Öffentlich-rechtliche Krise: Zuschauer fliehen, Kritik explodiert

vor 17 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die deutsche Film- und Fernsehbranche ist vollständig durchsubventioniert. Das bedeutet, dass alle Produzenten versuchen, TV- und Fördermittel zu erhalten, die nahezu ihre gesamten Herstellungskosten abdecken. Privatinvestitionen, Verleihgarantien und Auslandsverkäufe machen in der Regel nie mehr als 20 % der Finanzierung aus. Daher gibt es faktisch keine Produktionen, die ohne Fernsehsender (einschließlich Streamer) oder Förderpartner realisiert werden. 90 % aller Produktionen stammen von etwa 50 Produktionsfirmen in Deutschland, von denen etwa die Hälfte Rahmenverträge mit den Sendern hat oder sogar deren Tochtergesellschaften ist (Studio Hamburg, Bavaria u. a.).

Es gibt auch mündliche Rahmenverträge bzw. feste Absprachen, nach denen zum Beispiel jährlich drei TV-Filme und/oder eine Serie gemeinsam produziert werden. Wird eine Serie aufgrund mangelnden Erfolgs eingestellt, folgt meist eine neue Serie – mit derselben Produktionsfirma. Das ist wirtschaftlich paradox, schließlich war die vorherige Produktion ein Misserfolg – aber so läuft es eben, wenn Wettbewerb keine Rolle spielt und stattdessen Vetternwirtschaft und Korruption herrscht.

Meine siebenjährige Tätigkeit bei der TaunusFilm, einer Tochterfirma der hr-Werbung, die wiederum dem Hessischen Rundfunk gehört, gab mir Einblick in all diese Verstrickungen. Wir kontrollierten zum Beispiel die Firma TV 2000, die Sendungen wie „Weißblaue Geschichten“ und „Urlaub vom Alltag“ produzierte. Bei den Dreharbeiten musste ich dem Unterhaltungschef des SWR regelmäßig Bargeld „zum Einkaufen“ aushändigen. Es gibt Tausende von Filmemachern und Firmen in Deutschland, die immer noch glauben, es genüge, gute Ideen zu haben, um bei Sendern, Streamern und Förderinstitutionen eine Chance auf Finanzierung zu bekommen. Diesen sei gesagt: Spielt lieber Lotto – die Erfolgsaussichten sind größer.

Vor etwa zwei Jahren wollte die Bavaria in München gemeinsam mit mir und einem führenden Experten zum Thema Amokläufe eine Doku-Serie realisieren. Wir wurden nach München eingeladen, und es gab ein längeres Arbeitsgespräch. Der Experte und ich sollten als Showrunner fungieren. Der Vertrag, den man uns schließlich vorlegte, war ein Fall für die Sendung „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ – wir wären für jeweils rund 3.000 Euro pro Person jederzeit kündbar gewesen. Uns wurde gesagt, „das sei Standard“. Wäre ich ein Filmemacher ohne Referenzen und finanzielle Mittel gewesen, hätte ich den Vertrag womöglich unterschrieben und aufs Beste gehofft. Wir unterschrieben ihn jedoch nicht, boten die Doku-Serie selbst an – und wurden überall abgelehnt. In den vergangenen fünf Jahren habe ich bei deutschen Sendern, Förderinstitutionen und Streamern jeweils über zehn Produktionen eingereicht – und wurde mit jeder einzelnen abgewiesen. Und das, obwohl ich weltweit der bekannteste deutsche Regisseur und Produzent nach Roland Emmerich bin. 39 Spielfilme mit zahlreichen Hollywoodstars und Oscar-Gewinnern reichen nicht aus, um in den deutschen Produktionskreislauf aufgenommen zu werden.

Ein Produzent aus Nordrhein-Westfalen, der bei einer Förderrunde der mit etwa 50 Millionen Euro jährlich ausgestatteten Filmstiftung NRW anwesend war, erzählte mir, wie diese Sitzungen ablaufen: Über rund 100 Projekte wird entschieden. 90 davon – die keine Lobby haben, also nicht von den Top-Produzenten stammen und/oder keine Verleih- und TV-Partner vorweisen können – werden innerhalb von zehn Minuten abgelehnt. Die restlichen zehn Projekte haben in der Vergabejury, die aus TV- und Produktions- oder Verleihangestellten sowie Regierungsmitarbeitern besteht, bereits Fürsprecher und werden durchgewunken. Es steht also schon im Vorhinein fest, was genehmigt wird – die Jury vertritt schlicht die Interessen der Firmen, für die sie arbeiten.

Damit ist für diese Produktionen die Grundlage geschaffen, um überall sogenanntes „freies Geld“ – letztlich also von uns Steuerzahlern bereitgestellte Mittel – abzuschöpfen. Und bei der Produktion hört es nicht auf. Auch die Projektentwicklung sowie Vertrieb und Verleih der Filme werden gefördert und durch die beteiligten TV-Sender aktiv unterstützt. Festivalteilnahmen werden bezahlt, ebenso wie die Preise – ob LOLA, Europäischer Filmpreis, Deutscher Filmpreis oder Bayerischer Filmpreis –, die allesamt aus Steuermitteln finanziert werden und einzig dazu dienen, den geförderten Produktionen eine Plattform zu verschaffen. Die deutsche Filmbranche ist daher nichts anderes als eine Wohlfühloase der Top-50-Produktionsfirmen, die im Gleichklang mit dem ebenfalls durchsubventionierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer Parallelwelt leben – wie sonst nur afghanische Bürgergeldempfänger und Bundestagsabgeordnete.

