NIUS exklusiv: So viel gaben Landkreise und Kommunen seit 2015 für die Asyl-Migration aus

vor 6 Monaten

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Seit Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 explodieren die Kosten für die Unterbringung und Verpflegung der Asyl-Zuwanderer.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (52) beklagte sich erst kürzlich in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ über die hohen „Aufwendungen für Flüchtlinge“. Im Tübinger Haushalt fehlten derzeit 40 Millionen Euro, es drohten eine „Verdoppelung der Grundsteuer für alle, Streichung jeder zweiten Busfahrt, Schließung eines Theaters und eines Hallenbads“.

Am Montag legte Palmer in der FAZ nach: Der Bund treibe die Städte in ein finanzielles Desaster. Ein Grund dafür seien auch die ausufernden Kosten der Asylkrise.

Boris Palmer sprach bei Markus Lanz über das riesige Finanzloch im Tübinger Haushalt.

NIUS fragte deshalb in zahlreichen Landkreisen und Kommunen in allen 16 Bundesländern nach. Wir wollten wissen: Welche Kosten entstanden seit 2015 für Unterbringung, Verpflegung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen? Und: Wie viele Asyl-Unterkünfte wurden seit 2015 in den jeweiligen Gegenden eröffnet?

Bilanz: Der Großteil der befragten Stellen wollte keine konkreten Zahlen herausrücken, weil die Kosten für die Aufnahme und Unterbringung der Asylbewerber unter anderem von Bund und Ländern erstattet werden. Andere Landkreise und Kommunen lieferten erstaunlich detaillierte Tabellen.

Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen)Sagenhafte 910,1 Millionen Euro hat die Stadt Düsseldorf (CDU-Bürgermeister) seit 2015 für Verpflegung, Integration sowie Leistungen zum Lebensunterhalt, der Integration und der Krankenhilfe ausgegeben. Stadtsprecher Falk Velten ergänzt dazu: „Das Land NRW erstattet etwa 30 Prozent der Gesamtkosten für die Unterbringung der Geflüchteten.“ Die NRW-Landeshauptstadt hat seit 2015 insgesamt 60 Flüchtlingsunterkünfte mit einer Gesamtkapazität von 10.033 Plätzen betrieben. Aktuell sind 27 Unterkünfte mit einer Gesamtkapazität von 4.782 Plätzen im Betrieb.

Unterkunft für Asylbewerber im Düsseldorfer Stadtteil Rath.

Kreis Warendorf (Nordrhein-Westfalen)Dem Kreis Warendorf (rund 283.000 Einwohner, CDU-Landrat) in Nordrhein-Westfalen geht es ähnlich wie Boris Palmers Tübingen (Baden-Württemberg): Dort sind seit 2015 Kosten in Höhe von 260,1 Millionen Euro entstanden. Rekordjahr: 2023 mit 53.055.720 Euro. Im ersten Halbjahr 2024 sind es bereits 33.071.150 Euro. Erstattet wurden dem Kreis (durch Bund, Land, Sonstige) bislang 219,1 Millionen Euro. Es fehlen also noch rund 41 Millionen Euro!

Kreis Hildesheim (Niedersachsen)Der Kreis Hildesheim (rund 276.000 Einwohner, SPD-Landrat) in Niedersachsen hatte im Zeitraum 2015 bis 2023 Ausgaben in Höhe von 221,9 Millionen Euro. Davon wurden ihm bislang jedoch erst rund 203,8 Millionen Euro erstattet. Fehlen also noch rund 18,1 Millionen Euro. Aktuell gibt es im Landkreis 17 Groß- und Notunterkünfte mit 852 Plätzen.

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (Sachsen)Die Pressestelle des Landkreises mit einem CDU-Landrat gab seit 2015 rund 176 Millionen für die Asyl-Migration aus. Gleichzeitig verweist man darauf, dass alle entstandenen Kosten vom Freistaat Sachsen erstattet werden. Im Landkreis werden momentan vorwiegend dezentrale Unterkünfte für die Unterbringung von Asylbewerbern genutzt. „Aktuell stehen 511 Gewährswohnungen und sechs Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung“, heißt es aus der Pressestelle.

Landkreis Vorpommern-Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern)Dem Landkreis Vorpommern-Greifswald, der sich in CDU-Hand befindet, entstanden seit 2015 Ausgaben von 147,5 Millionen Euro für die Verpflegung, Integration und Unterbringung von Asylbewerbern. Dazu ergänzt ein Sprecher: „Seit 2015 wurden zwei Gemeinschaftsunterkünfte eröffnet mit einer Gesamtunterbringungszahl von 186. Zusätzlich wurden insgesamt 137 Wohnungen seit 2023 angemietet, diese werden vorrangig für vulnerable Gruppen, sowie Familien bereitgestellt.“

Asylbewerber gehen am 23. Juli 2015 in die Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber im Ortsteil Drögeheide von Torgelow (Mecklenburg-Vorpommern).

Neckar-Odenwald-Kreis (Baden-Württemberg)Knapp 131,1 Millionen Euro musste der Neckar-Odenwald-Kreis (CDU) seit 2015 aufbringen. Im selben Zeitraum wurden 41 Unterkünfte mit einer Gesamtkapazität von 2.522 Plätzen eröffnet. 13 Unterkünfte (Gesamtkapazität: 993) sind noch immer in Betrieb.

