„Problem der verdeckten Parteienfinanzierung“: „Demokratie leben!“ warb mit Steuergeld für die Grünen

vor 6 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Was bislang als Verschwörungstheorie galt, belegen nun Recherchen von NIUS im Rahmen der Dokumentation „Der NGO-Komplex“: Mit Mitteln aus dem Förderprogramm „Demokratie leben!“ wurde für die Grünen geworben. Dies wirft verfassungsrechtliche Fragen auf. Unter anderem stehen ein Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot und die Regeln der Parteienfinanzierung im Raum.

Bei dem konkreten Vorfall handelt es sich um eine Veranstaltung im baden-württembergischen Ostalbkreis. Im Rahmen von „Demokratie leben!“ fließen im ganzen Land Gelder an sogenannte „Partnerschaften für Demokratie“ (PfDs), also lokale Bündnisse in städtischer oder privater Hand, die Veranstaltungen, Workshops und Kundgebungen durchführen. Allein in diesem Jahr werden knapp 45 Millionen Euro an insgesamt 333 PfDs in ganz Deutschland ausgeschüttet.

Auch im Ostalbkreis gibt es eine solche PfD. Im vergangenen November bewarb sie eine Grünen-Veranstaltung mit dem Titel „Politischer Donnerstag“. Auf ihrem Instagram-Account lädt die Partnerschaft zum „monatlichen Diskussionsforum für GRÜNE und GRÜN-Interessierte“ ein, auf dem Bild prangt das Sonnenblumen-Logo der grünen Partei. Über den Kanal der steuerfinanzierten Partnerschaft für Demokratie wurde also eine Parteiveranstaltung angepriesen und bei der Anwerbung neuer Parteimitglieder geholfen.

Der Instagram-Post der PfD Ostalbkreis vom 28. November 2024.

Josef Franz Lindner, Professor für Verfassungsrecht, bewertet den Vorgang gegenüber NIUS kritisch: „Hier kommt man in ein Problem, das aus meiner Sicht auch in der Rechtswissenschaft noch nicht hinreichend diskutiert worden ist: Das Problem der verdeckten Parteienfinanzierung, das darin besteht, dass der Staat NGOs finanziert, die dann möglicherweise sogar gemeinsam mit Parteien Veranstaltungen machen, wobei sich die Parteien dann die Finanzierung dieser Veranstaltungen sparen.“ Denn: Die Finanzierung von Parteien ist in Deutschland streng reglementiert, um Chancengleichheit zu garantieren.

Die Grünen äußerten sich auf Anfrage von NIUS nicht zu dem Vorfall.

Die PfD im Ostalbkreis ist nicht die einzige, die ins parteipolitische Geschehen eingriff. So forderte die PfD Dortmund auf Instagram ein Verbot der AfD: „Stoppt die AfD und ihre Helfer*innen!“ Der Beitrag aus dem Januar stellte eine direkte Reaktion auf die damalige gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag nach dem islamistischen Anschlag von Aschaffenburg dar, die PfD verlangt unter anderem die „Rücknahme des CDU/CDU-Antrags zur Verschärfung der Migrationspolitik“.

Die PfD Dortmund fordert ein Verbot der AfD.

Eigentlich gilt für staatliche Institutionen das Neutralitätsgebot. Es besagt, dass Amtsträger, Ministerien und Behörden sich nicht in den Parteienwettbewerb einmischen dürfen. Dennoch rufen auch die PfDs in Solingen, Offenbach und den Berliner Stadtteilen Marzahn und Hellersdorf zum Kampf gegen die AfD auf:

Eine Antifa-Faust zertrümmert das AfD-Logo auf dem Account der PfD Solingen.

Bei einer Jugendwahl in Offenbach schneidet die AfD schlecht ab – Grund zur Freude für die örtliche PfD.

In Marzahn-Hellersdorf ruft die PfD zur Demonstration für die Brandmauer und damit für die Ausgrenzung der AfD auf.

Diese Form der parteipolitischen Einflussnahme gegen die Opposition ist bei den PfDs die Normalität, wie NIUS auf dem steuerfinanzierten „Miteinanderfest“ in Falkensee nahe Berlin erlebt: Die Initiativen, gefördert durch „Demokratie leben!“, agitieren ganz offen gegen die AfD.

Sehen Sie hier die Szene aus dem NIUS-Original „Der NGO-Komplex“:

NIUS konfrontierte das Familienministerium mit den Fällen, die auf die Zeit unter der grünen Ministerin Lisa Paus zurückdatieren. Das Ministerium antwortete, bereits unter neuer Führung durch Karin Prien (CDU): „Zu den genannten Vorgängen liegen bis dato keine Erkenntnisse vor.“ Grundsätzlich würden Entscheidungen über Fördermittel wegen des Grundsatzes der Chancengleichheit der Parteien „unter Beachtung des Gebots staatlicher Neutralität“ getroffen: „Danach dürfen mit öffentlichen Mitteln keine Maßnahmen gefördert werden, die zielgerichtet für eine politische Partei werben oder zielgerichtet gegen eine politische Partei Einfluss nehmen.“

Karin Prien ist unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zuständig für Familie und Bildung.

Parteipolitische Einflussnahme ist also eigentlich nicht erlaubt. Doch das Ministerium lässt eine Hintertür: „Das Recht auf Chancengleichheit politischer Parteien verbietet nicht die sachliche Auseinandersetzung mit deren inhaltlichen Positionen und schützt insofern nicht vor reflexhaften Auswirkungen auf den Parteienwettbewerb. Es können auch Einschätzungen politischer Parteien als verfassungsfeindlich vorgenommen werden, soweit sie auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage und nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen. Hierbei sind Hinweise auf Behörden- und Gerichtsentscheidungen – bspw. Verfassungsschutzberichte oder Verurteilungen wegen Volksverhetzung – zulässig und geboten, um keinen Raum für die Vermutung fehlender sachlicher Auseinandersetzung zu lassen.“

Hier sieht man, wie die Arbeit der unterschiedlichen Behörden ineinander greift: Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD zwischenzeitlich als „gesichert rechtsextremistisch“ ein, nahm diese Einschätzung nach wenigen Tagen aus juristischen Gründen wieder zurück. Dies könnte dennoch vom CDU-geführten Familienministerium als willkommene Grundlage gewertet werden, um die Förderungen auch an jene PfDs weiterlaufen zu lassen, die mit Steuergeld gegen die politische Konkurrenz der Union Stimmung machen.

Medienanwalt Joachim Steinhöfel kritisiert in der NIUS-Dokumentation „Der NGO-Komplex“ die Umgehung des Neutralitätsgebots: „Die geschickte Verfassungsverletzung, die der Staat begeht, besteht darin, dass er Geld nimmt und damit NGOs finanziert. Die NGOs jedoch verlieren dadurch natürlich nicht ihre Grundrechte und dürfen gegen parteipolitische Gegner der aktuellen Regierung aktiv sein. Die Organisationen werden also von der Regierung finanziert, um genau das zu tun, was der Regierung selbst verfassungsmäßig verboten ist. Dies macht die gesamte Finanzierung dieser politischen Strukturen besonders problematisch.“

Sehen Sie hier das NIUS-Original „Der NGO-Komplex“:

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