
Auf der Welt leben Millionen von Menschen unter schlechteren Bedingungen als wir, und viele haben den berechtigten Wunsch, auf der Suche nach einem besseren Leben nach Italien oder nach Europa zu kommen. Afrika allein zählt mehr als eine Milliarde Menschen, die ihre Lage objektiv verbessern würden, wenn sie bei uns im Westen wären. Aber können Italien, Europa, der Westen diese Millionen von Menschen aufnehmen und ihnen Lebensbedingungen bieten, die denen, über die wir uns freuen können, zumindest ähnlich sind? Sagen wir es offen und verantwortungsbewusst: nein. Und das nicht, weil man es nicht will, sondern weil es faktisch unmöglich ist, eine Utopie. (…) Denn je mehr Einwanderer kommen, desto schlechter werden hier ihre Lebensbedingungen. Und damit auch die Lebensbedingungen derer, die sie aufnehmen. Mit dem Resultat, dass wir das Leid vervielfachen, anstatt es zu beenden.
In all den Jahren der Debatten über Einwanderung ist es mir nie gelungen, von Unterstützern einwanderungsfreundlicher Theorien klare Antworten auf Fragen zu bekommen, die doch einfach waren: Dürfen alle einwandern, die das wollen, ohne Unterschied und ohne Einschränkung? Und wenn nicht alle, wie viele? Eine Million, zwei, zehn? Selbst wenn es 20 Millionen wären oder mehr, was würde passieren, wenn diese Zahl erreicht wäre? Würde man dem nächsten Migranten die Einwanderung verbieten, ja oder nein? Und wie soll das gehen, mit Zurückweisungen, mit Schiffsblockaden, wie? Und warum sollten wir Empathie empfinden für die, die wir ankommen sehen, aber unempfindlich sein gegenüber denen, die es nicht schaffen, unsere Küsten zu erreichen, weil sie vielleicht nicht das nötige Geld haben für die Schleuser und sich sogar in einer noch schlimmeren Lage befinden als die, die hier ankommen.
Wir [d.i. „Fratelli d’Italia“ – Anm. d. Red.] haben immer gesagt, dass Einwanderung ein komplexes Thema ist, das man seriös behandeln muss, und dass dafür klare und vernünftige Regeln erforderlich sind.
Die erste Regel ist, dass man nicht illegal nach Italien einwandern darf. Ein verantwortungsbewusster Staat darf nicht das Signal aussenden, dass diejenigen, die unter Verstoß gegen das Gesetz einreisen, gegenüber denjenigen bevorzugt werden, die sich an die Regeln halten und sich geduldig in der Reihe anstellen, um mit einer regulären Aufenthaltsgenehmigung einzureisen, wie es in den letzten Jahren mit der Aufhebung der »Strömungsdekrete«, dem Mechanismus, mit dem der Staat die Quoten der legalen Einwanderung nach Nationalität unterteilt festlegt, dann auch geschehen ist.
Die Quoten für die legale Einwanderung wurden aufgrund der massiven illegalen Einwanderung, die unsere Kapazitäten (und Bereitschaft), Fremde aufzunehmen, erschöpft hatte, faktisch auf null gesetzt. Ergebnis: Tausende von Filipinos, Peruanern, Moldauern, Ukrainern, die in der Vergangenheit eine Einreisegenehmigung beantragt hatten, konnten das nicht mehr tun. Ist das gerecht? Ich glaube nicht. Die Botschaft, die ausgesendet wurde, ist skandalös und kriminell: Lieber Ausländer, wenn du nach Italien einreisen willst, besteht die einzige Möglichkeit darin, dass du einen Schleuser bezahlst und illegal einreist, denn die Auswahl bei der Einreise nimmt hier nicht der Staat nach seinen Regeln und im Rahmen seiner Beurteilung vor, sondern das machen Menschenhändler des dritten Jahrtausends nach ihren Regeln.
Aus Gründen der Seriosität, aber auch des Respekts gegenüber denen, die rechtmäßig einwandern wollen, sollte jeder Staat alles in seiner Macht Stehende tun, um illegale Masseneinwanderung zu verhindern. Einschließlich der Errichtung von Mauern oder der Verhängung einer Schiffsblockade, wenn nötig.
Es ist nicht richtig, dass es sich um einen kriegerischen Akt handelt, weil die von uns vorgeschlagene Schiffsblockade nämlich in Abstimmung mit den Behörden in Nordafrika verhängt wird, um ein Auslaufen der Boote zu verhindern. Außerdem ist unser Vorschlag viel humaner als das, was gegenwärtig passiert, eine Auswahl aufgrund von Geld, das einer bezahlen kann, um nach Italien einzuwandern, und was unvermeidlich am Ende Wirtschaftsflüchtlinge begünstigt und diejenigen im Stich lässt, die wirklich auf der Flucht sind vor Krieg und Verfolgung. (…)
Sobald entschieden ist, dass man nicht illegal einwandern kann, ist es richtig, über die »Quoten« einer Einwanderung zu sprechen, die Italien braucht. Die demografischen Daten sind erschreckend. Wir erleben einen zunehmenden Rückgang der Bevölkerung und eine starke Verringerung der Einwohnerzahl in Italien. Die Anzahl der Toten übersteigt aktuell die der Geburten. Mit anderen Worten, wir sind als Volk zum Aussterben verurteilt. Die erste Antwort auf dieses Problem muss ein Plan zur Steigerung der Geburtenzahlen sein. (…) Eine Änderung der Marschrichtung, die wir versuchen werden einzuleiten, wird leider vor Ablauf von Jahrzehnten, wenn nicht gar Jahrhunderten, kaum Früchte tragen können.
