Nicht nur in Thüringen und Sachsen: Der Weg der CDU zur Macht führt nur über linke Parteien

vor 5 Monaten

Blog Image
Bildquelle: NiUS

Kurz vor Weihnachten möchte die CDU sich selbst beschenken – mit zwei Ministerpräsidenten. An diesem Donnerstag schon stellt Mario Voigt sich in Thüringen der Wahl, in der kommenden Woche Michael Kretschmer in Sachsen.

Michael Kretschmer und Mario Voigt nach den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen im Berliner Konrad Adenauer Haus.

Einfach wird es nicht, doch womöglich erhalten beide Politiker eine Mehrheit in den jeweiligen Landtagen. Voigt und Kretschmer würden dann eine Erkenntnis bestätigen, die bisher sträflich unterschätzt wurde: Der Weg der CDU zur Macht führt über Links. Linke entscheiden, ob Konservative regieren dürfen.

Der Zusammenhang stimmt auch da, wo er sich nicht ganz so handgreiflich präsentiert wie gerade in Mittel- und Ostdeutschland. Voigts CDU erreichte bei den Wahlen im September ihr historisch zweitschlechtestes Ergebnis und landete weit abgeschlagen hinter der AfD auf Platz zwei. Das Regierungsbündnis soll nun aus der CDU, der SPD und der Linken-Abspaltung BSW bestehen. Doch selbst dieses disparate „Brombeer“-Bündnis reicht nicht. Zu dritt verfügen die Parteien über 44 von 88 Sitzen. Das Patt soll mit mindestens einer Leihstimme der Partei „Die Linke“ zugunsten von Voigt aufgebrochen werden.

Die vom Wähler mehr als halbierte Linke frohlockt. Nun darf sie sogar Bedingungen stellen. „Die Linke“, die umbenannte Sozialistische Einheitspartei der ehemaligen DDR, rechnet sich dem sogenannten demokratischen Spektrum zu. In dieser Selbstwahrnehmung wird sie von den anderen Parteien bestätigt, bizarrerweise auch von der CDU.

In solch angemaßter Rolle sagt der thüringische Fraktions- und Landesvorsitzende der Linken, Christian Schaft: „Demokratische Mehrheiten in diesem Landtag gibt es nur mit uns.“ Die AfD gehöre der „demokratischen Opposition“ nicht an. Die CDU müsse, fordert „Die Linke“, schriftlich die Form der Zusammenarbeit der künftigen Regierung mit der Linken festlegen.

Christian Schaft, Fraktionsvorsitzender Die Linke.

Die CDU will in Thüringen tatsächlich durch den Feuerreif springen, um Mario Voigt den Weg in die Erfurter Staatskanzlei zu ebnen. Mit einem „3-plus-1-Format“ will man sich monatlich mit der Linken ins Benehmen setzen. So zeigen die Christdemokraten wie bereits durch die Koalitionsvereinbarung mit dem linken Bündnis Sahra Wagenknecht, dass ihnen die eigenen Traditionen weniger wichtiger sind als Machterhalt und Machterringung.

Auch in Sachsen wird die Partei des Friedrich Merz am linken Gängelband durch die Manege getrieben. Damit Wahlsieger Michael Kretschmer Ministerpräsident bleiben kann, spannen CDU und SPD zusammen. Die Minderheitsregierung hat jedoch ebenfalls keine parlamentarische Regierung. Zusammen kommt Schwarz-Rot auf 51 von 119 Sitzen – zur Mehrheit fehlen deren neun.

Woher nehmen und nicht stehlen? Die Sächsische Zeitung schreibt: „Kretschmer will die letzten Tage vor dem Wahl-Krimi gut nutzen und bei Linken, Grünen und dem BSW persönlich für mehr Vertrauen und damit um Stimmen werben – absehbare politische Zugeständnisse inklusive.“

Es wären – wie in Thüringen – Zugeständnisse an linke Parteien. Das Muster wiederholt sich nahezu überall, wo die CDU regieren will. Absolute Mehrheiten sind nicht in Sicht, die FDP schwächelt, also liefert sich die CDU linken Parteien aus. Sie verwässert Programme und Prinzipien, um sich innerhalb des von linker Seite definierten, von der CDU brav übernommenen sogenannten demokratischen Spektrums zu bewegen: Lieber links regieren, lautet das Motto, als mit der AfD zu regieren.

Hendrik Wüst ernennt Josefine Paul im Juni 2022 zur Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen.

Im Osten gäbe es bürgerlich-konservative-rechte Bündnisse, getragen vom mehrheitlichen Votum der Wähler, hielte die CDU nicht an ihrer „Brandmauer“ fest. Im Westen ist die Situation nur graduell anders. In Nordrhein-Westfalen muss CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst die Bedürfnisse der grünen Basis besonders in der Migrationspolitik berücksichtigen, steht doch dem Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration die grüne Queer-Politikerin Josefine Paul vor.

Auch Daniel Günther bedient in Schleswig-Holstein die Bedürfnisse des grünen Koalitionspartners. Es fällt ihm leicht, ist Günthers Weltbild doch eher grün als schwarz eingefärbt.

Friedrich Merz selbst lässt keinen Zweifel, dass auch er mit den Grünen zu regieren verstünde. Gewiss, sagt er, bereit sein zu einer anderen Wirtschaftspolitik müssten die Grünen schon. Aber Merz hätte kein Problem damit, ein Kanzler von Robert Habecks, Annalena Baerbocks und Franziska Brantners Gnaden zu sein.

Die neue grüne Führungsspitze mit Brantner, Habeck, Baerbock und Banaszak.

Das Tafelsilber der eigenen Überzeugungen nach zähen Verhandlungen um eines höheren Gutes willen teilweise einzubüßen, ist das Eine. Damit nicht zu vergleichen ist die vorauseilende Kapitulation vor einer vermeintlich linken Übermacht, die gerade so zementiert wird.

Nicht als Architekten einer neuen konservativen Politik, sondern als deren Nachlassverwalter droht die gegenwärtige CDU in die deutsche Parteiengeschichte einzugehen. Sie betreibt die Musealisierung des eigenen Gründungsgedankens, wenn sie sich weiterhin arrangiert mit linken Kräften, wie weit am Rand sich diese auch befinden mögen.

Die machttaktisch vereinigten linken Parteien dürften ihr Glück kaum fassen. Sie mögen noch so sehr vom Wähler abgestraft werden: Im Zweifel findet sich immer eine CDU, die sich vor Linken demütigt, damit diese ihr in den Sattel der Macht verhelfen.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von NiUS

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von NiUS zu lesen.

Weitere Artikel