
Am Mittwoch entscheidet der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Veröffentlichung des SMS-Nachrichtenverlaufs von Ursula von der Leyen mit dem Pfizer-Chef Albert Bourla aus dem Jahr 2021. Darauf hatte die amerikanische New York Times geklagt. Die Zeitung vermutet in den gesendeten Textnachrichten relevante Vertragsinhalte zum Milliardendeal für Coronaimpfungen zwischen dem US-Pharmakonzern und der EU und verlangt von der Kommissionspräsidentin die Herausgabe des Nachrichtenverlaufs.
Die EU-Kommissionspräsidentin wehrt sich gegen die Herausgabeaufforderung, ein öffentliches Interesse an der Kommunikation sei nicht vorhanden, da die Kurznachrichten keine offiziellen Dokumente seien und deshalb nicht unter die Transparenzrichtlinien der EU fallen würden. Lange Zeit wurde die Existenz der Nachrichten sogar geleugnet.
Die EU hatte im Frühjahr 2021 einen Deal über 1,8 Milliarden Dosen des mRNA-Impfstoffs Biontech/Pfizer abgeschlossen, der größte Auftrag, den die EU-Kommission jemals erteilt hat. Die Impfdosen sollten ausreichen, um jeden EU-Bürger dreimal zu impfen. Letztlich wurde nur ein Bruchteil davon verimpft, mehrere hundert Millionen übrig gebliebene Impfdosen mussten beseitigt werden. Der Umfang des Deals wird auf etwa 35 Milliarden Euro geschätzt.
Da die persönliche Kommunikation mit dem Pfizer-CEO entscheidend für den Vertragsabschluss gewesen sein soll, klagte die New York Times auf Veröffentlichung der Inhalte nach dem Transparenzprinzip der EU. Zuerst dementierte die EU-Kommission gar die Existenz der Textnachrichten, räumte schließlich im November letzten Jahres jedoch das Gegenteil ein.
Die ehemalige Bürgerbeauftragte der EU, Emily O’Reilly, warf von der Leyen daraufhin eine „Kultur der Zurückhaltung“ vor, die EU-Kommission sei nicht an einer internen Aufarbeitung des Falles interessiert. Das erwartete Urteil des EuGH wird nicht nur über das persönliche Fehlverhalten von der Leyens entscheiden. Sollten Textnachrichten auch unter die Transparenzrichtlinien der EU fallen, wäre das ein Präzedenzfall für zukünftige Verfahren. Nach bisherigem Rechtsverständnis fallen die nämlich nicht darunter.
Vor dem EuGH hatte die EU-Kommission im Juli letzten Jahres bereits verloren, die Geheimhaltung vieler Vertragsinhalte mit den Impfstoffherstellern habe gegen EU-Recht verstoßen. Einen Tag nach der Verkündung des Urteils wurde von der Leyen trotzdem in eine weitere Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin gewählt.