
Die Umorientierung der US-Außenpolitik ist in vollem Gange: Das hat Trump bereits mit seinem Auftreten gegenüber europäischen NATO-Partnern und Verhandlungen im Ukraine-Krieg gezeigt. In Brüssel spricht man von einer „Abkehr von Europa“, weil Trump das US-Militär zunehmend vom alten Kontinent wegorientierung und mitunter rabiat ukrainische Zugeständnisse in Friedensverhandlungen mit Russland einfordert.
Weg von Europa, das bedeutet vor allem: Fokus hin auf Asien und konkret China – dass sich so die neue Trump-Geopolitik abzeichnet, haben wir bei Apollo News schon häufiger analysiert. Neue Signale aus dem Pentagon untermauern das jetzt. So berichtete die Washington Post kürzlich über ein neues geheimes Memorandum von US-Verteidigungsminister Hegseth, das ganz klar die Prioritäten der US-Streitkräfte unter Trump absteckt. Darin heißt es, man sei bereit „Risiken auf anderen Schauplätzen“ außerhalb Asiens einzugehen, um China in Schach zu halten.
Denn Personal und Ressourcen des US-Militärs seien nicht unendlich, man müsse sich auf einen Gegner fokussieren. Russland oder Iran müssten dagegen zunehmend die jeweiligen regionalen Verbündeten in Europa und dem Nahen Osten in Schach halten, nicht mehr Amerika.
„Außergewöhnlich ist die Beschreibung einer möglichen Invasion Taiwans als einziges Szenario, dem Vorrang vor anderen potenziellen Gefahren eingeräumt werden muss“, meint die Post über das Pentagon-Papier. Denn darin schreibt demnach Hegseth über die Pentagon-Prioritäten: „China ist die alleinige entscheidende Bedrohung für das [Verteidigungs-]Ministerium, und die Verweigerung einer fait accompli-Einnahme Taiwans durch China – bei gleichzeitiger Verteidigung des US-Heimatlandes – ist das alleinige entscheidende Ziel des Ministeriums.“
Dieser Fokus auf Taiwan passt ganz in die „Strategy of Denial“ („Strategie der Verweigerung“) von Trumps Militärstrategen Elbridge Colby, der frisch Pentagon-Vize geworden ist (das Apollo News-Interview mit ihm lesen Sie hier). Er argumentiert ebenfalls, dass die größte Gefahr für die US-Sicherheit eine chinesische Hegemonie über Asien ist, die ihren Anfang mit einer erfolgreichen Blitz-Invasion Taiwans nehme würde, die die Welt vor vollendete Tatsachen stellt. „Wenn also ein Krieg in Asien ausbricht, müssen sich die USA darauf konzentrieren“, meint Colby.
Abseits vom Schauplatz Indo-Pazifik und den USA selbst, nennt Hegseths Memo nur das „nahe Ausland“ der USA auf dem amerikanischen Kontinent selbst als hohe Priorität des US-Militärs. Erwähnt werden neben dem Zugang zum Panamakanal und Grönland auch der Schutz der US-Grenze und die Rückführung illegaler Migranten.
Zuletzt spitzt sich jedenfalls die Konfrontation im Pazifik weiter zu. Peking forciert dabei immer öfter, immer größere Militärmanöver rund um Taiwan. Befürchteter Hintergrund: Eine massive Militärpräsenz rund um die Inseln normalisieren und dann Taiwan und seinen Verbündeten kaum Zeit lassen, sollten die chinesischen Streitkräfte von Übung zu Blockade oder Invasion übergehen.
Derweil proben die USA – wenn auch entfernter – ebenfalls den Ernstfall. Wie jetzt durch japanische Medien publik wurde, haben die dortigen US-Truppen gemeinsam mit Japans Selbstverteidigungskräften im vergangenen Jahr eine Übung konkret für den Fall einer chinesischen Invasion Taiwans abgehalten. Die Militärplaner gingen dabei neben Luftangriffen auf US-Basen in Japan, auch von chinesischen Landungen auf der japanischen Yonaguni-Insel aus, die nur gut 100 Kilometer vor Taiwan liegt und die westlichste Insel Japans ist. In der Simulation schlug die japanische Luftwaffe mit Angriffen auf chinesische Kriegsschiffe und einer Landung japanischer Marineinfanteristen auf Yonaguni zurück.
Die Pläne zeigen, wie ernst man im Fall einer Taiwan-Invasion von einem direkten Konflikt zwischen China und den USA und Japan ausgeht. Aber klar war schon immer: Ohne amerikanische Beteiligung (und wahrscheinlich auch japanische Unterstützung) hätte die Inselnation gegen das übermächtige China kaum eine dauerhafte Chance. Genau deswegen nimmt es auch in der neuen Pentagon-Strategie so eine zentrale Rolle ein.
Zugleich ist offenbar der chinesischen Führung nicht ganz klar, wie man mit Trump umgehen sollte. Nach Trumps Zöllen gegen China (zusammengenommen wären es inzwischen die höchsten von allen Ländern) sprach Peking bereits davon, man sei „bereit, bis zum Ende zu kämpfen“ – und zwar „sei es ein Zollkrieg, ein Handelskrieg oder irgendeine andere Art von Krieg“. Gegenüber dem US-Militärportal 1945 erklärten Geheimdienstkreise jüngst gar eine chinesische Invasion Taiwans könne schon „in sechs Monaten“ passieren. In den Führungskreisen der kommunistischen Partei Chinas glaube man demnach daran, man könne Washington mit einer schnellen Invasion überrumpeln. Ob das aber angesichts der neuen Prioritätenverschiebung im Pentagon wirklich der Fall wäre, ist fraglich.
Fakt ist aber auch: Noch nicht alles von Hegseths verordneter Wende hin zu Asien, ist schon eingetreten. Zuletzt etwa hat die Trump-Regierung ihre Nahost-Präsenz verstärkt: Mit der Verlegung eines weiteren Flugzeugträgers in die Region und Luftschlägen gegen die Huthis mit Stealth-Bombern des Typs B-2 (wobei diese aufgrund ihrer Reichweite vom dortigen Standort Diego Garcia im indischen Ozean auch Ziele in China anfliegen könnten).
Gegen die Terroristen der Huthi-Wüstenmiliz verschießt dabei das US-Militär auch Hochpräzisions-Marschflugkörper vom Typ JASSM, obwohl deren Arsenal begrenzt ist und man sie auch bei einem Krieg im Pazifik benötigen würde – wo man es tatsächlich mit einem Hightech-Gegner zu tun hat. Wie schnell im Pentagon also der von Hegseth verordnete Wandel vollzogen wird, ist noch offen.