Hände gewaschen hatten, wurde von den etablierten Ärzten für verrückt erklärt.“ Ebert nennt es das „Nach oben“-Irren der Wissenschaft und verweist in seinen Büchern darauf, dass Forschung geradezu davon lebt, dass die Meinungen eben nicht in „Balance“ sind.

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