Kreis Gifhorn (Niedersachsen)Im niedersächsischen Kreis Gifhorn (SPD) wurden seit 2015 bereits 117,7 Millionen Euro ausgegeben. Derzeit werden im Landkreis Gifhorn sechs Gemeinschaftsunterkünfte mit 718 Plätzen betrieben. Dazu kommen 200 Wohnungen, die durch den Landkreis für die Unterbringung von Flüchtlingen angemietet wurden.

Wetteraukreis (Hessen)Im Wetteraukreis (CDU) wurden 113,9 Millionen Euro für die Asyl-Migration investiert. Seit 2015 wurden hierfür 184 Gemeinschaftsunterkünfte mit 4.431 zusätzlichen Plätzen geschaffen.

Kreis Osnabrück (Niedersachsen)Für existenzsichernde Leistungen hat der Kreis Osnabrück (Grüne) seit 2015 exakt rund 63,2 Millionen Euro ausgegeben. Seit 2015 wurden 17 Asylunterkünfte eröffnet. Diese hatten 697 Plätze.

Erstaufnahmeeinrichtung in Bramsche, Landkreis Osnabrück, im Dezember 2015.

Ortenaukreis (Baden-Württemberg)Im Ortenaukreis, wo ein parteiloser Landrat regiert, wurden seit 2015 rund 60,9 Millionen Euro für die Bewältigung der Flüchtlingskrise ausgegeben. Seit 2015 wurden hier 85 Asyl-Unterkünfte zusätzlich eröffnet, aber auch 72 wieder geschlossen. Höchststand im Mai 2016 mit 5.771 Plätzen. Aktuell sind es 31 Unterkünfte mit 2.818 Plätzen.

Rhein-Lahn-Kreis (Rheinland-Pfalz)Der Rhein-Lahn-Kreis (rund 122.000 Einwohner, SPD-Landrat) in Rheinland-Pfalz hat seit 2015 für die Unterbringung, Verpflegung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen knapp 54,3 Millionen Euro ausgegeben. Rund 7,7 Millionen Euro dieser Summe sind noch nicht erstattet worden.

Kreis Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz)Etwa 48,1 Millionen Euro hat der Kreis Bad Dürkheim (CDU, Rheinland-Pfalz) seit 2015 ausgegeben. Im Landkreis gibt es zurzeit vier Unterkünfte mit insgesamt 204 untergebrachten Personen.

Hohenlohekreis (Baden-Württemberg)Der Hohenlohekreis (Freie Wähler) in Baden-Württemberg hat bislang 43 Millionen Euro für die Bewältigung der Flüchtlingskrise ausgegeben. Aktuell gibt es zehn Unterkünfte mit 700 Plätzen.

Landkreis Elbe-Elster (Brandenburg)Laut Presseabteilung sind dem Landkreis Elbe-Elster seit 2015 für die Unterbringung, Verpflegung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen Kosten in Höhe von 42,6 Millionen Euro entstanden. Zudem unterhalte der Landkreis derzeit 909 Plätze in Übergangswohnheimen und durchschnittlich 661 Plätze in Wohnungen.

Soldaten der Bundeswehr bauten 63 Zelte als Notquartier für Flüchtlinge im Jahr 2015.

Kreis Emsland (Niedersachsen)Im Emsland (CDU) sind Kosten in Höhe von 40,4 Millionen Euro entstanden. Erstattet wurden davon rund 32,6 Millionen Euro.

Kreis Mayen-Koblenz (Rheinland-Pfalz)Der Kreis Mayen-Koblenz (CDU) hat seit 2015 rund 31,7 Millionen Euro ausgegeben.

Regionalverband Saarbrücken (Saarland)Im Regionalverband Saarbrücken (rund 329.000 Einwohner, SPD-Direktor) im Saarland ist in den vergangenen drei Jahren ein Defizit in Höhe von 6.974.192 Euro entstanden (Ausgaben seit 2015: 21.821.343 Euro / erstattet: 14.847.151 Euro). Dazu kommt ein Minus in Höhe von rund 5 Millionen Euro im Bereich „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“.

Rheinisch-Bergischer Kreis (Nordrhein-Westfalen)Der Rheinisch-Bergische Kreis (CDU) hat bislang knapp 9,2 Millionen Euro ausgegeben.

Kreis Fürstenfeldbruck (Bayern)Rund 4,1 Millionen Euro an Kosten gibt der Kreis Fürstenfeldbruck (CSU) für den Zeitraum seit 2015 an. Zum Stand 21. Oktober 2024 gibt es 87 Unterkünfte mit 2.309 Plätzen in der Kommune.

Annalena Baerbock mit Nancy Faeser und Marco Buschmann bei der Pressekonferenz nach dem Migrationsgipfel.

Zuletzt hatte sich im September der von der Bundesregierung groß angekündigte Asyl-Gipfel als Enttäuschung für die überforderten Kommunen erwiesen. Damals hatte Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf der anschließenden Pressekonferenz verkündet: „Wir haben die Situation, dass es einige Kommunen gibt, die an der Belastungsgrenze sind. Auf der anderen Seite – das haben wir heute auch besprochen – gibt es andere Kommunen, wo auch in den Erst-Aufnahmeeinrichtungen noch Plätze frei sind.“

Die Ampel denkt also gar nicht daran, dass sich an diesen Millionen-Summen für die Landkreise und Kommunen etwas ändert.

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