
Nach dem lautstarken Zwischenfall während des ARD-„Sommerinterviews“ mit AfD-Chefin Alice Weidel mehren sich kritische Stimmen zur Rolle der Berliner Polizei. Ausgerechnet am Spreeufer, gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, hatten rund zwei Dutzend linke Aktivisten mit einem Lautsprecherwagen gegen die AfD protestiert – und so das Live-Gespräch massiv gestört. Dabei hätte die Demonstration nicht stattfinden dürfen.
Laut dem „Gesetz über befriedete Bezirke der Verfassungsorgane des Bundes“ (§ 2, Abs. 1) sind Versammlungen und Aufzüge in unmittelbarer Nähe des Bundestags grundsätzlich verboten. Das betrifft auch das Gebiet, auf dem die Demonstranten aktiv waren – und wo ihr Lautsprecherwagen zum Einsatz kam. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn das Bundesinnenministerium eine Genehmigung erteilt und der Bundestagspräsident zustimmt. Beides war nach bisherigem Stand nicht der Fall.
Somit hätten die Einsatzkräfte die Aktion umgehend unterbinden müssen. Der Vorfall stellt nicht nur eine Störung dar, sondern erfüllt laut Experten den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit – mit möglichen Bußgeldern von bis zu 20.000 Euro.
„Die Berliner Polizei verharmlost den Vorfall rund um das Sommerinterview“, schreibt der stellvertretende Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki auf X.
In einer Mitteilung rechtfertigt die Polizei die nicht unterbundene Demonstration mit folgenden Worten: „Die Polizei ist gesetzlich verpflichtet, bei nicht angezeigten Versammlungen sowie bei möglichen Störungen der öffentlichen Sicherheit lageangemessen und verhältnismäßig einzuschreiten. Im vorliegenden Fall wurde insbesondere das Spannungsfeld zwischen der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG), der Pressefreiheit (Art. 5 GG) und dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Verkehrswege sorgfältig abgewogen. Ziel der polizeilichen Maßnahmen war es, sowohl die spontane Ausübung grundrechtlich geschützter Meinungsäußerung als auch den geordneten Ablauf eines journalistischen Interviews mit einer Politikerin zu gewährleisten. Die Polizei Berlin handelte in dieser Lage unparteiisch, deeskalierend und von der geltenden Rechtslage gedeckt.“
Diese Darstellung widerspricht jedoch dem „Gesetz über befriedete Bezirke der Verfassungsorgane des Bundes“. Bedeutet: Die Polizei hätte die Demo nicht genehmigen dürfen, sondern die Demo auflösen müssen. Eine ausdrückliche Genehmigung des Innenministeriums wäre für das Stattfinden des Protests nötig gewesen.
NIUS fragte diesen Widerspruch bei der Berliner Polizei an, diese erklärte – kurz vor 17 Uhr – dass bald Feierabend sei und eine Antwort frühstens am Folgetag möglich wäre.
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