
US-Präsident Donald Trump schockiert erneut die halbe Welt. 1,8 Millionen Palästinenser sollen den Gazastreifen verlassen, die USA übernehmen die Verantwortung für den schmalen Küstenstreifen im Süden Israels. Entstehen soll eine neue „Riviera des Nahen Ostens“.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu durfte erfahren, was wirkliche Freundschaft mit Israel bedeutet: Symbolträchtig hatte der neugewählte US-Präsident ihn als ersten offiziellen Staatsbesucher eingeladen. Während Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) die Treue der Bundesregierung zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) betont und damit implizit droht, Netanjahu bei einem Besuch in Berlin angesichts eines IStGH-Haftbefehls zu verhaften, demonstrierte Trump, was Solidarität mit dem leidgeprüften, weithin verteufelten jüdischen Staat bedeutet.
Denn seit der Staatsgründung 1948 verteidigt sich das Land von der Größe Hessens gegen arabische Raketen, Bomben und Armeen, gegen palästinensische Terroristen und Milizen, gegen den Hass der halben Welt – wobei zuweilen der Eindruck entsteht, es sei so gut wie die ganze Welt, die Israel an den Pranger stellt. Dem hat Trump nun nachhaltig ein Ende gemacht: Israel hat den mächtigsten Staat der Welt fest an seiner Seite. Das ist die wichtigste Botschaft des Treffens in Washington.
Für Netanjahu und offensichtlich auch für Trump hat das jüngste Massaker in Israel am 7. Oktober 2023, federführend von der im Gazastreifen dominanten Hamas geplant und ausgeführt, noch einmal deutlich gemacht, was die „palästinensische Sache“ wirklich ausmacht: das Ziel, Israel von der Landkarte zu tilgen, den verhassten Juden den Garaus zu machen.
Weder der nüchterne, geerdete Trump noch der erfahrene, desillusionierte Netanjahu glauben an den Traum naiver Friedenstifter allerorten einer „Zwei-Staaten-Lösung“. Beide Politiker denken, dass jeder palästinensische Staat über kurz oder lang von Terroristen und Islamisten dominiert werden würde, die die Juden am liebsten ins Meer schmeißen wollen.
Diese Einschätzung resultiert aus der Geschichte des Gazastreifens, der 2005 vollständig von den Israelis geräumt worden war, ebenso wie aus den Erfahrungen mit dem autonomen Palästinensergebiet im Westjordanland. Nicht vergessen sind auch die erfolglosen Versuche der US-Präsidenten Bill Clinton und George W. Bush, einen für beide Seiten akzeptablen Frieden zu erzielen – jedes Mal scheiterten die Verhandlungen am Unwillen der Palästinenser, Kompromisse und uneingeschränkt das Existenzrecht Israels zu akzeptieren. Heute verkünden die Mullahs in Teheran ebenso wie die Führer der Palästinenser-Organisationen unverblümt ihren Willen zu einem Palästina „from the river to the Sea“, vom Jordanfluss bis zum Mittelmeer. Kein Platz für einen jüdischen Staat.
Trumps Vision für den Gazastreifen, die auf den ersten Blick unrealistisch und nicht umsetzbar erscheint, wird nur verständlich mit dem Blick auf die Geschichte der „Palästinenser“, die nicht nur diese Bezeichnung für sich selbst in den 70er Jahren werbewirksam erfanden, sondern auch ansonsten weitgehend mit einer grotesken Geschichtsdarstellung auf ihren „Rechte“ beharren.
Dem palästinensischen Narrativ zufolge mussten bei der „Nakba“ Ende der 1940er Jahre etwa 700 000 Palästinenser Israel verlassen. Heute beanspruchen mehr als sechs Millionen Palästinenser, Nachfahren der damaligen Flüchtlinge zu sein – deshalb werden sie noch immer von der internationalen Flüchtlingshilfe der UN, der EU und vielen anderen Staaten finanziert. Deutschlands Beitrag dazu ist erheblich.
Dabei waren manche Gebiete und Ortsteile im Gazastreifen, die als „Flüchtlingslager“ geführt werden, zumindest vor dem jüngsten Waffengang der Israelis eher komfortable Vororte mit hervorragender Infrastruktur und unzähligen Einfamilienhäusern. Das alles liegt allerdings heute in Schutt und Asche, dank des „Freiheitskampfes“ der Hamas und anderer Islamisten. Schließlich war allen klar, dass das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust eine heftige Reaktion Israels mit dem Ziel der Zerschlagung der Hamas auslösen würde.
