Platzecks brisante Moskau-Reisen gehen weiter

vor etwa 6 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Der Fall Frauke Brosius-Gersdorf ist nur das jüngste Beispiel: Passt Linken, Grünen und anderen ‚Hütern‘ des Diskurses eine Entscheidung, vielleicht eine ganze politische Richtung nicht, dann fahren sie auf, was eben nur geht. Sie diffamieren den politischen Gegner und spinnen Verschwörungserzählungen. So tat es nun auch der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz, auch Mitglied im parlamentarischen Kontrollgremium aus Anlass der Causa Brosius-Gersdorf. Zur vorerst gescheiterten Richterwahl im Bundestag meinte er auf X: „Es lohnt sich, genau zu recherchieren, wer Treiber dieser Kampagne war. Oft gibt es bei solchen Vorgängen durchaus Hinweise bezüglich der Finanzierung und Unterstützung … auch aus dem Ausland. Das muss auch hier untersucht werden.“

Untersucht werden soll es also. Dabei haben frühere Untersuchungen – in angeblich vergleichbaren Fällen – ergeben, dass die behauptete Einflussnahme aus dem Ausland nicht stattgefunden hatte. So war es bei „Russiagate“, dem Gerücht einer russischen Psyop (psychological operation) vor den US-Präsidentschaftswahlen des Jahres 2016. Ein neuer CIA-Bericht stellt klar, dass insbesondere die Einbeziehung des „Steele-Dossiers“ einen groben handwerklichen Fehler darstellte. Das Dossier war durch eine private Firma im Auftrag der Demokraten und von Hillary Clinton angefertigt worden, wie man seit langem weiß. Und schon 2016 warnte die FBI-Führung davor, das Konvolut zu verwenden. Man sieht: Die Psyop verlief im Grunde gerade andersherum. Die angebliche „Russian collusion“ war eine „Democrat collusion“ mit einem Teil der Geheimdienste und richtete sich gegen die Wahlaussichten von Donald Trump.

Heute lässt sich sagen, dass die erfundene „russische Einmischung“ in den amerikanischen Präsidentschaftskampf die USA wohl tiefer gespalten hat als vieles andere. Vielleicht hatte der Kollusions-Mythos sogar Auswirkungen auf Russland selbst. Vielleicht trug er dazu bei, die Kluft zwischen Russland und dem Westen zu vertiefen und Russland in die Arme der Angriffspolitik, andere sagen Chinas, zu treiben. Jedenfalls weg von einer möglichen Zusammenarbeit mit den Staaten des vielbeschworenen Westens.

In Deutschland erleben wir, wie fast immer, mit leichter Verspätung einen matten, faden Abglanz solcher aufgeheizten Diskussionen aus den USA. So wird immer wieder gerne behauptet, dass auch bestimmte deutsche Parteien Geld aus dem Ausland bekämen, und nur so erklärten sich quasi ihr Erfolg oder auch ihre Positionen. Die Unterstellung bewegte den AfD-Abgeordneten Stefan Keuter nun zu einer Nachfrage an die Bundesregierung. Die Antwort fällt aber – wie oft bei solchen Anfragen – eher unterwältigend aus.

„Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor.“ Das ist im Grunde schon die ganze Antwort auf die Frage von Stefan Keuter, der auch Obmann seiner Fraktion im Auswärtigen Ausschuss ist. Keuters genaue Frage war: „Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob politische Parteien in Deutschland durch ausländische Staaten finanziert werden oder wurden, und wenn ja, welche?“

Nein, lautet also die Antwort, sie hat keine Erkenntnisse, obwohl das Wörtchen „eigene“ natürlich den Nachsatz nahelegen soll: „bis auf das, was allgemein aus der Presse bekannt ist“. Aber nicht einmal dieser salvierende Nachsatz steht da, geschweige denn ein Verweis auf irgendwelche belastbaren Veröffentlichungen. Es scheint eigentlich nichts zu geben.

Dann wird noch darauf hingewiesen, dass die „Zuständigkeit für die Prüfung der Einhaltung der Vorschriften über die Parteienfinanzierung“ natürlich bei der jeweiligen Präsidentin des Deutschen Bundestages liegt. Meist ist das ja eine Frau, die sozusagen die Erziehungsaufsicht über die Abgeordneten innehat, auch was ordentliches Betragen angeht. Aber selbst von den Bundestagsvorsitzenden Bärbel Bas und nun Julia Klöckner hat man länger nichts mehr zum Thema der angeblichen Auslandsspenden an die AfD gehört.

Doch eines gibt es dann doch in der regierungsfreundlichen Presse: Unterstellungen ohne jede Grundlegung. So kommt in der FAZ ein Politikforscher mit der Aussage zu Wort, dass „angesichts der vermutlich großen Unterstützung, die die AfD aus dem nichtdemokratischen Ausland erhält“, ihr Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung „sogar die Chancengleichheit im Wahlkampf erhöhen“ könnte. Die Maßnahme wird gerade als Alternative zum Parteiverbot diskutiert. Es ist gut, dass der Politologe ein solch scharfes Schwert aufgrund einer „vermutlichen großen“ Unterstützung schwingen will.

