
Eine Woche vor den wichtigen Kommunalwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, dem ersten großen Stimmungstest seit der Bundestagswahl im Februar, berichtet der „Westdeutsche Rundfunk“ (WDR) über Sozialbetrug in großem Stil:
Kriminelle Banden locken Menschen aus Osteuropa mit falschen Jobversprechen nach Deutschland. Beantragtes „Bürgergeld“ fließt in dunkle Kanäle. Städte im Ruhrgebiet sind besonders betroffen – sie werden von der „Bürgergeld“-Mafia regelrecht ausgeplündert.
Vorgeblich Jobsuchende, hauptsächlich aus Bulgarien und Rumänien, werden in heruntergekommenen Häusern einquartiert. Sie beantragen dann als vermeintliche Aufstocker „Bürgergeld“. Das meiste Geld landet jedoch in mafiösen Strukturen. Arbeitsverträge mit niedrigen Löhnen erweisen sich dabei als gefälscht, um staatliche Sozialleistungen abzugreifen.
Duisburg und Gelsenkirchen besonders betroffen
Möglich wird das dem Bericht zufolge durch günstigen Wohnraum, vor allem in Städten mit vielen Schrottimmobilien. Vermieter und Arbeitgeber sind dabei oft identisch oder eng mit einander verflochten. Besonders betroffen sind laut WDR Städte wie Duisburg oder Gelsenkirchen.
Nach Angaben der Jobcenter gibt es unterschiedlichste Betrugsformen: Arbeitgeber, die gar nicht existieren, falsche Stundenzahlen, Schwarzarbeit. Möglich macht dies vor allem die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, die seit 2014 auch für Bulgarien und Rumänien gilt. Wer in einem EU-Mitgliedsstaat arbeitet und lebt, darf dort Sozialleistungen beantragen.
Hohe Dunkelziffer
Neue Zahlen der Bundesregierung belegen den Anstieg: 421 Verdachtsfälle bandenmäßigen Leistungsmissbrauchs wurden im vergangenen Jahr registriert – im Jahr zuvor waren es 229 gewesen. Bis Mai dieses Jahres kamen bereits 225 Fälle hinzu.
„Diese Daten bilden jedoch die tatsächliche Situation nicht ab, da einerseits nicht alle Fälle und Rückmeldungen erfasst werden und andererseits es in der Natur der Sache liegt, dass hier von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist“, so eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums.
In Gelsenkirchen zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Duisburg. Gelsenkirchen, wo mehr als die Hälfte des kommunalen Haushalts in Sozialleistungen fließen, gilt als ärmste Stadt Deutschlands. Menschen werden in maroden Häusern untergebracht, beantragen Stütze und müssen das Geld abgeben. Die Stadt geht mit Razzien dagegen vor.
„Direkt hierherzukommen, eigentlich so gut wie nicht zu arbeiten und Tausende Euro als Verfügung für die Familie zu haben – das führt zu einer sozialpolitischen Diskussion, die keinem guttut“, sagt Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD).
„Blaues Wunder“ in NRW erwartet
Beobachter erwarten bei den NRW-Kommunalwahlen am 14. September ein „blaues Wunder“. In der einstigen SPD-Hochburg Gelsenkirchen wurde die AfD bei der Bundestagswahl mit 24,7 Prozent der Zweitstimmen stärkste politische Kraft. Im Wahlkreis Duisburg II fuhr die AfD sogar 26,7 Prozent der Erststimmen und 24,8 Prozent der Zweitstimmen ein. Der Abstand zur führenden SPD war bei den Zweitstimmen mit nur 0,5 Prozentpunkten hauchdünn.
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