Bekannter Plagiatsjäger legt sich mit dem Kanzler an: Hat Merz als Autor geschummelt?

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Die Tatverdächtigen im Visier des bekannten Salzburger Plagiatsjägers Stefan Weber werden immer prominenter – die aktuellen Vorwürfe gegen Friedrich Merz wiegen schwer und eine Glaubwürdigkeitsdebatte wird nicht zu verhindern sein: Merz soll sich laut Weber unter anderem bei Friedrich von Heusinger (Leiter des CDU-Wirtschaftsrats in Brüssel), dem verstorbenen CDU-Bildungspolitiker Hans Joachim Meyer, dem Zeit-Journalisten Martin Spiewak, dem Ökonomen Burkhard Wehner sowie beim früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) bedient haben. Besonders brisant: In mehreren Fällen unterscheiden sich die übernommenen Passagen vom mutmaßlichen Original nur durch geringfügige Anpassungen, wie etwa durch den Einschub „nach Auffassung der meisten Fachleute“.

Einer der auffälligsten Fälle betrifft laut Weber eine Aussage Stoibers zum europäischen Finanzausgleich, berichtete vorab die Berliner Zeitung: Während Stoiber von einem „zu ineffizienten, zu teuren, zu zentralistischen und überaus betrugsanfälligen System“ spricht, wiederholt Merz dies nahezu wortgleich – lediglich sprachlich leicht modifiziert.

Nicht alle Fachleute teilen Webers Bewertung. Der Plagiatsforscher Jochen Zenthöfer aus Luxemburg hat das Gutachten eingehend geprüft und warnt vor voreiligen Schlüssen. Laut seiner Analyse betreffen die beanstandeten Stellen nur 5,7 Prozent der Buchseiten, oftmals handle es sich dabei um Faktendarstellungen, etwa zur Pisa-Studie. In einem Fall werfe Weber Merz sogar fälschlich vor, eine Bewertung übernommen zu haben, die nachweislich von Merz selbst stamme.

Zenthöfer weist zudem darauf hin, dass einige Texte, auf die sich Weber bezieht – wie eine Rede von Johann Böhm vom Juni 2002 – zeitlich kaum als Vorlage gedient haben könnten, da Verlagsmanuskripte in der Regel Monate vor Veröffentlichung eingereicht werden. Auch sei unklar, ob manche Aussagen nicht auf parteiinterne Sprachregelungen zurückgehen, was eine andere Bewertung rechtfertigen könnte.

„Die Übernahmen prägen das Buch weder qualitativ noch quantitativ“, so Zenthöfer gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Vorwürfe seien daher nicht vergleichbar mit prominenteren Fällen wie jenen von Annalena Baerbock oder Alice Weidel, die beide bereits wegen gravierender Plagiatsfälle in der Kritik standen.

Bundeskanzler Merz selbst schweigt zu den Vorwürfen. Regierungssprecher Stefan Kornelius erklärte gegenüber der FAZ, dass „keine Stellungnahme“ geplant sei.

Stefan Weber hat sich über die Jahre einen Namen gemacht – nicht immer unumstritten. Er war unter anderem maßgeblich an der Plagiatsdebatte um Annalena Baerbocks Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ beteiligt und erhob ebenfalls Vorwürfe gegen AfD-Politikerin Alice Weidel. Auch Österreichs Ex-Justizministerin Alma Zadic hatte wochenlang damit zu tun, die vielen konkreten Vorwürfe gegen sie abzuwettern.

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