
Die folgenden Analysen und Kommentare unserer NIUS-Autoren sind ein Auszug aus unserem wochentäglich erscheinenden Newsletter. Zum Abonnieren hier klicken.
Von Pauline Voss
Wer dieser Tage ein Museum besucht, dessen freier Blick auf die Kunst wird mitunter von belehrenden Info-Tafeln verstellt, die das Kunstwerk „einordnen“. Verlässlich moralinsauer klären diese Tafeln in aktivistischem Duktus über rassistische oder frauenfeindliche Darstellungen oder die koloniale Vergangenheit von Kunstwerken auf – und übersehen dabei oft, dass das Kunstwerk selbst durch seine Darstellung bestimmter gesellschaftlicher Zustände auch als entlarvende Kritik an ebendiesen Zuständen verstanden werden kann.
Das Gemälde „Hylas und die Nymphen“ von John William Waterhouse wurde 2018 aus der Manchester Art Gallery abgehängt, weil es als sexistisch angesehen wurde.
Der Kulturwissenschaftler Thomas Thiemeyer warnt nun in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung davor, dass unser Kulturerbe zunehmend „zum Spielball von Aktivisten“ werde. Thiemeyer beschreibt, wie Museen, die früher im Dienst der Kunst oder des Kulturerbes agiert hätten, sich heute dem Paradigma der sozialen Gerechtigkeit beugen würden. So entwickle der Weltverband der Museen (ICOM) derzeit einen neuen Ethikkodex, der in diesem Jahr beschlossen wird. Das erste der fünf Grundprinzipien für Museen soll demnach „soziale Verantwortung“ sein; im Entwurf ist von „sozial verantwortlichen Institutionen“ die Rede, die „eng mit den diversen gesellschaftlichen Gruppen zusammenarbeiten“.
Das Museum als Sozialarbeiter der Nation? Dazu passt eine Meldung aus dem Telegraph über das Londoner Science Museum. In einem Audioguide mit dem Titel „Seeing Things Queerly“ behauptet das Museum, Lego würde eine heteronormative Weltsicht bestärken, laut der es nur zwei Geschlechter gebe, und richte sich darum gegen die LGBTQ-Community. Der Grund: Die Noppen auf der einen Seite der Steine müssen in die Löcher auf der anderen Seite gesteckt werden, was an einen sexuellen Akt erinnere.
Lego macht sich für manche durch seine Noppen verdächtig.
Auf solche „Einordnungen“ kann der durchschnittliche Museumsbesucher wohl gut verzichten. Das Legospielen zumindest hat seine Unschuld verloren.
von Julius Böhm
Der Wahl-O-Mat ist da! 38 politische Thesen, die Ihnen helfen sollen, die richtige Partei bei der Bundestagswahl am 23. Februar zu wählen.
Ich habe den Wahl-O-Mat für Sie schon gemacht, inklusive Einschätzung und Begründung zu jeder der vorgetragenen Thesen. Und dabei fällt auf: Obwohl die digitale Entscheidungshilfe von der Bundeszentrale für politische Bildung kommt und eigentlich neutral sein müsste, zeigen Auswahl und Formulierung der Thesen doch ein wenig politische Schlagseite.
Und das ist nicht unproblematisch: 2021 haben mehr als 21 Millionen Menschen den Rat des Wahl-O-Mat bemüht, er hat also eine große Macht!
Wenn Sie wissen wollen, wie ich mich bei den 38 Thesen entschieden habe (und warum) und welche Parteien am Ende vorne lagen, empfehle ich Ihnen meine Sonderfolge „RealTalk“.
von Björn Harms
Solange die Union nicht aus dem Konsens ausscherte, durfte sie über die Jahre brav mit am Tisch der linken Diskurswächter sitzen. Seitdem Friedrich Merz jedoch Verschärfungen in der Migrationspolitik fordert, herrscht Ärger im Paradies.
Nun muss die Partei auf schmerzhafte Art und Weise erfahren, dass Linke die Union schon immer verachtet haben, egal wie anbiedernd man sich verhält.
