NIUS vor Ort in Peru: Hier verfallen und zerbröseln die deutschen Steuergeld-Radwege

vor etwa 7 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Die Radwege von Peru – sie sind ein Symbol geworden für deutsches Steuergeld, das für Klimaschutz in der ganzen Welt investiert wird. NIUS ist dem Weg des Geldes gefolgt – von Deutschland nach Südamerika. Dort fließt das deutsche Steuergeld, ausgezahlt von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), in absurde Radweg-Projekte, die man mit eigenen Augen gesehen haben muss.

Mit 20 Millionen Euro subventioniert die Bundesregierung etwa die peruanische Hauptstadt Lima beim Bau von 114 Kilometern Radweg. Andere Städte des Landes wurden sogar mit 24 Millionen Euro Zuschuss bedacht. Hinzu kommen üppige Kredite, die bei Zahlungsausfall vom deutschen Steuerzahler abgesichert sind.

Hier können Sie das ganze NIUS Original anschauen:

NIUS recherchierte vor Ort, sprach mit Verantwortlichen, wollte auch von deutschen Ansprechpartnern vor Ort wissen: Ist deutsches Steuergeld 11.000 Kilometer entfernt gut investiert? Und was denken die Peruaner über den deutschen Radweg-Segen? In Lima mit seinen etwa 10,5 Millionen Einwohnern hat NIUS die Antworten gefunden. Und deutsch-kofinanzierte Radwege identifiziert, über die sich sogar schon die Peruaner lustig machen. So wurde etwa im südlichen Stadtviertel Villa El Salvador, wo viele Häuser illegal gebaut sind und keine Fenster haben, kräftig in den Ausbau von Radwegen investiert.

Mit einer Plakatkampagne macht sich sogar eine örtliche Versicherung über die Radwege lustig. Der Spruch: „Noch absurder als dieser Radweg ist, wenn man nicht versichert ist.“

Der Radweg vor Ort ist erst im Jahr 2024 feierlich eröffnet worden. Es wurde sogar extra Rasen gepflanzt. Es gab das volle Zeremoniell mit Enthüllung eines Gedenksteins, traditionellem Tanz sowie rotem Band. Vertreter der deutschen Botschaft sowie der KfW posierten für die Presse. Nach wenigen Monaten ist von den Feierlichkeiten keine Spur mehr. Und es fehlen grundlegende Dinge wie Asphalt auf den Randstreifen oder einfach nur jemand, der mal den Dreck von den nicht genutzten Fahrradwegen fegt.

Kaum zu glauben: Dieser Radweg wurde im vergangenen Jahr neu eröffnet

Im Großraum Lima leben etwa 10,5 Millionen Einwohner. Doch zumindest im Bezirk Villa El Salvador scheinen die von Deutschland finanzierten Radwege keinen Anklang zu finden. Nach drei Stunden zählte unser NIUS-Reporter lediglich vier Radfahrer, davon ein fahrender Marktstand sowie ein Radfahrer, der die viel befahrene Straße bevorzugte.

NIUS-Reporter Philippe Fischer war in Lima und besuchte Radwege, die nach einem Jahr bereits in katastrophalem Zustand waren.

An vielen deutsch-finanzierten Radwegen hat die Stadt Lima einen Gedenkstein gesetzt, natürlich auch mit dem Namen des Oberbürgermeisters, der im kommenden Jahr Präsident von Peru werden möchte. Doch: Die Instandhaltung der Wege und Denkmäler ist so schlecht, dass schon nach einem Jahr ein katastrophaler Eindruck entsteht.

Was sagen die verantwortlichen deutschen Institutionen zu den Zuständen? Im Voraus lehnte etwa die KfW alle Gesprächsversuche ab, auch vor Ort gab man uns keine Chance, über die Recherchen zu diskutieren. Man wollte alle Fragen nur schriftlich beantworten. Zu dem Radweg-Projekt heißt es:

„Deutschland fördert Radwege in Lima mit 20 Millionen Euro, die auch als Zubringer zur U-Bahn-Linie 2 dienen. Zusätzlich sagte Deutschland für 2022 weitere 24 Millionen Euro für den Ausbau von Radwegen in anderen Städten Perus zu, wo sie auch als Zubringer zu Schnellbusstationen im Rahmen eines integrierten Verkehrssystems dienen sollen.

Mit deutscher Unterstützung sollen in Lima 114 Kilometer Radwege entstehen. Nach der üblichen Planungsphase zu Projektbeginn sind die ersten rund 15 Kilometer fertiggestellt. Die Stadt Lima beteiligt sich mit 2,2 Millionen Euro. Die Stadtverwaltung erhält die Mittel von der KfW in Tranchen, abhängig vom Baufortschritt.

Bisher wurden die ersten beiden Tranchen in Höhe von insgesamt 11,2 Millionen Euro ausgezahlt. Damit wird der Bau von weiteren rund 49 Kilometern Radwegen zusätzlich zu den bereits fertiggestellten unterstützt. Der Planungs- und Bauprozess wird von deutscher Seite eng begleitet, um einen effektiven und zielgerichteten Mitteleinsatz zu gewährleisten.“

Elvira Moscoso ist Stadtbaurätin und zuständig für den Ausbau der Radwege

Die örtlichen Behörden berichten hingegen stolz und gerne von der Zusammenarbeit. Elvira Moscoso sagt gegenüber NIUS:

„Wir arbeiten mit der KfW als Partner zusammen, aber auch mit der GIZ. Mit der GIZ haben wir ein Radweghandbuch erstellt, das bereits in einer städtischen Verordnung veröffentlicht wurde. Im Juli 2025 werden wir zusammen mit der KfW weitere Radwege einrichten, und zwar Radwege mit Durchgängigkeit und entsprechenden Sicherheitskriterien.“

Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), der Chef der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), zeigt sich hingegen wenig begeistert. Bei dem Reiz-Thema „Radwege in Peru“ will er mit seiner Behörde nicht involviert sein. In einem Interview mit dem Tagesspiegel stritt er eine Beteiligung prompt ab.

Erst vor wenigen Wochen eingeweiht: Die „Brücke des Friedens“ mit exklusiver Rutschgefahr für Fußgänger und Radfahrer.

Die „Puente de la Paz“ (Brücke des Friedens) im reichen Touristenviertel Miraflores ist ein weiteres Beispiel für die absurde Fahrradpolitik Perus. Sie ist erst im August eröffnet worden. Doch der Belag der Brücke ist so glatt, dass Radfahrer mit jedem Bremsmanöver einen Sturz riskieren. Im Gespräch verspricht der Ortsbürgermeister des Bezirks, Carlos Canales, schnelle Lösungen. Bereits in wenigen Tagen solle neuer Belag installiert werden. Erst spricht er von einer Lösung in einer guten Woche. Am Ende des Gesprächs ist dann von 30 Tagen bis zur Lösung des Problems die Rede. Nicht besonders vertrauenswürdig!

Die schnelle Lösung: Ein Mitarbeiter der Kommune wischt die von der Meeresluft ständig feuchte Brücke regelmäßig trocken.

Keine Radfahrer in Sicht: NIUS wartete vor Ort drei Stunden und konnte nur vier Radfahrer zählen. Dafür nahmen zahlreiche Rollerfahrer und Fußgänger den Radweg in Anspruch.

Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Lokalregierung einfach krampfhaft die Radwege durch die Stadt zimmert. Frei nach dem Prinzip: Nach uns die Sintflut. „Nachhaltig“ – wie die deutsche Regierung es doch predigt und eigentlich erreichen will, wirkt deutsches Steuergeld in Südamerika nicht.

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