Noch 2022 hatte Olaf Scholz behauptet, dass mit der AfD die „Partei Russlands“ im Bundestag sitze. Das geschah, weil Steffen Kotré den Sinn der Russland-Sanktionen bezweifelte und eine Wiederinbetriebnahme der Nord-Stream-Pipelines gefordert hatte. Es ging also um eine inhaltliche Einordnung des SPD-Kanzlers, aber es schwang doch auch mit, dass diese AfD das ja nicht rein uneigennützig tun könne. Und dabei war es zuerst die SPD von Gerhard Schröder bis Manuela Schwesig gewesen, die die Pipelines maßgeblich vorangetrieben hatte – Ausdruck einer strategischen Partnerschaft mit Russland.

Dann sollten vor einem Jahr Interviews, die Maximilian Krah oder auch Petr Bystron einem tschechischen Medium gegeben hatten, belegen, dass sie oder ihre Partei Geld von Russland genommen haben. Diese Geschichte ging allerdings so: Das Medium sei mit russischem Geld finanziert, und Krah und Bystron sollen Honorare für ihre Interviews erhalten haben. Das bestreiten aber beide. Auch die Ermittlungen haben bislang nichts anderes ergeben. Also vielleicht noch einmal derselbe nichtige Befund. Die jetzt gegebene Antwort der Bundesregierung scheint das zu belegen.

Stefan Keuter meint dazu: „Die AfD ist eine patriotische Partei und vertritt weder die Interessen Moskaus noch Washingtons oder Pekings. Wir stehen ein für deutsche Interessen – in der Außen- wie Innenpolitik. Wer noch immer wie der ehemalige Vizekanzler Habeck behauptet, die AfD werde aus dem Ausland finanziert, der lügt.“

Wer aber wirklich engste Kontakte nach Russland gepflegt hat, auch nach der Offensive gegen die Ukraine, das waren CDU und SPD, die sich durch ihre Altvorderen Matthias Platzeck und Ronald Pofalla in Moskau und der Gas-Metropole Baku vertreten ließen. Laut einer Recherche von FAS, Spiegel und dem russischen Medium The Insider war Platzeck – für kurze Zeit SPD-Chef und etwas länger Ministerpräsident in Brandenburg – seit 2022 mindestens neun Mal in Moskau. Zum letzten Mal im Mai 2025, wobei auch der SPD-Grummler Ralf Stegner und der ehemalige nordrhein-westfälische Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner zugegen gewesen seien.

Platzeck hatte Stegner irgendwann selbst gefragt, ob der mit will, und Stegner will den Flug dann aus eigener Tasche bezahlt haben. Aber Platzeck soll laut Stegner „federführend“ bei dem Unternehmen gewesen sein. Ganz neu sind diese Berichte nicht, aber offenbar reißen die Reisen auch in diesem Jahr nicht ab. Ist das schon Pendeldiplomatie oder doch nur ein Ritt auf der sprichwörtlichen, Münchhausen’schen Kanonenkugel wegen der edlen Energiesicherheit? Und wer kann ausschließen, dass in Baku neben Krimsekt nicht auch exklusiver Kaviar gereicht wurde?

Die Ausreden der im Wortsinne abgehalfterten Politikgäule sind alles andere als originell oder überzeugend: Die Reisen ebenso wie die Treffen mit echten, höchstrangigen Gazprom-Vertretern waren natürlich rein „privat“, ohne Auftrag von irgendeiner Bundesregierung. Da fallen Namen wie Viktor Subkow, Aufsichtsratschef von Gazprom, oder Sergej Kolin, noch ein hohes Tier in dem Firmenkonglomerat.

Platzeck und die anderen Reisenden „bestreiten“ laut FAS, in Russland über Nord Stream 2 gesprochen zu haben. Insbesondere Platzeck will „in den vergangenen Jahren mit niemandem zu den Themen Energie- bzw. Gaswirtschaft/Nordstream 2 Gespräche, Verhandlungen o.ä. geführt“ haben. Und natürlich ging es auch „zu keinem Zeitpunkt“ um Gas (so Stegner).

Man darf zum Schluss kommen: Verflossene CDU- und SPD-Granden dürfen jederzeit mit Moskau sprechen und sich nach Moskau oder Baku einladen lassen, wobei freilich offen bleibt, ob die Reisen auch vom Kreml in irgendeiner Weise (finanziell oder in Naturalien) unterstützt wurden. Wenn aber ein AfD-Abgeordneter mit einem Medium spricht, das nicht westlichen Investoren zuzuordnen ist, dann gilt er als vom Kreml finanziert. Auch wenn das gar nicht so ist.

Jedenfalls bleibt bei der Platzeck-Pofalla-Reise-Affäre hängen, dass es offenbar einflussreiche Kreise in Berlin gibt, die sich eine Wiedereröffnung von Nord Stream 1 oder 2 oder ein gleichwertiges Arrangement der deutschen Gas-Importe wünschen, was ja in bestimmter Hinsicht rational wäre. Nur eingestehen mag man es sich offenbar nicht. So dreht die Lüge von der russischen Beeinflussung weitere Runden, während die Berliner Koalition eigentlich schon wieder an besseren Beziehungen mit Moskau arbeitet. Es ist eine Zeit der merkwürdigen Gleichzeitigkeiten.

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel