Obergrenze, Zurückweisungen: Wie zuvor schon große Migrationsversprechen im Sande verliefen

vor etwa 2 Monaten

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Union und SPD haben sich bei den Sondierungsgesprächen grundsätzlich geeinigt, wie es in der Migrationspolitik weitergehen soll: Zurückweisungen an den deutschen Grenzen, „auch bei Asylgesuchen“, wie Merz sagte, Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte aussetzen, freiwillige Aufnahmeprogramme beenden (mehr dazu hier). In den Koalitionsverhandlungen müssen nun die Details geklärt werden. Die Details können von der theoretischen Absichtserklärung hin zur praktischen Umsetzung den entscheidenden Unterschied machen.

Das zeigen zwei Beispiele aus der Vergangenheit: Die Einführung systematischer Grenzkontrollen im September 2024 und die Einführung einer Obergrenze von 200.000 Asylbewerbern im Jahr 2017. Nach dem Anschlag von Solingen, bei dem ein syrischer Flüchtling drei Menschen tötete und acht weitere mit einem Messer verletzte, wurden systematische Grenzkontrollen an allen deutschen Landesgrenzen mit der „Möglichkeit für Zurückweisungen von Personen nach Maßgabe des europäischen und nationalen Rechts“ eingeführt, wie es in einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums hieß.

Bereits seit Oktober 2023 gab es stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz sowie seit 2015 zu Österreich. Während Nancy Faeser am 16. September die Möglichkeit von Zurückweisungen ankündigte, wurde Ende September ein Unionsantrag von der Tagesordnung des Innenausschusses gestrichen, der vorsah, dass Asylbewerber an der Grenze zurückgewiesen werden können (Apollo News berichtete). Noch Anfang September sprach sie davon, dass die Grenzkontrollen eine „massive Ausweitung der Zurückweisungen“ ermöglichten.

Doch eine Pressemitteilung der Bundespolizei vom 03. Februar zeigt, dass von den 22.243 unerlaubten Einreisen, die seit Mitte September registriert worden waren, nur 13.786 Personen zurückgewiesen oder zurückgeschoben wurden. Eine Anfrage der Linken an die Bundesregierung im Juli 2024 (Bundesdrucksache 20/12827) ergab, dass bei den stationären Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz von 17.590 Personen, die im vierten Quartal 2023 illegal einreisen wollten, nur 7.351 Personen zurückgewiesen wurden.

Zurückgewiesen werden konnten damals nur Personen, die keine gültigen Einreisedokumente hatten und keinen Asylantrag stellten, oder Personen, die bereits in anderen EU-Ländern einen Asylantrag gestellt hatten. Die Anfrage der Linken ergab, dass von 17.590 Personen, die im vierten Quartal 2023 illegal einreisen wollten, 8.918 Personen einen Asylantrag in Deutschland stellten. Von allen Personen, die von August 2023 bis Juni 2024 über alle Landesgrenzen illegal einreisen wollten und in Deutschland einen Asylantrag stellten, waren 48,2 Prozent syrisch und 15,0 Prozent afghanisch.

Schon als Faeser also eine „massive Ausweitung der Zurückweisungen“ versprach, sah die Praxis anders aus. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Obergrenze für Flüchtlinge, die 2017 beschlossen wurde. Im Januar 2016 hatte der damalige CSU-Vorsitzende Horst Seehofer eine Obergrenze für Asylbewerber von 200.000 pro Jahr gefordert. „Diese Zahl ist verkraftbar, und da funktioniert auch die Integration. Alles, was darüber hinausgeht, halte ich für zu viel“, hatte er gesagt.

Im Oktober 2017 hieß es dann in einem Papier der CDU und CSU: „Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen […] die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt.“ Doch aus der starren Grenze, die Seehofer gefordert hatte, war nur ein Ziel geworden. Gleichzeitig sollte es aber keine Zurückweisungen an der deutschen Grenze geben.

Außerdem könne die Zahl bei entsprechenden nationalen oder internationalen Entwicklungen „nach oben und unten“ korrigiert werden, hieß es, wie die Zeit damals berichtete. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD von 2018 hieß es dann, dass die Zuwanderung „die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen“ werde – ohne konkrete Vorgaben, wie dies durchzusetzen sei. Zugleich wurde betont, dass man sich „zu den aus dem Recht der EU resultierenden Verpflichtungen zur Bearbeitung jedes Asylantrags“ bekenne. Das Wort „Obergrenze“ wurde nicht mehr verwendet.

Es ist noch offen, wie Union und SPD die im aktuellen Sondierungspapier angekündigten Maßnahmen zur Migrationspolitik umzusetzen gedenken, ob es tatsächlich eine Zurückweisung von Asylbewerbern geben wird, wie angekündigt. Klar ist: Absichtserklärungen können sich kraftvoller anhören, als die Umsetzung in der Realität es dann tatsächlich ist.

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