
Paukenschlag in Rheinland-Pfalz: Der AfD-Politiker Joachim Paul darf nicht bei der Bürgermeisterwahl in Ludwigshafen kandidieren. Der Wahlausschuss der Stadt fasste am Dienstag einen entsprechenden Beschluss und begründete ihn mit „Zweifeln an seiner Verfassungstreue“, wie der SWR berichtet.
Der Wahlausschuss hatte beim Landesverfassungsschutz, das dem SPD-geführten Innenministerium untersteht, nach einer Einschätzung der Personalie gefragt. Daraufhin verschickte der Inlandsgeheimdienst ein Gutachten an den Wahlausschuss. So berichtet es das Innenministerium auf Anfrage von NIUS.
In dem Papier enthalten sind mehrere öffentliche Äußerungen von Joachim Paul, die der Verfassungsschutz als problematisch einstuft. Das Schreiben war im Wahlausschuss am Dienstag verlesen und geprüft worden. Dann wurde abgestimmt. Dem Ausschuss gehören jeweils sechs Vertreter von SPD, CDU, FDP und FWG (Freie Wählergemeinschaft) an, die AfD ist jedoch nicht Teil des Gremiums.
Das Gutachten können Sie hier als pdf abrufen.
Das gesamte Gutachten gibt es bei NIUS zum Download
Besonders brisant: Der Abteilungsleiter des Verfassungsschutzes schreibt: „Vorsorglich weise ich darauf hin, dass insbesondere die den hiesigen Internet-Recherchen zugrundeliegenden Ergebnisse keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.“ Damit gibt er zu, dass seine Behörde vor allem Internet-Recherchen für ihre Erkenntnisse nutzte.
Die Wahl des Oberbürgermeisters soll am 21. September stattfinden. Jutta Steinbruck (parteilos), die bisherige Amtsinhaberin und gleichzeitige Vorsitzende des Wahlausschusses, tritt dabei nicht mehr an. Als gemeinsamer Kandidat von CDU und FWG geht Klaus Blettner ins Rennen. Für die SPD stellt sich Jens Peter Gotter zur Wahl. Als parteiloser Kandidat tritt Martin Wegner an.
Das Innenministerium von SPD-Minister Ebling verschickte einen Brief an den Wahlausschuss.
AfD-Politiker Joachim Paul spricht von einem undemokratischen Akt. „Die Wähler in Ludwigshafen und alle jene, die auf grundsätzlichen Wandel hoffen und ihn mit der Wahl der AfD verbunden haben, sind heute um ihre Stimme betrogen worden. Wer immer auch OB wird, er hat sein Amt einer undemokratischen Wahl zu verdanken, bei der Wähler in Ludwigshafen zuvor entrechtet und bevormundet worden sind, und zwar von der Konkurrenz!“
Es dürfe sich nun „niemand mehr wundern, wenn die Politikverdrossenheit immer größer wird“, so Paul, der seit 2016 für die AfD im rheinland-pfälzischen Landtag sitzt. Der gebürtige Koblenzer will nun rechtlich gegen die Entscheidung des Wahlausschusses vorgehen.
Erst am 10. Juli hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) eine neue Verfügung für Bewerber des öffentlichen Dienstes veröffentlicht, die insbesondere AfD-Mitglieder betreffen soll. Darin heißt es: „Alle Bewerberinnen und Bewerber müssen erklären, dass sie keiner extremistischen Organisation angehören oder in den letzten fünf Jahren angehört haben. Bestandteil hierfür wird eine vom Verfassungsschutz regelmäßig aktualisierte, nicht abschließende Liste extremistischer Gruppierungen und Organisationen, bei denen hinreichend tatsächlich Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. Auf dieser Liste wird daher auch die AfD geführt werden.“
„Zweifel an der Verfassungstreue können von Bewerberinnen und Bewerbern im Einzelfall ausgeräumt werden“, teilt eine Sprecherin des Innenministeriums auf Anfrage von NIUS mit. In der Praxis könnte es jedoch trotzdem zu einer Verweigerung der Neueinstellung von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst kommen – begründet mit einer Einzelfallentscheidung.
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