„Nicht mehr möglich“: Söder erklärt Atomkraft-Frage für verloren

vor 18 Tagen

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CSU und CDU sind in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD mit ihrem Vorhaben gescheitert, die Rückkehr zur Atomkraft in Deutschland politisch durchzusetzen. Markus Söder, CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident, erklärte nach Abschluss der Gespräche: „Die Kernenergie war nicht mehr möglich zu machen.“ Es habe keine politische Mehrheit für den Vorstoß gegeben, weshalb sich die Union letztlich nicht durchsetzen konnte.

Söder gibt eine Reaktivierung der Kernkraft damit jetzt auf, wie er selbst erklärte. Er begründete den Verzicht mit dem Hinweis, dass der wirtschaftliche Aufwand für einen späteren Wiedereinstieg in vier Jahren „sehr, sehr schwer und wirtschaftlich kaum mehr tragbar“ sei. SPD und Grüne zeigten sich erfreut über den  Kurswechsel des CSU-Chefs.

Noch vor wenigen Monaten hatte Söder betont, die Reaktivierung der drei zuletzt stillgelegten Atomkraftwerke sei „jederzeit möglich“. Ziel sei gewesen, die Laufzeiten mit Blick auf Versorgungssicherheit und Klimaschutz für mindestens zehn Jahre zu verlängern. Anfang April brachte die Union gar noch eine gänzlich neue Idee zur Wiederinbetriebnahme deutscher Kernkraftwerke in die Debatte ein, als man vorschlug, eine staatliche Betreibergesellschaft könne Kraftwerke von RWE, E.ON und EnBW übernehmen.

Selbst im Entwurf des Koalitionsvertrages war zunächst eine Bestandsaufnahme der Reaktivierungsmöglichkeiten vorgesehen – jedoch in eckigen Klammern, ein Hinweis auf offene Verhandlungspunkte. Die SPD verweigerte letztlich nicht nur eine Zustimmung, sondern offenbar bereits das Gespräch über die Thematik. Im finalen Koalitionsvertrag findet sich nun kein Wort mehr zur Atomkraft, selbst von einer bloßen Prüfung von Möglichkeiten des „Ausstiegs vom Ausstieg“ ist an keiner Stelle die Rede.

Damit gibt die Union ein weiteres ihres zentralen Wahlkampfversprechen auf. Statt einer Rückkehr zur Kernenergie, hoffen Schwarz-Rot nun unter anderem auf „Flugwindkraft/Höhenwindenergie“. Geeinigt haben sich die Koalitionäre zudem auf einen Ausbau der Gaskraftwerke, um die durch den Atomausstieg entstandene Versorgungslücke zu schließen.

Der grüne Energiepolitiker Martin Stümpfig warf Söder in diesem Zusammenhang Täuschung vor. Es habe nie belastbare Studien oder Experteneinschätzungen gegeben, die eine Wiederinbetriebnahme technisch oder wirtschaftlich für machbar hielten. Die SPD spricht gar von einem „Sieg der Vernunft“.

Doch die politische Absage an die Kernkraft steht nicht nur im Kontrast zum Unions-Wahlkampf und Willen der Wähler – die sich mittlerweile mehrheitlich eine Rückkehr zur Atomkraft wünschen -, sondern auch zu aktuellen Einschätzungen führender Vertreter der kerntechnischen Industrie und Forschung. Erst Ende vergangenen Monats hat etwa die Belegschaft des stillgelegten Atomkraftwerks Isar 2 den bayerischen Ministerpräsidenten in einem Schreiben dazu aufgerufen, den Rückbau zu stoppen und die Wiederaufnahme des Betriebs zu ermöglichen (Apollo News berichtete).

Nach Angaben des Branchenverbands KernD wären deutschlandweit bis zu sechs stillgelegte Atomkraftwerke technisch sicher reaktivierbar – und das bereits vor 2030 und vergleichsweise günstig: Bei sofortigem Rückbaustopp könnten sechs deutsche Kernkraftwerke wieder ans Netz gebracht werden, und zwar für eine Summe von jeweils einer bis drei Milliarden Euro. Maximal also 18 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Diese Summe entspricht heute der direkten Förderung der erneuerbaren Energien aus dem Bundeshaushalt.

Die Wiederinbetriebnahme könnte jährlich zudem bis zu 65 Millionen Tonnen CO₂ einsparen und die Strompreise signifikant senken. Unternehmen wie Framatome, Westinghouse, Urenco und Siempelkamp haben unlängst in mehreren Stellungnahmen ihre Bereitschaft bekräftigt, die nötigen Schritte zur Wiederinbetriebnahme der Meiler umzusetzen.

Auch Forschungseinrichtungen wie das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Ruhr-Universität Bochum verwiesen auf die vorhandene Expertise und die Notwendigkeit, kerntechnisches Know-how in Deutschland zu erhalten.

Doch daraus wird nun nichts: Weil die SPD ihr Veto eingelegt hat und die Union bereit ist, ihr nächstes Wahlversprechen zu opfern, bleibt Deutschland entgegen aller ökonomischen, technischen und selbst klimapolitischen Unkenrufe auch unter der kommenden Bundesregierung seinem kostspieligen Energiewende-Sonderweg treu.

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