Also braucht Italien, zumindest im Moment, tatsächlich eine Einwanderungsquote, und niemand hat das je bestritten. Es ist die Pflicht des Staates, diese Quote für legale Einwanderung festzulegen (die sich von der Quote für Flüchtlinge unterscheidet, das wiederhole ich, weil bei diesem Thema völlige Verwirrung herrscht, und zwar mit Absicht geschürt), um auf die Bedürfnisse der nationalen Gemeinschaft entsprechend reagieren und gleichzeitig den Einwanderern, die wir aufnehmen wollen, eine würdige Zukunft garantieren zu können.
Auch hier ist die Datenlage, ohne jede Demagogie, klar: der einzige Faktor, der die demografische Entwicklung einer beliebigen »Zusammenkunft« von Menschen beeinflusst, ist die Anzahl gebärfähiger Frauen in dieser Gemeinschaft. Bedeutet: Wenn die Einwanderung dazu beitragen soll, den demografischen Rückgang zu bekämpfen, dann sind die wichtigsten Daten die Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter, die nach Italien kommen. Warum hat aber dann die Linke, obwohl sie immer behauptet hat, wir bräuchten die Einwanderer vor allem, um den demografischen Wandel aufzuhalten, nicht den Familien Priorität eingeräumt, sondern zugelassen, dass circa 90 Prozent der 700 000 illegalen Einwanderer, die hier in den vergangenen Jahren in Booten ankamen, ausschließlich Männer waren? Geheimnisse eines blinden Glaubens an die Einwanderung. (…)
Und dennoch ist es gerade das Thema der kompatiblen Einwanderung, das die Linke am meisten aufregt. Warum eigentlich? (…) Weil Einwanderung eins der Instrumente der Globalisten ist, nationale Zugehörigkeiten auszuhebeln, ein unterschiedsloses Gemisch von Kulturen zu schaffen und am Ende eine vollkommen gleichförmige Welt zu haben, die möglichst nur aus schwachen Menschen besteht. Und eine kompatible Einwanderung ist in diesem Zusammenhang nicht von Nutzen. Außer dass damit Antworten auf die Leiden der Einwanderer gegeben und sie als Teil der Entwicklung der nationalen Gemeinschaft betrachtet werden. Das ist die Wahrheit. Und man kann sie mit Fakten belegen.
Nehmen wir den Fall Polen: Polen steht seit Langem unter Beschuss, weil es sich der Verteilung derer widersetzt, die in den Ländern Südeuropas illegal an Land gehen. Gegenüber den Vorwürfen hat Warschau darauf hingewiesen, dass es auf seinem Staatsgebiet mehr als eine Million Ukrainer beherbergt, Menschen, die vor einem Krieg fliehen, der bereits viele Tote gekostet hat, anders als bei den Flüchtlingen, die an unseren Küsten an Land gehen. Die Antwort des Mainstreams auf diesen Einwand? Die Ukrainer zählen nicht, weil sie Europäer, Christen und den Polen kulturell sehr ähnlich sind, also nicht von Nutzen für den Plan der Globalisten, die nationale Identität zu unterminieren. (…)
Das ganze Thema hat aus einem Grund, den man fast nie berücksichtigt, für Italien eine noch größere Relevanz: Es gibt ungefähr 60 Millionen Menschen italienischer Abstammung, die auf der ganzen Welt verstreut leben. Faktisch ein zweites Italien. Viele von diesen Italienern träumen davon, in ihrem Ursprungsland wieder aufgenommen zu werden, aber auch hier tun wir so, als sähen wir sie nicht. Ich dagegen glaube, dass es Sinn macht, dass wir, wenn wir Einwanderung brauchen, zuallererst die Rückkehr derer fördern sollten, die italienische Wurzeln haben, denn deren Einwanderung brächte keinerlei Integrationsprobleme mit sich.
Und was ist mit den Christen? Die Verfolgung der Christen ist die am weitesten verbreitete und grausamste auf der Welt. Warum tun wir so, als sähen wir sie nicht? Warum sollten wir uns als Wiege des Christentums nicht bevorzugt um sie kümmern angesichts der Tatsache, dass sie in islamischen Ländern nicht leicht Asyl finden, Länder, die sie im Gegenteil fast immer bekämpfen, sie an den Rand drängen und tatsächlich verfolgen? Ich höre sie schon schreien, die Meister der Einseitigkeit, die gewöhnlich den Bösen gut und den Guten böse sind, wegen dieser »heiklen« Positionen von mir, die mir wahrscheinlich einen großen scharlachroten Buchstaben an die Brust heften werden: »Rassistin, ausländerfeindlich, schäm dich!«
Gekürzter Auszug des Kapitels „Rassismus des Fortschritts“ aus: Giorgia Meloni, Ich bin Giorgia. Meine Wurzeln, meine Vorstellungen. Europa Verlag, Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten, 26,00 €.