
Auch unter der Führung des CDU-Ministers Johann Wadephul will das Auswärtige Amt nicht bekannt geben, welche NGOs die Personen für das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan auswählen. Das bestätigt das Außenministerium auf Anfrage von NIUS.
Die NGOs schlagen als „meldeberechtigte Stellen“ Afghanen für das Aufnahmeprogramm vor, die sie als besonders gefährdet einstufen. Die Sicherheitsbehörden prüfen dann die von den NGOs gemeldeten Namen und erteilen bei positivem Bescheid eine vorläufige Aufnahmezusage. Das Programm läuft seit 2021 unter der Verantwortung des Bundesinnenministeriums und des Auswärtigen Amtes.
Ein Afghane wartet in Islamabad auf seinen Ausflug nach Deutschland
Doch wer sind diese NGOs? Und wer hat sie berechtigt, die Personen auszusuchen? „Es ist den meldeberechtigten Stellen selbst überlassen, ob und wie sie ihre Teilnahme im Bundesaufnahmeprogramm öffentlich kommunizieren“, teilte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes auf Nachfrage von NIUS mit. „Die Bundesregierung hat den meldeberechtigten Stellen Vertraulichkeit zugesichert, insbesondere da einige weiterhin in Afghanistan tätig sind und sich so exponieren würden. Dem Auswärtigen Amt und dem BMI liegt eine vollständige Liste der meldeberechtigten Stellen vor.“
Diese Liste soll auch unter einer CDU-Regierung unter Verschluss bleiben. Einige der NGOs haben sich öffentlich als meldeberechtigte Stelle bekannt, darunter etwa die Organisation Kabul Luftbrücke, die vom Grünen-Politiker Erik Marquardt mitgegründet wurde.
Der Spiegel hatte am Dienstag über massive Sicherheitsprobleme und Manipulationsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan berichtet. Ein interner Bericht der deutschen Botschaft in Islamabad kritisierte insbesondere das Vorgehen der privaten NGOs, die gefälschte oder manipulierte Dokumente bereitgestellt haben sollen und Afghanen dazu angeleitet hätten, im Visumverfahren falsche Angaben zu machen.
Die Diplomaten vor Ort hätten sich angesichts der großen Zahl an Antragstellern außerstande gesehen, eine angemessene Prüfung durchzuführen, und gingen daher von einer erheblichen Dunkelziffer unrechtmäßiger Aufnahmezusagen aus. Seit der Machtübernahme der Taliban 2021 wurden über 36.400 Afghanen über Pakistan nach Deutschland eingeflogen. Sicherheitsbehörden warnen jedoch, dass aufgrund unzureichender Überprüfungen mutmaßlich Tausende mit zweifelhaften Fluchtgeschichten eingereist sein könnten – darunter auch Islamisten und Personen mit Bezug zur Taliban.
Bundeswehrsoldaten sprechen in Afghanistan mit einem Übersetzer.
Wie aber reagiert das Auswärtige Amt auf die Berichte? NIUS wollte wissen: Gab es nach der Berichterstattung des Spiegels Kontakt zwischen dem Ministerium bzw. Minister Johann Wadephul und der früheren Ministerin Annalena Baerbock zur Klärung der Sachlage? Immerhin steht hier der Vorwurf der Dokumentenfälschung im Raum. Eine Antwort liefert das Auswärtige Amt nicht.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD versprochen: „Wir werden freiwillige Bundesaufnahmeprogramme soweit wie möglich beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme auflegen.“ Eine Nachfrage, welche konkreten Programme bereits beendet wurden und welche beendet werden sollen, bleibt ebenfalls unbeantwortet.