Dass deutsche Filme im Ausland nicht funktionieren, ist seit Langem bekannt. In den letzten 50 Jahren gab es nur wenige Ausnahmen, die nennenswerte Umsätze generieren konnten. Immer wieder werden „Das Boot“, „Das Leben der Anderen“ oder „Lola rennt“ als Referenzen genannt. Doch der angeblich „meisterhafte Welterfolg“ „Lola rennt“ spielte weltweit nur 7,6 Millionen Dollar im Kino ein – wovon etwa die Hälfte bei den Kinos blieb. Mein von Kritikern als „katastrophaler Flop“ bezeichneter Film „House of the Dead“ kam auf 13,9 Millionen Dollar Kinoumsatz – plus rund 30 Millionen Dollar durch DVD- und Blu-ray-Verkäufe (im Vergleich: „Lola rennt“ etwa 4 Millionen). Von jährlich über 100 deutschen Filmen erzielen rund 80 keinerlei nennenswerte Kino-, DVD-, Blu-ray- oder Streaming-Erlöse – weder im In- noch im Ausland. Es handelt sich also de facto um TV-Produktionen, deren Budgets durch Fördermittel künstlich aufgebläht wurden.

Ich könnte jetzt fragen, warum ich kein Geld bekomme, obwohl meine Filme um ein Vielfaches erfolgreicher sind als 99 % der deutschen Produktionen. Die Antwort liegt auf der Hand: Niemand verliert bei all den Flops eigenes Geld – es geht ausschließlich um Förder- und Fernsehmilliarden. In Deutschland wurden 2024 insgesamt nur 90 Millionen Kinotickets verkauft, davon lediglich 18 Millionen (also rund 20 %) für deutsche Filme. Frankreich hat rund 20 Millionen Einwohner weniger, verkaufte 2024 aber doppelt so viele Tickets – und davon 44 % für französische Produktionen. Deutsche Filme sind meist langweilig, selbst das deutsche Publikum will sie nicht sehen. Warum ändert die Politik das nicht? Weil die Parteien Teil des Systems sind. Solange sie jährlich über 12 Milliarden Euro für Förderung und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk genehmigen, haben sie wenig Kritik zu fürchten – und nutzen Sender und Filme, um ihre Botschaften zu transportieren.

Zusätzlich muss die Frage gestellt werden, warum die Aktionäre und Eigentümer der Top-50-Produktionsfirmen so still bleiben und hinnehmen, dass ihre Geschäftsführer trotz 60 bis 90 % staatlicher Finanzierung katastrophale wirtschaftliche Ergebnisse liefern. Selbst die quasi-staatliche Bavaria und das Studio Babelsberg schreiben für 2024 Verluste im siebenstelligen Bereich. Firmen, die bei Kritikern, Sendern und Förderinstitutionen hoch im Kurs stehen – etwa X-Filme mit „Lola rennt“-Regisseur Tom Tykwer, Dani Levy oder Pantaleon, gegründet von XXXL-Möbelhaus-Ikone Matthias Schweighöfer – arbeiten verlässlich defizitär. Pantaleon wies 2024 Umsätze in Höhe von 4,1 Millionen Euro aus – bei Verbindlichkeiten von 44,9 Millionen Euro. Die Bilanz liest sich mehr als bedenklich und wirr: Das EBIT liegt bei –3,3 Millionen, die Aktie verlor über 50 % an Wert.

Die wohl international bekannteste deutsche Produktionsfirma Constantin, einst durch den verstorbenen Produzenten Bernd Eichinger mit Filmen wie „Der Name der Rose“, „Die unendliche Geschichte“, „Der Untergang“, „Das Parfum“ und „Resident Evil“ berühmt geworden, gehört heute zur Schweizer Highlight AG. Die Aktie, die vor drei Jahren noch über vier Euro wert war, steht inzwischen bei 1,14 Euro. Für 2024 wird ein Verlust von 30 Millionen Euro ausgewiesen – das entspricht einem Ergebnis je Aktie von –1,58 Euro. Den kurzfristigen und langfristigen Schulden in Höhe von 472 Millionen Schweizer Franken steht ein angebliches Filmvermögen – also der Restwert bereits ausgewerteter Filme – von 223 Millionen Franken als Sicherheit gegenüber. Anfang 2025 verfügte das Unternehmen nur noch über rund 17 Millionen Franken liquide Mittel, während die kurzfristige Nettoverschuldung bei 134,5 Millionen Franken lag. Die Firma beschäftigt 1.337 Mitarbeiter, davon 1.154 in Deutschland – fast alle bei Constantin. Das einstige Highlight der Highlight AG, die deutschen TV-Rechte an der UEFA Champions League, wurde inzwischen ab 2027 an andere vergeben. Constantin landete 2024 mit dem 30-Millionen-Euro-Film „Hagen“ zudem einen desaströsen Flop.

Jeder Streamer oder öffentlich-rechtliche Sender, der solchen Firmen weiterhin Aufträge und Mittel zuschanzt, obwohl deren Zahlungsfähigkeit längst zweifelhaft ist, macht sich juristisch angreifbar. Doch das scheint weder Sender noch Förderinstitutionen zu kümmern – sie werden für ihr Handeln ohnehin kaum zur Rechenschaft gezogen, wie nicht zuletzt die jüngsten Skandale beim RBB und BR gezeigt haben.

Das Fazit: Die durchsubventionierte deutsche Filmbranche hat ein Milieu von politisch korrekten Anpassern hervorgebracht, die sich zwar hervorragend darin verstehen, sich im Smoking mit dem Champagnerglas bei selbstgeschaffenen Preisverleihungen zu feiern – als Produzenten und Kaufleute aber weitgehend versagt haben.

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