
Freischwebende Behauptungen gehören zu den Stilmitteln der deutschen Politik, gerade wenn es um die USA geht, aber auch um andere Länder, in denen Mandats- und sonstige Würdenträger „Autokraten“ vermuten. So erklärten kürzlich die Grünen-Politiker Andreas Audretsch und Konstantin von Notz in einem Gastbeitrag der „Wirtschaftwoche“ die Plattformen X und Facebook zu Bedrohungen ‚unserer Demokratie‘, die man „notfalls zerschlagen“ müsse. Worin die Bedrohung konkret bestehen soll, verrieten sie nicht.
Im ähnlichen Stil behauptete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing ausgerechnet in seiner Osterpredigt, in den Vereinigten Staaten sei ein autoritärer Staatsumbau im Gange. Belege? Keine.
Am weitesten ging bisher der grüne Landwirtschafts- und Wissenschaftsminister Cem Özdemir, der Trump und dessen Regierung sogar für das Zentrum einer weltumspannenden Verschwörung hält. In n-tv erklärte der Noch-Minister: „Die Trump-Maschinerie unterstützt alle korrupten Autokraten dieser Welt. Das Ziel der Trump-Regierung ist ein Regime Change – auch in Deutschland, in der Europäischen Union, in Taiwan, in Südkorea, in Japan, in Neuseeland, in Australien – überall, wo die Menschen in einer liberalen Gesellschaft leben.“
Konkrete Anhaltspunkte? Damit hielt sich Özdemir nicht auf. Der AfD-Abgeordnete Matthias Moosdorf richtete deshalb die Frage an das Kanzleramt, ob die Bundesregierung Özdemirs Einschätzung teile, Trump bereite auch in Deutschland einen „regime change“ vor. Sollte das so sein, dann müssten das Kabinett und der gesamte Politikbetrieb ja hoch alarmiert sein. Moosdorfs Hoffnung, endlich einmal entweder offizielle Belege oder eine Zurückweisung der wüsten Behauptung eines Regierungsmitglieds zu bekommen, erfüllten sich allerdings nicht. Denn das Kanzleramt antwortete ihm: „Die Aussagen des Bundesministers für Bildung und Forschung und Ernährung und Landwirtschaft stehen für sich.“
Dort bleiben sie offenbar auch stehen. Die Erwiderung bedeutet also: Geht es um die USA, darf ein Minister frei fantasieren und muss nichts begründen.
Demnächst geht es bei Audretsch, Özdemir und anderen wieder um deren zweitliebstes Thema: „Bekämpfung der Desinformation“.