Literatur-Nobelpreisträger Peter Handke (82): „Das Sterben ist eine Prüfung. Ich weiß nicht, ob ich sie bestehen werde“

vor 20 Tagen

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Er ist umstritten und hochgelobt: Peter Handke, österreichischer Dichter und Literatur-Nobelpreisträger von 2019, gibt selten Interviews. Für die Neue Zürcher Zeitung machte er eine Ausnahme. Der Autor von „Die Angst des Torwarts vor dem Elfmeter“ und „Der lange Brief zum kurzen Abschied“ machte Schlagzeilen, als er 1996 den serbischen Machthaber Milošević politisch unterstützte, der in Srebrenica tausende Bosnier töten ließ. Seine Lyrik machte Handke weltweit berühmt.

Im Dezember 2019 empfing der weltbekannte Schriftsteller Peter Handke (links) den Nobelpreis von König Carl Gustav in Stockholm.

Lesen Sie hier, was Handke zum Alter und zum Tod sagt:

„Ich werde tatsächlich glücklicher mit fortschreitendem Alter, aber ich fürchte mich vor dem Zeitpunkt, wenn es wieder kippt. Es droht viel Ungemach.

Altersgelassenheit – es gibt Momente, da bin ich leutselig. Gibt’s das Wort noch? In der Kneipe beim Bahnhof in Chaville (Handke lebt in Frankreich, Anm. d. Red.) bin ich längst der Älteste. Manchmal kommt einer plötzlich nicht mehr, das ist für mich noch viel geheimnisvoller als das Ende, da denkt man, der ist schon irgendwo im Hades, wie in der Odyssee die Nacht, die einen umhüllt. Und plötzlich sind sie wieder da, mit einer jungen Freundin am Arm.“

Peter Handke in seinem Domizil in Chaville.

„Das ist eine Prüfung. Ob ich die bestehen kann? Ich frage mich, ende ich wie Hugo Hofmannsthals Jedermann, der sich vom Tod einen Tag erbettelt oder doch wenigstens eine Nacht, schließlich und doch vergeblich ein letztes Stündlein? Wird man so? Wird das wirklich so? Es gibt ein wirklich schönes Wort: das Zeitliche segnen. Wer das kann! Ein sehr rätselhaftes Wort. Es ist wie eine Erwartung. Ein Ideal gibt es ja nicht mehr im Sterben. Es kommt mir wie eine Herausforderung vor. Nur Politiker denken nicht an ihren Tod – was ist schon der Tod! Es war nicht immer so. Die Berichte über den Krieg erinnern mich unentwegt an Karl Kraus ‚Die letzten Tage der Menschheit‘. Man könnte jetzt sagen, es stünden die allerletzten Tage der Menschheit bevor. Alle fünfzig Jahre kommen die noch allerletzten Tage der Menschheit. Irgendjemand wird weiter Zeitungen drucken.

Der Zustand der Welt – eine Art Verzweiflung. Es kommt mir vor, als hätten wir gerade noch zehn Prozent Akkuladung. So weit sind wir mit der Welt. Das betrifft mich im Grunde genommen nicht mehr, nicht für das, was ich vielleicht vorhabe oder nicht vorhabe oder was das Leben mit mir noch vorhat. Und trotzdem kann ich nicht wegschauen.“

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