
In Österreich werden Besitzer von E-Autos bald zur Kasse gebeten. So berichtet es der Focus. Demnach will die künftige FPÖ-ÖVP-Regierung eine „motorbezogene Versicherungssteuer für E-Autos“ einführen. Das soll dem österreichischen Staat, dem ein Defizitverfahren droht, rund 65 Millionen Euro jährlich bringen.
Das ist ein Menetekel. Und der Einschlag findet vor der deutschen Haustüre statt. Autor Sebastian Viehmann schließt demnach konsequent: Das Beispiel sollte auch in Deutschland Schule machen. Zitat: „Denn es ist nicht einzusehen, dass eine von der Politik in Berlin und Brüssel forcierte „Antriebswende“ auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen wird. Wer mit Benzin und Diesel fährt, wird in Deutschland bereits kräftig geschröpft – unter anderem durch die CO2-Steuer, die sich auch noch jedes Jahr erhöht wie in eine Staffelmiete.“
Angesichts klammer Kassen und abflauender Begeisterung für die grüne Transformation wären dies noch vor zwei Jahren ketzerische Worte gewesen. Aber die Welt hat ihr Gesicht seitdem rasant geändert. Bereits vor einem Jahr haben sich die maßgeblichen Finanzinstitute umorientiert. Die Bundesregierung hat ihre Anreize zum E-Auto-Erwerb massiv zurückgefahren. E-Auto-Besitzer sollte das nicht wundern – auch der Diesel galt einmal als Profiteur der deutschen Auto-Politik, bis die Besitzer geschröpft wurden.
Neben der Erkenntnis, dass die Zeiten der E-Förderung langsam ihrem Ende entgegensehen, bringt Viehmann einen zweiten Gedanken ein, der bisher nur selten erörtert wird. Wenn der Fiskus wegen Umsattelns von Verbrennern auf Elektro weniger bei der Mineralölsteuer einnimmt, wird er sich woanders seine Steuermillionen suchen:
„In der EU wurden bereits Ideen einer Art Mega-Maut durchgespielt, bei der jeder Autofahrer jeden (!) gefahrenen Kilometer bezahlen soll, unabhängig von der Antriebsart. Das würde individuelle Mobilität für viele unbezahlbar machen und eine Pauschalbesteuerung wäre dann sicher der bessere Weg.“
Das gilt nicht nur für die EU. Erst im Sommer 2024 hat die Bundesregierung ganz ähnliche Szenarien durchspielen lassen. Der von der Bundesregierung eingesetzte Sachverständigenrat für Wirtschaftsfragen (vulgo: „Wirtschaftsweisen) schlagen vor, Autofahrer sollten nach Fahrleistung, also gefahrenem Kilometer bezahlen. Die Wirtschaftsweisen rechtfertigten den Vorschlag mit dem schlechten Zustand der Verkehrsinfrastruktur.
Interessant, worauf der Vorschlag der Wirtschaftsweisen gründet. Es ist nämlich eine Idee, die bereits seit 2022 durch die Stuben von Verkehrsexperten wabert. Und auch die Wirtschaftsweisen nennen jenen Ideengeber, den TE-Leser erwarteten: Die Agora Verkehrswende.
Das sollte deswegen nicht überraschen, da die Sachverständigen sich gleich von zwei Agora-Leuten beraten ließen: Carl-Friedrich Elmer, Christian Hochfeld und Urs Maier. Explizit verweist der Sachverständigenrat im Sommer 2024 auf ein Papier der Agora Verkehrswende aus dem Jahr 2022, das eine PKW-Maut empfiehlt. Dort rechnet die Schwester der Agora Energiewende vor:
„Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut auf allen Straßen sichert die Finanzierung für den Substanzerhalt von Straßeninfrastruktur und den weiteren Ausbau von Alternativen zum privaten Pkw in Deutschland. Die Finanzierung der Straßeninfrastruktur basiert bisher hauptsächlich auf dem Energiesteueraufkommen. Dieses wird mit dem klimapolitisch dringlichen Wechsel von Benzin und Diesel hin zu Strom aus Sonne und Wind wegbrechen. Bei einem Satz von durchschnittlich 5,4 Cent je Fahrzeugkilometer im Jahr 2030 bringt die Pkw-Maut Einnahmen von insgesamt rund 33 Milliarden Euro.“
Eine PKW-Maut pro Kilometer ist im Jahr 2025 so wenig vermittelbar wie 2022. Allerdings war das ein Verbot für Autos mit Verbrennungsmotor im Jahr 2012 auch, bevor es 2016 de facto in die deutschen Klimapläne reingeschrieben und später durch die EU zumindest im Bezug auf Diesel und Benzin sanktioniert wurde. Nicht ohne Grund steht deswegen 2030 als angegebenes Ziel im Papier. Die Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen.
Wie aktuell das Thema in Fachkreisen ist, zeigt der MDR. Noch am 3. Januar 2025 durfte Urs Maier dort das Projekt vorstellen – jener Urs Maier von der Agora Verkehrswende, der auch im Austausch mit den „Wirtschaftsweisen“ stand. Maier war, bevor er zur Agora stieß, von 2011 bis 2016 bei der Deutschen Umwelthilfe als Projektmanager im Bereich Verkehr und Luftreinhaltung.
Die Idee ist also nicht vom Tisch, und insbesondere die in der Vergangenheit bestehenden Über-Bande-Spiele mit dem Umweltbundesamt dürften ein Vehikel sein, um die Debatte über eine „Kilometer-Maut“ auch in Zukunft am Laufen zu halten. Über der individuellen Mobilität hängt weiterhin ein Damoklesschwert.