Neue Verfassungsrichterin? CSU signalisiert Unterstützung für SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf

vor etwa 7 Stunden

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CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat Unterstützung für die Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf angekündigt, die auf Vorschlag der SPD neue Verfassungsrichterin werden soll.

„Bei den Richterwahlen für das Bundesverfassungsgericht geht es um die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie“, sagte Hoffmann der Augsburger Allgemeinen. In Zeiten, in denen im Bundestag die radikalen Ränder stark wie nie seien, „braucht es ein geschlossenes Votum der Parteien der Mitte, um die Funktionsfähigkeit des höchsten deutschen Gerichts sicherzustellen“.

Der Wahlausschuss des Bundestags soll am Montagabend (20 Uhr) eine Empfehlung zur Nachbesetzung von drei Richterstellen am Bundesverfassungsgerichts abgeben. Gegen Brosius-Gersdorf hatte es zuvor Widerstände in Reihen der Union gegeben, nach Medienberichten unter anderem wegen ihrer Position zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Wie ist das Bundesverfassungsgericht künftig besetzt?

Die Juristin sprach sich öffentlich für eine Impfpflicht aus und bezeichnete sie als „verfassungsrechtliche Pflicht“. Sie behauptete, die Gesundheit der Geimpften werde von den Ungeimpften bedroht, was nachweislich nicht stimmte. 2020 hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Juristen Hubertus Gersdorf, erklärt, dass ein pauschales Kopftuchverbot („Neutralitätsgebot“) im öffentlichen Dienst nicht verfassungsgemäß sei.

Zudem ist Brosius-Gersdorf eine engagierte „Gegen Rechts“-Kämpferin, die mitunter im Stile einer linken Aktivistin auftrat. In der ZDF-Talkshow bei Markus Lanz forderte sie am 25. Juli 2024, AfD-Mitgliedern die Grundrechte zu entziehen, damit sie nicht gewählt werden könnten. „Wir sind eine wehrhafte Demokratie. Wir haben Schutzvorkehrungen gegen verfassungsfeindliche Parteien. Wir haben die Möglichkeit, Einzelpersonen Grundrechte zu entziehen“, erklärte sie. Zugleich bedauerte die Juristin jedoch, „dass damit natürlich nicht die Anhängerschaft beseitigt“ werden könne.

Gleichzeitig unterstützt die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht seit Jahren verbindliche Frauenquoten für die deutschen Parlamente. „100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ist eine Quote zur Steigerung des Frauenanteils im Bundestag ebenso wie in den Landtagen und Kommunalvertretungen überfällig“, schrieb sie 2019 auf dem Verfassungsblog.

Hoffmann appellierte an die Abgeordneten von CDU und CSU, die Vorschläge der SPD trotz kritischer Stimmen mitzutragen. Nichts wäre gewonnen, wenn der Kandidat der Union scheitere, weil die beiden SPD-Kandidatinnen scheiterten, sagte er. „Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sind so, dass wir unseren Wunschkandidaten nur im Paket mit weiteren Personalentscheidungen durchsetzen können.“

Spinner war Ende Mai von allen jetzigen Bundesverfassungsrichtern favorisiert worden. Die SPD will neben Brosius-Gersdorf die Jura-Professorin Ann-Katrin Kaufhold aufstellen.

Die zweite Kandidatin der SPD: Jura-Professorin Ann-Katrin Kaufhold.

Kaufhold ist Mitglied des Arbeitskreises Finanzmarktgesetzgebung beim Bundesministerium der Finanzen und wurde 2022 in die Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ des Landes Berlin berufen, die die Anliegen der Bürgerinitiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen als verfassungsgemäß einstufte. Außerdem ist sie Frauenbeauftragte der Juristischen Fakultät der LMU München.

Die 16 Rich­te­r und Richterinnen des Bundesverfassungsgerichts werden je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Aktuell sind gleich drei Posten vom Bundestag zu besetzen. Für einen hat die CDU/CSU das Vorschlagsrecht, für zwei die SPD. Im Wahlausschuss des Bundestags mit seinen zwölf regulären Mitgliedern ist eine Mehrheit von acht Stimmen nötig.

Da die CDU/CSU fünf Mitglieder hat, die SPD zwei und Grüne und Linke je ein Mitglied, könnte eine Mehrheit auch ohne Linke und AfD (drei Mitglieder) zusammenkommen. Die Union hat einen Grundsatzbeschluss, dass es weder mit der AfD noch mit der Linken parlamentarische Zusammenarbeit geben soll. Die Linke will hingegen im demokratischen Lager einbezogen werden.

Spricht der Ausschuss eine Empfehlung aus, wird darüber im Plenum abgestimmt. Diese Wahl steht aktuell für Freitag auf der Tagesordnung. Allerdings nicht im Paket, sondern es soll zunächst über einen Richter – wohl den von der Union nominierten Kandidaten – abgestimmt werden. Die Wahl von zwei weiteren Richterinnen steht dann etwas später auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des Bundestags vor der Sommerpause.

Für die Wahl im Plenum ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen nötig. Da die schwarz-rote Koalition eine Abhängigkeit von der AfD vermeiden will, sind Union und SPD also auf die Stimmen von Linken und Grünen angewiesen – falls alle Parteien bei der Abstimmung entsprechend ihrer relativen Stärke vertreten sind. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, hält ein Vorschlagsrecht der Linken bei der Wahl von Verfassungsrichtern für angemessen.

Gibt es mehr als 57 Abweichler, fällt die Kandidatin für das Amt der Verfassungsrichterin durch.

Ohne die AfD gebe es die nötigen Zwei-Drittel-Mehrheiten jetzt nur noch mit der Linken. „Deshalb schließe ich ausdrücklich nicht aus, dass irgendwann auch ein Vorschlag der Linken zum Zuge kommt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die CDU/CSU-Fraktion will Richter Günter Spinner vom Bundesarbeitsgericht für die Wahl aufstellen.Mehr NIUS: Wird Frauke Brosius-Gersdorf zur Verfassungsrichterin gewählt – oder durch CDU- und AfD-Stimmen verhindert?

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