Doch trotz gewalttätiger Übergriffe auf die eigenen Parteileute scheint der Lerneffekt bei vielen Christdemokraten begrenzt zu sein, wie ein Fall aus dem niedersächsischen Meppen zeigt. Dort planen die „Omas gegen Rechts“ am morgigen Samstag eine Menschenkette, um für „Demokratie, Vielfalt und Toleranz“ zu demonstrieren. Neben den Grünen, der SPD, der Kirche, Fridays for Future und der Gewerkschaft Verdi wollte auch die CDU teilnehmen – wurde jedoch kurzerhand von den „Omas gegen Rechts“ ausgeladen. Mit den vermeintlichen Helfershelfern des faschistischen Umschwungs will man eben nicht gemeinsam auf die Straße gehen.
Am morgigen Samstag wird am Meppener Rathaus „gegen Rechts“ demonstriert – unterstützt von der CDU, obwohl die Partei dort nicht erwünscht ist.
Für ein Umdenken sorgt die Ausgrenzung offenbar nicht. Auf ihrer Homepage veröffentlichte der CDU-Ortsverband ein Statement in bemerkenswert devoter Tonalität: „Die CDU in Meppen unterstützt alle Initiativen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz. Die geplante Menschenkette ‚Meppen Hand in Hand‘ der ‚Omas gegen Rechts‘ ist ein wichtiges Zeichen für eine offene Gesellschaft.“ Umso bedauerlicher sei es, dass die Veranstalterinnen mitgeteilt hätten, „unser CDU-Logo nachträglich von den Flyern zu entfernen und unsere Unterstützung abzulehnen“.
von Ralf Schuler
Ratlosigkeit, Studien, Erklärungsversuche: Die AfD ist derzeit die mit Abstand erfolgreichste Partei im Netz und in den sozialen Medien. Die Zahl der AfD-Follower übersteigt nicht selten diejenige der anderen Parteien um das Zehnfache, sagt Rafael Bauschke, Professor für politische Kommunikation an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, gegenüber Media Pioneer. Und das, obwohl die Partei kaum mehr Geld (ca. 600.000 Euro) für die Kommunikation auf TikTok, Instagram & Co. ausgibt, als die Konkurrenz.
Die Erklärungsmuster für diesen Erfolg unter Experten: Die AfD arbeite mit Netzwerken von Unterstützern, habe ein gutes „Gespür für Viraliät“ und sei überhaupt auch schon länger online unterwegs als andere.
Letzteres zumindest ist selbstverschuldetes „Elend“ der Mitbewerber: Wer Themen und Parteien in den etablierten Medien boykottiert, muss sich nicht wundern, wenn Menschen heute bei dem Wunsch nach Information ins Netz ausweichen.
AfD-Chefin Alice Weidel traf kürzlich den Tech-Milliardär Elon Musk zu einem Online-Gespräch. Interessierte konnten es kostenlos auf Musks Plattform X verfolgen.
Bezeichnend aber ist etwas anderes: Bei all den Untersuchungen und Analysen spielt der Inhalt der Netzauftritte kaum eine Rolle. Die Wahrheit ist, dass es weniger ein handwerkliches Problem ist und auch mit dem frühen Start der Accounts wenig zu tun hat, sondern mit Themen und Botschaften. Mit der bräsigen Präsentation der Aktentasche des Kanzlers kann man nicht landen, wenn Kritik an der Migrationspolitik das große Thema ist.
Gender-Gaga, nationale Identität, Kriminalität … – die AfD ist im Netz erfolgreich, weil sie die Dinge thematisiert, die etablierte Politik liegenlässt, nicht aufgreift oder nicht so aufgreift, wie es bei den normalen Leuten empfunden wird. Fazit: Wer die AfD im Netz schlagen will, sollte weniger demonstrieren und stattdessen ihre Themen aufgreifen.
von Alexander Kissler
Am Montag erklärte Friedrich Merz die AfD zum „wichtigsten Gegner“ der CDU. Schon das war eine bemerkenswerte Aussage. Gemeinhin ist für eine Oppositionspartei die Regierung und keine andere oppositionelle Kraft das Hauptangriffsziel. Markus Söder steigerte die Rhetorik am Donnerstag ins Schrille. Der CSU-Vorsitzende nannte die AfD den „Systemfeind“ – und wahrscheinlich ist das demokratische System gemeint.
