
Der Co-Bundesvorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, hat in einem Interview mit The European von einem Ende der „grünen Hegemonie“ gesprochen. Der Zeitgeist, der den Grünen lange Zustimmung brachte, sei verflogen: „Der Zeitgeist ist – nicht nur, aber eben auch unter dem Eindruck der akuter wirkenden Krisen und Konflikte – ein anderer geworden, nicht nur hier in Deutschland. Weltweit geraten progressive und ökologische Kräfte unter Druck, genauso wie die kritische Zivilgesellschaft“, so Banaszak in dem Interview.
Die Grünen müssten sich daher neu aufstellen – auch ohne Annalena Baerbock und Robert Habeck. Diese hätten, so Banaszak, „die Partei entscheidend geprägt“. Man sei aber „keine One-Man- oder One-Woman-Show, sondern ein starkes Team“. Aufgabe der Partei sei „es jetzt, eine stark angewachsene Partei zu organisieren und unser Programm für die neue Zeit weiterzuentwickeln. Diese Aufgabe ist alles andere als schnöde“, so Banaszak weiter.
Dabei soll auch der Ruf der Grünen als Klimaschutz-Partei eine Rolle spielen, auch wenn das Thema gerade nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Banaszak: „Der Klimakrise ist herzlich egal, wie viel über sie gesprochen wird – sie ist eine Tatsache, eine ziemlich brutale sogar. Es ist eine Frage der Zeit, wann die ökologische Wirklichkeit das nächste Mal in ihrer vollen Härte einschlägt.“
Die Notwendigkeit der Grünen sieht Banaszak allein schon im Hinblick auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD, der den Grünen als Opposition viel Angriffsfläche bieten würde. „Seien wir mal ehrlich: Dieser Koalitionsvertrag atmet doch förmlich die Resignation vor den Herausforderungen unserer Zeit. Wo sind die Ideen, wo ist die Vision für dieses Land?“, so Banaszak kritisch.
„Besonders beim Klimaschutz ist wenig zu erwarten, das Muster ist dabei bekannt: Union und SPD bekennen sich vage zu Zielen, ergreifen dann nur völlig unzureichende Maßnahmen und erklären hinterher, dass die Ziele zu viele Zumutungen mit sich bringen und deshalb abgeschwächt gehören. Das ist nicht nur unehrlich, das ist einfach Realitätsverweigerung“, so Banaszak zu dem Thema Klima.
Auch in der Frage der Außen- und Geopolitik enttäuscht die Einigung von Union und SPD: „Der Koalitionsvertrag liest sich, als wäre Donald Trump nicht ins Amt gekommen, als gäbe es Wladimir Putin nicht. Dabei braucht es gerade jetzt eine starke europäische Antwort auf wirtschafts- und handelspolitische Ausfälle ebenso wie bei der Stärkung der eigenen Sicherheit und Verteidigung“, so der Grünen-Politiker weiter.
Lob gibt es einzig und allein für die geplante Wirtschaftspolitik der neuen Regierung: „Ich sage ganz unironisch: Schön, dass so viel von dem fortgesetzt wird, was wir angestoßen haben“, so Banaszak in dem Interview mit The European. „In der Wirtschafts- und Industriepolitik steckt mehr Robert Habeck als Jens Spahn“, findet Banaszak. „Und dank unserer Unterstützung bei der Grundgesetzänderung hat die Koalition sogar die Haushaltsmittel, um die notwendigen Impulse – Stichwort Energiepreise – fürs Wachstum zu setzen. Wenn Friedrich Merz scheitert, dann nicht am Geld“, so der Grüne weiter.