
Wie schlagfertig ist unsere Truppe im Moment? Welche Anforderungen stellt die NATO an die Bundeswehr? Was muss Verteidigungsminister Pistorius liefern?
Bundeswehr- und Geheimdienst-Insider Prof. Patrick Sensburg weiß als Chef des Reservistenverbandes genau, wie es um die Einsatzfähigkeit der deutschen Armee steht. In einer neuen Ausgabe von „Schuler! Fragen, was ist“ erklärt der CDU-Politiker, warum Deutschland aktuell „nur begrenzt leistungsfähig“ ist.
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Kaputte Panzer, Flieger am Boden, zu wenig Munition, zu wenig Gewehre – um die Bundeswehr ist es aktuell nicht gut bestellt. Ist die Truppe eigentlich noch zu retten? „Ja“, sagt Patrick Sensburg. Er glaube, dass das bestehende Material gut sei. Das größere Problem: „Es ist von allem zu wenig. Das ist unser Kernproblem.“ Das fange bei zu wenig Soldatinnen und Soldaten an, gehe über Waffensysteme und Ende bei Verbrauchsmaterialien wie Munition. „Wir haben 30 Jahre die Bundeswehr reduziert“, attestiert der Reservistenchef.
Patrick Sensburg ist Professor an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in NRW
Durch die NATO habe Deutschland im Bündnis zwar eine abschreckende Wirkung, aber es fehlt an Durchhaltefähigkeit, attestiert der Experte. „Wir reden jetzt wieder von Territorialkriegen, Landesverteidigung, nicht von Missionen, wo man mal hingehen kann, ein Kontingent zusammenstellen kann und dann auch wieder raus. Die Heimat muss man verteidigen, oder sie ist verloren.“
Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es nun Wachstum. Sensburg dazu: „Die Armeen müssen größer werden. Und wir reden von einer neuen Kriegsführung“ mit Daten, Drohnen sowie Informationen. Mit dem nun geschaffenen Sondervermögen stehe Deutschland gut da, gibt Sensburg zu. „Aber das hilft alles nichts, wenn wir nicht die Soldatinnen und Soldaten haben, die die Fregatte steuern, die den Panzer fahren, die das Flugzeug fliegen, die die Drohnen bedienen und die auch als Infanterist eben dann die Landesverteidigung leisten.“
Patrick Sensburg im Gespräch mit NIUS-Politikchef Ralf Schuler
Dieses Problem betrachtet der 54-Jährige mit Sorge. Denn um den militärischen Kampf führen zu können, braucht „es natürlich ganz unterschiedliche Aufgaben. Es braucht nicht nur die Kampftruppen. Es braucht die Logistiker. Es braucht die Planer.“ 182.000 Soldaten stünden aktuell in der Reserve bereit. „Aber das sind eben relativ wenig. Das Ziel ist seit Jahren, auf 203.000 anzuwachsen. Es gelingt uns nicht. Wir bleiben fast statisch bei diesen 180.000.“
Bis 2021 saß Sensburg für den Hochsauerlandkreis im Deutschen Bundestag. Sein Mandat übernahm Friedrich Merz.
Dabei setzt die NATO an Deutschland wesentlich höhere Anforderungen. Diese liegen bei etwa 260.000, erwähnt der Experte. Doch selbst damit wäre laut Sensburg keine Durchhaltefähigkeit gewährleistet. „Wir rechnen mit 1000 gefallenen oder schwerverwundeten Soldatinnen und Soldaten pro Tag.“ Und damit erklärt Sensburg den traurigen, aber realistischen Part einer Kriegswirtschaft. „Da kann man ausrechnen, wie schnell man im Grunde den sogenannten ‚Feldersatz‘ braucht, also die Truppe erneuern muss, damit sie durchhaltefähig ist.“ Bei einem Krieg an der Ostflanke wäre da Europa unmittelbar betroffen und Shopping in Berlin, Paris oder London von heute auf Morgen nicht mehr denkbar.
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