Olaf Scholz verliert das Vertrauen: „Ein Ausbund an Selbstgerechtigkeit“

vor 4 Monaten

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Der Bundestag hat den Weg frei gemacht. Das Parlament hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) wie von ihm geplant das Vertrauen entzogen. 394 Abgeordnete haben sich gegen den Kanzler gestellt, 207 Abgeordnete für ihn, 116 Abgeordnete haben sich enthalten. Einzelne Abgeordnete der AfD stimmten aus taktischen Gründen für Scholz. Nun ist der Bundespräsident an der Reihe. Doch seine Prüfung ist – angesichts der Besetzung des Amtes – nur Formsache. Am 23. Februar wählen die Bürger voraussichtlich den 21. Bundestag.

Olaf Scholz ist vor das Parlament getreten mit der Bitte, es möge ihm das Vertrauen entziehen. Tja. Was sagt man in so einer Situation? Das alles super war und einem als Kanzler die Regierung gelungen sei? Das wäre intellektuell unbefriedigend – unglaubwürdig. Das würde nur jemand tun, dem gar nichts peinlich ist. Dem es nichts ausmacht, dass ihm kein Vernünftiger glauben wird. Und Olaf Scholz. Er sagt, er habe in schweren Zeiten eine Regierung zusammengebracht und das sei ihm gelungen.

Die FDP habe in der Ampel für Dauerzoff gesorgt. Es brauche „sittliche Reife“, die habe offensichtlich gefehlt, weshalb Scholz seinen Finanzminister Christian Lindner habe entlassen müssen. Kritische Worte über sich selbst finden sich beim Kanzler nur in dem, was er weglässt. So bezeichnet Scholz die deutschen Brücken, Straßen, Schienen und das Internet als so heruntergekommen, dass es eine „Generationenaufgabe“ sei, diese wieder auf einen akzeptablen Stand zu bringen. Was Scholz auslässt: Die SPD war 22 der letzten 26 Jahre in der Bundesregierung. Es waren Generalsekretäre, Arbeitsminister, Vizekanzler, Finanzminister und Kanzler der SPD, die das Land verlottern haben lassen. Es war Olaf Scholz, der all diese Ämter inne hatte.

Für sein schlechtes Gedächtnis erntet Scholz Kritik auf X. Vom ehemaligen Koalitionspartner. FDP-Generalsekretär Marco Buschmann schreibt: Der Kanzler sei „ein Ausbund an Selbstgerechtigkeit“. Doch auch der verbliebene Koalitionspartner stößt sich an Scholz: „Von einem Bundeskanzler, dessen Regierung gerade zu Ende geht, erwarte ich in einer Rede zur Vertrauensfrage ein Mindestmaß an Selbstreflektion.“

Im Bundestag kommt Friedrich Merz die Aufgabe zu, Scholz’ Respektlosigkeit gegenüber anderen zu kritisieren. Ebenso wie dessen Selbstgerechtigkeit. Die Rede des Kanzlers, so kritisiert Merz, sei „nicht nur respektlos“ gewesen, „sondern eine blanke Unverschämtheit“. Scholz habe seine Rolle in den 22 der letzten 26 Jahre vergessen, in denen die SPD an der Regierung beteiligt gewesen ist: „Waren sie auf einem anderen Stern unterwegs gewesen? Wo waren Sie in den letzten 22 von 26 Jahren?“

Merz zeigt die Schwächen dieser Strategie auf. In der Rede des Kanzlers sei der Begriff „Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft“ überhaupt nicht vorgekommen. Scholz könne nur Geld ausgeben, etwas anderem falle ihm nicht ein. Das bedeute, sagt Merz: Steuererhöhungen, mehr Schulden und mehr Umverteilung auf Kosten der nächsten Generation. Auch die habe Scholz in seiner Rede nicht erwähnt.

Doch dem demografischen Wandel sei Dank braucht ein Kanzler die nächste Generation nicht. Zumindest nicht bei Wahlen. Die entscheiden die Alten. Deswegen rudert Merz mit seinen Äußerungen zur Rente zurück, die von der SPD bereits geschickt als Bresche genutzt worden sind, um den Kanzlerkandidaten der Union anzugreifen. Und deswegen versichert der Christdemokrat nun: „Es wird mit uns keine Rentenkürzungen geben, wer etwas anderes sagt, lügt. Das Renteneintrittsalter bleibt bei 67.“

Auch Christian Lindner spricht dem Kanzler im Namen der FDP ab, dass der geeignet sei, die Wettbewerbsschwäche der deutschen Wirtschaft zu beheben. Bis tief in dieses Jahr hinein habe der Kanzler sogar geleugnet, dass es überhaupt eine Strukturkrise in der Wirtschaft gibt. Noch jetzt verweigere er sich jeder Erneuerung. Scholz habe gezeigt, dass er „keine Kraft zu grundlegenden Veränderungen“ habe. Als Beispiele dafür nennt Lindner, dass der deutsche Sonderweg in der Klimapolitik beendet und die Bürokratie abgebaut werden müsse. Wäre der FDP-Parteivorsitzende ein unbelasteter Anfänger, hätte diese Rede beeindrucken können. Nachvollziehbar erklären, warum er dies alles aber in den zurückliegenden drei Jahren nicht berücksichtigt hat, kann Lindner auch in der Debatte zur Vertrauensfrage nicht.

Die Ampel ist gescheitert. Robert Habeck (Grüne) sagt am offensten, warum: „Wir waren alle drei genervt voneinander.“ Das können die Bürger nur zu gut nachvollziehen, das geht den meisten auch so. Nun ist auch der Kanzler gescheitert. Offiziell. Neuwahlen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schon terminiert, auf den 23. Februar. Vielleicht verwehrt der Sozialdemokrat Steinmeier aber noch den Wunsch des Sozialdemokraten Scholz und kommt in seiner Prüfung zum Ergebnis, dass er als Präsident Neuwahlen nicht verantworten kann. Sorry für diesen Gedanken. Aber wer Olaf Scholz 25 Minuten zugehört hat, muss auch mal komplett an jeder Plausibilität vorbei formulieren dürfen.

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