
Geert Wilders hat damit gedroht, die niederländische Regierung platzen zu lassen, sollte die Asylpolitik nicht drastisch verschärft werden. Der Vorsitzende der Freiheitspartei (PVV), der größten Fraktion in der Mehrheitskoalition, erklärte, die niederländischen Grenzen müssten in naher Zukunft für Asylbewerber geschlossen werden. Er forderte außerdem die Rückführung von Syrern sowie die Schließung von Asylunterkünften: „Andernfalls sind wir weg“, sagte er und drohte damit, seine Partei aus der Koalition zurückzuziehen, was die Regierung ihre parlamentarische Mehrheit kosten würde.
Bei einer Pressekonferenz am 26. Mai warnte Wilders, dass die niederländische Regierung ohne Zugeständnisse eine „große Krise“ erleben werde. Man habe lange Geduld gezeigt, sagte er, doch diese sei nun zu Ende. Die PVV legte einen Katalog neuer Leitlinien vor, mit denen die Koalitionsvereinbarung zur Migration korrigiert werden soll.
Unter dem Titel „Die Grenze ist erreicht“ entwirft das 22-seitige Papier ein vernichtendes Bild der bisherigen Migrationspolitik: „Die Niederlande sind nicht mehr die Niederlande“, heißt es darin. „Unsere Städte und Viertel wurden durch Massenzuwanderung bis zur Unkenntlichkeit verändert.“ Die PVV verweist auf zunehmende migrationsbedingte Gewalt und mangelnden Respekt gegenüber niederländischer Kultur und Tradition, was den öffentlichen Raum unsicher mache. „Experten sagen, dass es bei unveränderter Politik bis 2050 – bei einer Bevölkerung von 20 Millionen – drei bis vier Millionen Muslime in den Niederlanden geben wird. Manche von ihnen haben keinerlei Bezug zur niederländischen Kultur“, heißt es weiter.
Die PVV betont, sie habe keiner Regierung zugestimmt, deren Antwort auf die Krise darin bestehe, mehr Asylunterkünfte zu errichten. Die Zuwanderung nicht-westlicher Ausländer müsse durch zusätzliche Maßnahmen weiter eingeschränkt werden. Dazu zählt die Partei insbesondere Rückführungen in Herkunftsländer, die wieder als sicher gelten, sowie die Ausweisung krimineller Ausländer.
Nach Angaben der PVV stammen 96 Prozent der Asylbewerber in den Niederlanden aus Deutschland und Belgien, also aus sicheren Drittstaaten. Das belege, so die Partei, dass es sich dabei in Wahrheit um wirtschaftliche Migration handle. Man wolle Asylbewerber künftig direkt an der Grenze abweisen, so wie es Deutschland auf Grundlage europäischer Verträge tue. Darüber hinaus solle europäisches Recht vorübergehend ausgesetzt werden, um die niederländische Asylkrise in den Griff zu bekommen.
Der Plan umfasst zehn Punkte, die Wilders als „vernünftige Maßnahmen“ bezeichnet. Dazu gehören unter anderem mehr Grenzschutz, ein vorübergehender Stopp bei Familiennachzügen, die Strafbarkeit illegalen Aufenthalts sowie die ausdrückliche Unterstützung polizeilichen Zwangs.
Bereits im vergangenen Jahr war die Koalition in eine Krise geraten, als andere Parteien ein Notstandsgesetz zur Migration blockierten, das von PVV-Migrationsministerin Marjolein Faber eingebracht worden war. Zwar wurde daraufhin ein anderes Gesetz verabschiedet – doch Wilders zufolge reicht das bei Weitem nicht aus: „Ab heute ziehen wir die Samthandschuhe aus. Wir reden mit allen – aber wir beugen uns nicht mehr“, sagte er.
Caroline van der Plas, Vorsitzende der ebenfalls zur Koalition gehörenden Bauern-Bürger-Bewegung (BBB), zeigte sich gesprächsbereit. Die zentristische NSC-Partei erklärte, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Asylmaßnahmen seien bereits recht robust – räumte jedoch ein, dass Faber als Ministerin mehr hätte leisten können.
Linke Oppositionsparteien zeigten sich unbeeindruckt. Das Bündnis aus Grünen und Sozialisten erklärte, Wilders’ Forderungen seien „unrealistisch“ und mutmaßte, er wolle die Regierung gezielt torpedieren. D66-Chef Jesse Klaver (linksliberal) bezeichnete Wilders als „in die Enge getriebenes Tier“. „Wilders hat jahrelang Märchen über Migration erzählt und gibt jetzt anderen die Schuld. Er spielt ein politisches Theater – zu seinem eigenen Vorteil, aber nicht zum Wohl der Niederlande.“
Joost Eerdmans von der rechtskonservativen Partei JA21 stellte sich hinter Wilders. Auf X schlug er am 26. Mai vor, die NSC aus der Koalition zu werfen und stattdessen JA21 aufzunehmen.
Die Bildung der aktuellen Koalition hatte sich lange hingezogen, da Liberale und Zentristen bemüht waren, Wilders in Schach zu halten. Entsprechend wenig dynamisch wirkt das Bündnis bis heute. Laut aktuellen Umfragen würden die Regierungsparteien bei Neuwahlen wohl keine Mehrheit mehr erreichen.
Dieser übersetzte Beitrag ist zuerst bei Brussels Signal erschienen.