Friedrich Merz hat sich als Kanzlerkandidat der Union quasi alle Regierungs-Optionen faktisch oder kommunikativ verbaut.
Die Union lässt keine Gelegenheit aus, die rechte Konkurrenz mit Abscheu zu überziehen. Die Bevölkerung sieht es entspannter. Mit einer relativen Mehrheit von 23 Prozent ist Schwarz-Blau laut einer aktuellen Umfrage das momentan favorisierte Bündnis. Und mehr als jeder Zweite hat keine Bedenken, wenn Union und AfD im Bundestag gemeinsam abstimmen.
Doch die Union mauert sich ein. Auch der FDP gönnt man das Schlechte. Vier Prozent für die Liberalen, so nun Merz, seien „vier Prozent zu viel für die FDP und vier Prozent zu wenig für die Union.“ Wie aber will die Union regieren, wenn sie die FDP aus dem Bundestag wünscht, die AfD verflucht und laut Markus Söder auch „Schwarz-Grün im Bund undenkbar“ ist? Zudem hat CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann einer Minderheitsregierung eine Absage erteilt. So bleibt mathematisch nur ein schwarz-rotes Bündnis, wenn überhaupt.
Mit einem solchen Koalitionswahlkampf geht die Union wirklich all in: Sie bringt die SPD in eine komfortable Situation, obwohl die nächste sozialdemokratische Bundestagsfraktion vermutlich noch linker sein wird. Von Weitsicht zeugt diese Strategie der Ablehnung und Ausschließung nicht. Eher von Orientierungslosigkeit und dem verzweifelten Hoffen, das Wünschen möge helfen.
von Julian Reichelt
Nicht nur hat Angela Merkel bei nahezu allen wesentlichen Entscheidungen ihrer Kanzlerschaft historisch und gefährlich falsch gelegen, sie hat dem Land mit ihrem prägenden Stil eine ganze Kaste der Falschlieger hinterlassen. Von Steinmeier bis Scholz, von Helge Braun bis Karl Lauterbach – die Menschen, die Merkel Amt, Macht, politischen Aufstieg zu verdanken haben, haben Merkels Regime der katastrophalen Fehlentscheidungen fortgeführt.
Ex-Kanzlerin Angela Merkel pflegt eine gute Beziehung zum linksgrünen politischen Lager.
Der Grund dafür ist leicht erkennbar: Zynische Machtabsicherer wie Angela Merkel dulden nur Totalversager ohne jegliche beeindruckende intellektuelle oder charakterliche Kapazität in ihrem Umfeld. Beeindruckende Denker gab es bei Merkel nie, sie hat solche Leute immer gefürchtet und stattdessen den übelsten Duckmäuser-Apparatschik-Typ Politiker gefördert und in ihre Macht mit einbezogen, einer dieser Typen ist jetzt unser Bundeskanzler.
Auch umgab sich Merkel nur mit Journalisten, die nie einen eigenen originellen Gedanken hatten (Blome, etc) und ihr brav und unbeirrt huldigten. Das öffentliche Bild von Angela Merkel wurde von Journalisten geprägt, die ebenfalls fast immer falsch lagen mit ihren Einschätzungen.
Nikolaus Blome ist inzwischen Ressortleiter Politik und Gesellschaft in der Zentralredaktion der Mediengruppe RTL Deutschland.
Merkels offener Hass auf Friedrich Merz ist nun nichts anderes als die Furcht davor, dass ihr historisches Erbe endgültig als das auffliegen könnte, was es ist und in den Geschichtsbüchern sein wird: ein gewaltiger personeller, strategischer, politischer und intellektueller Irrtum.
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