Aber wie realistisch ist die Aussiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen nach Jordanien, Ägypten und anderen arabischen Staaten? Den Reaktionen in diesen Ländern zufolge scheint es dafür kaum Chancen zu geben. Dabei könnte man sich gut vorstellen, dass viele Palästinenser, finanziell von den USA, Israel und dem Westen gut ausgestattet, freiwillig in ein arabisches Land umsiedeln würden, sofern sie dort willkommen wären.
Gar nicht absurd ist auch die Überlegung, dass der Westen unter Trumps Führung arabischen Staaten die Einwanderung von einigen Hunderttausend Palästinensern schmackhaft machen könnte; ein keineswegs sehr stabiles Königreich wie Jordanien würde sich einem massiven Druck der USA vielleicht auch nicht völlig verweigern können.
Vielleicht muss man Trumps Vorstoß auch als einen taktischen Schachzug begreifen. Den Palästinensern im Gazastreifen wird deutlich, dass schon allein der Verbleib in ihrer jetzigen Heimat keine Selbstverständlichkeit ist. Genauso wenig wie der von den USA und dem Westen finanzierte Wiederaufbau der zerstörten Städte und ihrer Infrastruktur. Trump sprach von einem „Höllenloch“.
Möglicherweise gibt es wenigstens einigen der stets fordernden und sich stets als Opfer definierenden Palästinenser eine Spur von Demut und Dankbarkeit – schließlich werden sie seit Jahren weitgehendst von der Weltgemeinschaft alimentiert.
Derzeit scheint zumindest eine baldige Umsetzung des Gaza-Plans von Trump schwer realisierbar. Schließlich war auch Netanjahu sehr vorsichtig mit seinen Worten, dem Plan vorbehaltlos zuzustimmen. Mit Sicherheit werden die Umsiedlungspläne auf den erbitterten Widerstand der Ayatollahs in Iran, aller Organisationen der Palästinenser und Islamisten und weiter Kreise in der arabischen Welt stoßen.
Auch wäre klar, dass solch gewaltige Bevölkerungsverschiebungen auch Flüchtlingswellen auslösen und wohl vor allem in Europa und damit besonders in Deutschland enden würden. Schon gibt es hier die ersten besorgten Stimmen. Veränderungen in Nahost werden mit Sicherheit neue Sehnsüchte nach Europa wecken – und angesichts der bereits in Europa lebenden Palästinenser werden viele auch im Zuge des „Familiennachzugs“ die Einreise beantragen. Arabische Familien sind groß. Annalena Baerbock: „Eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus Gaza wäre nicht nur inakzeptabel & völkerrechtswidrig. Dies würde auch zu neuem Leid und neuem Hass führen. Eine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen & Palästinenser hinweg darf es nicht geben.“
Trumps Demonstration seiner Verbundenheit mit Israel hat dort große Erleichterung und vielfach auch Begeisterung ausgelöst. Auch Netanjahus innenpolitischer Widersacher, Oppositionschef Benny Gantz, würdigte Trump mit fast überschwänglichen Worten als „wahren Freund Israels“. Energieminister Eli Cohen sprach von einem „historischen Morgen für den Staat Israel, den Nahen Osten und die Welt“.
Trump hat nicht nur in den Nahen Osten ein starkes Signal gesendet: die USA wollen sich unter seiner Präsidentschaft keineswegs isolationistisch aus der Weltpolitik verabschieden, wie manche in der EU geunkt hatten. Schließlich hat der US-Präsident sogar den Einsatz amerikanischer Streitkräfte im Gazastreifen nicht ausgeschlossen.
Zudem schätzt er die kaum vorhandene Friedensbereitschaft von Islamisten und Palästinensern realistisch ein und betrachtet Israel auch deshalb als einen wichtigen Außenposten des freien Westens.
Eine spannende Frage bleibt auch, wie Trump die Siedlungspolitik Israels im Westjordanland beurteilen wird. Israels Rechte träumt zuweilen von einer Annektierung von Judäa und Samaria, wie das Westjordanland in der Bibel genannt wird. Dort könnte es um die Umsiedlung von etwa 2,7 Millionen Palästinensern gehen – eine halbe Million jüdischer Siedler lebt da bereits.
In Brüssel und Berlin gibt es nun viel Stoff zum Nachdenken: bisher waren Europas Regierungen in Nahost als sehr spendabel, und ziemlich weltfremd und naiv bekannt. Großen Einfluss hat Europa in dieser Region ohnehin nicht. Aber Trump wird sie vermutlich zwingen, auch hier Flagge zu zeigen.